Der verlorene Sohn - Der Fürst des Elends (Kriminalroman). Karl May

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Название Der verlorene Sohn - Der Fürst des Elends (Kriminalroman)
Автор произведения Karl May
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9788026866886



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Ihr allerdings zu üppiger Körper zeigte nicht das leiseste Fleckchen, er war glänzend wie Alabaster und von einer so glänzenden Weiße, als sei er aus demselben Marmor gemeißelt, wie die Wanne, in welcher sie sich befand.

      Und trotz dieses mehr als verführerischen Anblickes stand der Baron kalt und unbewegt vor ihr, als ob der Urstoff seines Körpers eben auch nichts anderes als Marmor sei.

      »Kommst Du aus Liebe oder aus – Geschäftsabsichten?« fragte ihn die Baronin.

      Er zuckte die Achsel, zog sein Cigarrenetui hervor, steckte sich, ohne Rücksicht darauf, daß er sich in einem Damenboudoir befand, eine Havannah an und antwortete leichthin:

      »Aus Liebe? Wie kommst Du mir heut vor?«

      Sie zog die Mundwinkel scheinbar schmollend empor und antwortete:

      »Ach ja! Die Zeiten der ersten Liebe sind längst vorüber!«

      »Der ersten? Mache keine Witze! Meine erste Liebe warst Du nie, das habe ich Dir tausendmal in aller Aufrichtigkeit gesagt. Und ich etwa die Deinige? Meinst Du, daß ich daran glaube?«

      »Nein, Du glaubst nicht daran. Auch habe ich Dir ja mit eben solcher Aufrichtigkeit gesagt, daß mein Herz früher bereits einmal engagirt gewesen war.«

      »Allerdings. Aber Denjenigen, der es engagirt hatte, den hast Du mir nicht genannt.«

      »Das würde zu nichts führen!«

      »Aber es wäre interessant. Du bist zur Courtisane geboren, schön, üppig und glühend, aber ebenso berechnend und habgierig. Du bist ja eigentlich auch Courtisane, seit wir uns gegenseitig die Erlaubniß gegeben haben, ungestört lieben und genießen zu können, wen wir wollen. Du hast Dich aus reiner Berechnung in den Besitz meiner Person gesetzt. Ich glaube, daß Du für einen Augenblick wünschen kannst, von Jemand umarmt zu werden, aber ein wirkliches Verliebtsein, eine tiefere Liebe traue ich Dir nicht zu. Daher möchte ich wissen, wer Derjenige ist, von dem Du sagen kannst, daß er Dein Herz ernstlich engagirt habe.«

      »Und das ist bloße Neu- oder sagen wir Wißbegierde?«

      »Weiter nichts!«

      »Keine Eifersucht?«

      Er hatte sich bequem auf einen Sessel niedergelassen. Jetzt lachte er, daß dieser Stuhl wackelte. Als er sich beruhigt hatte, antwortete er:

      »Ich eifersüchtig auf Dich? Welch ein Blödsinn! Ich sage Dir: Wäre ich jetzt hier eingetreten und hätte irgend einen Anbeter neben Dir im Bade gefunden, so würde ich ganz höflich um Entschuldigung gebeten haben.«

      »Du hättest wirklich weiter nichts gethan?«

      »O doch!«

      »Was?«

      »Ich wär schleunigst fortgegangen.«

      »Natürlich um Polizei oder einen Secundanten zu holen!«

      »Fällt mir gar nicht ein. Ich hätte mich ruhig in das Casino begeben, um eine Parthie Billard oder Tarock zu spielen.«

      Sie schien sich über diese Gleichgiltigkeit, an der sie im Grunde genommen gar nicht zweifelte, zu ärgern. Selbst wenn eine Frau ihren Mann nicht liebt, will sie doch von ihm beachtet sein. Sie sagte daher, ein wenig ärgerlich:

      »Ich darf also wirklich machen, was ich will?«

      »Gewiß! Ganz dasselbe fordere ich aber auch für mich. Nun kannst Du mir wohl sagen, wer damals Deine Liebe besaß?«

      »Du würdest Dich wundern!«

      »Schön! Desto besser! Ich wundere mich gern.«

      Sie blickte ihm fest in das Gesicht und sagte langsam und mit Nachdruck:

      »Nun gut! Gustav Brandt war es.«

      Er fuhr empor, als hätte ihn eine Natter gestochen.

      »Brandt?« rief er. »Bist Du von Sinnen!«

      »Ja, ich war damals kaum bei Sinnen, als ich bemerkte, daß er mich gar nicht beachtete, sondern diese Alma vorzog. Oder willst Du etwa sagen, daß er nicht liebenswerth, daß er kein schöner Mann gewesen sei?«

      »Mann? Ein Knabe war er!«

      »In meinen Augen nicht. Ich habe ihm zehn und hundert Male Gelegenheit gegeben, sich von mir verführen zu lassen; ich habe diese Gelegenheiten förmlich gewaltsam herbeigezogen – vergebens; er wich mir aus! Ahnte er meine Absicht? Ich kann es heute noch nicht sagen; aber ich schwur ihm dafür Rache. Wird ein Weib verschmäht, so ist ihr Grimm dann größer, gewaltiger und – gefährlicher als ihre Liebe.«

      »Ja, das glaube ich! Und gerächt hast Du Dich ja!«

      »Ich weiß wirklich nicht, ob ich Dir meine Verschwiegenheit angeboten hätte, wenn diese verschmähte Liebe nicht gewesen wäre. Wo mag er jetzt sein?«

      »Pah! Verschollen, verschwunden, verdorben!«

      »Meinst Du? Mir ist, als ob wir ihn noch immer zu fürchten hätten!«

      »Diesen Gedanken verlache ich geradezu. Es sind zwanzig Jahre vergangen; er ist als verurtheilter Mörder entflohen und darf niemals zurückkehren. Selbst wenn er zurückkehrte, welche Spur will er noch finden, was will er uns noch anhaben?«

      »Du magst recht haben. Brechen wir also ab! Ich bin heute zu Hellenbach's geladen. Gehst Du mit?«

      »Nein.«

      »Warum denn nun nicht?«

      »Ich habe keine Zeit; ich bin beschäftigt.«

      »Das mache mir nicht weiß! Du scheust Dich vor dem Obersten von Hellenbach, weil Du damals – wollte sagen, weil damals sein Bruder, der Hauptmann, in Helfenstein ermordet wurde!«

      »Auch hier bist Du auf der unrechten Fährte. Von einer Scheu ist keine Rede; aber alle diese Hellenbach's, der Vater, die Mutter, die Tochter, das musikalische Ding, sind mir unsympathisch.«

      »Und doch halten sie solche Freundschaft, weil der alte verstorbene Hellenbach so außerordentlich mit Deinem, leider von Gustav Brandt ermordeten Cousin sympathisirte.«

      »Mag sein. Ich ginge wohl öfters hin, aber diese – diese verdammte Cousine, diese Alma! Sie kommt auch zuweilen, und sie mag ich nun gar nicht sehen!«

      »Ich ebenso wenig! Sie sieht mich nicht; sie hört mich nicht. Und sind wir ja gezwungen, ein Wort zu wechseln, so thut sie das ganz in einer Weise, als ob ich noch immer ihre Zofe sei. Denke Dir! Kürzlich beim Regierungsrath erzähle ich etwas aus früherer Zeit. Die Affaire erschien einigen Damen unbegreiflich, und daher wendete ich mich an Alma.«

      »Baronesse,« sagte ich, »wollen Sie nicht die Güte haben, mir die Wahrheit meiner Worte zu bezeugen?«

      »Jawohl, sehr gern, Ella,« antwortete sie. »Ich war dabei, denn Du hattest grad kurz vorher meinen Befehl erhalten, mir meinen Fächer zu holen, den ich vergessen hatte.«

      »Denke Dir die Blamage, lieber Franz!«

      Die Augen des Barons glühten wild auf.

      »Das hat sie gethan? Wirklich gethan?« fragte er.

      »Ja, wirklich!«

      »Sie hat Dich Du genannt und von Deinem untergebenen Verhältnisse gesprochen?«

      »Ja, und mit welcher Frechheit!«

      »Bei Gott, das soll sie nicht wieder thun!«

      »Hm! Was kann man da machen!«

      »Viel, sehr viel kann man da machen! Du wirst es erfahren, und zwar morgen früh! Das ist eben das Geschäft, welches mich abhält, Dir heute Gesellschaft zu leisten.«

      »Ah, wieder ein geheimer Coup?«

      »Ja.«

      »In der Stadt?«

      »Natürlich! Im anderen Falle wäre ich ja heute vereist.«

      »Ein