Chefarzt Dr. Norden Paket 1 – Arztroman. Patricia Vandenberg

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Название Chefarzt Dr. Norden Paket 1 – Arztroman
Автор произведения Patricia Vandenberg
Жанр Языкознание
Серия Chefarzt Dr. Norden Paket
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783740975135



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sie ihre Strategie geändert und versuchte, jeder Konfrontation aus dem Weg zu gehen.

      Wie versprochen trat Elena hinaus in den Garten und gesellte sich zu der kleinen Romy, die tags zuvor in die Klinik gekommen war. Das Mädchen saß auf der Schaukel und schwang hin und her.

      »Schöner Pullover!« Sie betrachtete das aufgedruckte Einhorn auf rosafarbenem Untergrund. »Den gleichen hat mir meine Tochter geschenkt.« Vorsichtshalber verriet sie nicht, dass dieses Geschenk ein Scherz der halbwüchsigen Lara gewesen war.

      Romys Augen wurden kugelrund.

      »Echt?« Sie holte neuen Schwung und schaukelte weiter.

      »Ja, aber ich trage ihn nur zu Hause.« Sie fröstelte. »Es ist ein bisschen kalt. Wollen wir nicht reingehen?«

      »Im Bett ist es aber langweilig.« Unverdrossen schwang Romy weiter auf und ab.

      Elena dachte kurz nach.

      »Also gut. Wir spielen Fli-Fla-Flu. Wenn ich gewinne, gehen wir rein.«

      Tatsächlich sprang das Mädchen von der Schaukel. Vor Elena blieb sie stehen und ballte die Hand zur Faust.

      »Fli-Fla-Flu! Papier wickelt Stein ein. Eins zu null für mich«, triumphierte sie im nächsten Augenblick.

      »Na warte, den nächsten Punkt mache ich«, drohte Elena im Spaß. »Fli-Fla-Flu! Mist, Schere zerschneidet Papier.«

      »Zwei zu null für mich.« Romy kicherte. »Fli-Fla-Flu!«

      »Wenn Sie für’s Spielen bezahlt werden wollen, hätten Sie Kindergärtnerin werden sollen.« Volker Lammers Stimme dröhnte durch den Garten.

      Ein paar Vögel im Gebüsch flatterten erschrocken auf. Romy legte den Kopf schief und musterte den stellvertretenden Chef der Kinderabteilung, der an der Tür zum Garten stand. Als jüngstes von vier Geschwistern hatte sie gelernt, sich zu behaupten.

      »Das heißt Erzieherin und nicht Kindergärtnerin. Weißt du das nicht?«

      Elena gluckste leise. Lammers Kopf wurde dagegen so rot, als wollte er gleich platzen.

      »Unverschämtes Gör! Wenn du nicht sofort parierst, lege ich dich über’s Knie.«

      Romy stemmte die Hände in die Hüften und starrte ihn feindselig an.

      »Das darfst du nicht. Dann kommst du ins Gefängnis.«

      Schwester Elena sah dem Arzt an, dass Gefahr in Verzug war. Noch ein freches Wort von der Kleinen, und es würde eine Katastrophe geben.

      Sie beugte sich zu Romy hinunter.

      »Wir sollten jetzt wirklich lieber reingehen. Frau Dr. Norden kommt gleich zur Visite. Habe ich dir schon erzählt, dass sie immer eine Zauberkiste dabei hat, aus der sich jedes Kind ein Spielzeug aussuchen darf? Das würde ich mir an deiner Stelle nicht entgehen lassen«, raunte sie ihr so leise zu, dass Lammers nichts hören konnte.

      Romy überlegte einen Moment. Dann legte sie vertrauensvoll ihre Hand in die von Elena.

      »Aber der Hausmeister bekommt kein Spielzeug. Der ist böse«, sagte sie laut und deutlich, als sie an Volker Lammers vorbei durch die Tür ging.

      »Ich bin kein Hausmeister, sondern der Stellvertreter hier!«, stellte er wütend klar.

      Schnell zog Elena das Mädchen mit sich.

      »Warum hat er dann einen blauen Kittel an wie der Hausmeister in unserem Kindergarten?«, fragte Romy, als Elena sie in ihr Zimmer schob und ins Bett verfrachtete.

      »Weil er gerade aus dem Operationssaal kommt.« Sie zog die Decke glatt und zwinkerte Romy zu. »Und jetzt bleibst du schön brav hier, bis Frau Dr. Norden zur Visite kommt.« Sie hielt den ausgestreckten Zeigefinger ans Ohr. »Lange kann es nicht mehr dauern. Ich höre sie schon.«

      Tatsächlich waren die Schritte vieler Füße und Stimmen zu hören, die rasch näher kamen.

      Doch Romys Gedanken weilten noch bei dem unfreundlichen Arzt.

      »Wenn mich der Hausmeister operieren will, gehe ich nach Hause«, erklärte sie mit dem ganzen Ernst ihrer fünf Jahre und verschränkte so demonstrativ die Arme vor der Brust, dass Elena wusste: In diesem Fall war jede weitere Diskussion zwecklos.

      *

      Die Chefsekretärin Andrea Sander hielt den Telefonhörer noch in der Hand, als Daniel Norden zur Tür hereinkam. Nach dem Treffen mit seiner Frau war er blendender Laune und bereit für die neuen Herausforderungen des Tages.

      »Ach, Chef, gut, dass Sie kommen.« Gedankenverloren reichte Andrea ihm eine Mappe mit Unterlagen der Stationspatienten, die er am Morgen verlangt hatte. »Es gab einen Brand in einem Hochhaus mit mehreren Schwerverletzten. Fünf von ihnen wurden gerade in die Klinik eingeliefert. Sie werden dringend in der Notaufnahme gebraucht.«

      Daniel hielt kurz inne und dachte nach.

      »In Ordnung. Bitte sagen Sie den Termin mit der Stadtverwaltung ab. Außerdem wollte der Kollege Prehm vorbeikommen, um die Kooperation mit seiner Klinik zu besprechen …«

      Andrea Sander lächelte engelsgleich.

      »Ich habe bereits sämtliche Vormittagstermine storniert.«

      »Und am Nachmittag?«

      »Steht ohnehin nur der Verwaltungsdirektor auf dem Programm.«

      »Sie sind ein Schatz.« Daniel lächelte seiner Assistentin zu und verließ das Vorzimmer mit wehendem Kittel.

      Auf dem Weg in die Notaufnahme kam er im Aufenthaltsraum der Ärzte vorbei, wo Sophie Petzold mit der Kollegin Christine Lekutat zusammenstand.

      »Wir haben einen Brand mit fünf Schwerverletzten«, teilte er der Kollegin Lekutat mit. »Ich werde in den nächsten Stunden im OP sein.«

      »Brauchen Sie mich?«, bot die junge Assistenzärztin sofort an.

      »Nein, danke. Aber die Station ist unterbesetzt. Wenn Sie sich gemeinsam mit der Pflegedienstleitung darum kümmern könnten.« Er erinnerte sich an die Mappe und blätterte durch die Papiere. »Nichts Anspruchsvolles. Ein paar Verbände müssen gewechselt und die Wundheilung kontrolliert werden, Medikamenteneinstellungen, Untersuchungen, solche Dinge«, zählte er auf.

      Sophies Blick flog hinüber zur Kollegin Lekutat.

      »Es tut mir leid, Herr Dr. Norden. Aber ich habe keine Zeit«, erklärte sie dann mit der ganzen Gewichtigkeit ihrer noch jungen Jahre.

      Die Deckel der Mappe klatschten aneinander, als Daniel sie abrupt zuklappte.

      »Was soll das heißen?«, fragte er streng.

      »Die Kollegin Lekutat hat einen TIA-Apoplex, den sie mir gerade vorstellen wollte.«

      Dr. Norden zog eine Augenbraue hoch. Mehr war nicht von seiner inneren Erregung zu sehen.

      »Der wird ihnen nicht so schnell davonlaufen.« Es kostete ihn alle Mühe, nicht laut zu werden. »Wir haben hier Patienten, die dringend versorgt werden müssen«, wiederholte er seinen Auftrag.

      Sophie Petzold warf den Kopf in den Nacken und funkelte ihn kämpferisch an.

      »Das mag schon sein. Aber wenn ich mich recht erinnere, stand in meiner Stellenbeschreibung nichts von ›Mädchen für alles‹.«

      Daniel war kurz davor, die Beherrschung zu verlieren.

      »Wenn Sie nicht morgen Verbände wechseln und Essen austeilen wollen, begeben Sie sich jetzt auf direktem Weg auf Station.« Seine Stimme war leise, aber nicht minder drohend.

      Sophie suchte noch nach einer Antwort, als eine Schwester hereinkam. Keuchend rang sie nach Atem.

      »Hier stecken Sie!«, rief sie bei Daniels Anblick erleichtert. »Das Operationsteam ist bereit. Alle warten nur auf Sie.«

      Daniel schoss einen letzten, warnenden Blick auf die Assistenzärztin, ehe er sich Schwester Nina