Название | Chefarzt Dr. Norden Paket 1 – Arztroman |
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Автор произведения | Patricia Vandenberg |
Жанр | Языкознание |
Серия | Chefarzt Dr. Norden Paket |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783740975135 |
*
»Ich habe davon in der Zeitung gelesen, wie Sie die Brauerei Ihres Mannes übernommen haben.« Der Pfleger Jakob stand an Alexandra Endress’ Bett und rief sich die Berichte ins Gedächtnis, die er immer wieder über die unerschrockene Unternehmerin gelesen hatte.
Alexandra saß aufrecht im Bett, eine Tasse Tee in der Hand. Sie lächelte geschmeichelt.
»Dabei war das alles andere als selbstverständlich«, erwiderte sie versonnen. »Bevor der Unfall mir den Mann wegnahm, habe ich die Brauerei so gut wie nie betreten.«
»Nichts für ungut. Aber Sie sehen auch nicht so kernig aus, wie man sich eine … wie ist die weibliche Bezeichnung für Brauer?«
»Bräuin.«
»Danke.« Jakob nickte lächelnd. »Wie man sich eine Bräuin vorstellt.« Er bat sie, sich kurz aufzusetzen, damit er ihr Kissen aufschütteln konnte.
»Ich nehme das jetzt mal als Kompliment.« Alexandra lachte. »Aber Sie haben recht. Ursprünglich habe ich einen Doktortitel in Agrarwissenschaften erworben und eine eigene Firma gegründet, die sich mit Umweltschutz befasst. Als mein Mann starb, kannte ich noch nicht einmal die Namen der meisten Brauerei-Mitarbeiter.« Ihr Lächeln verlor sein Strahlen, und sie senkte den Blick. »Aber dem Schicksal war das egal.«
»Bestimmt haben Ihre Kinder Sie unterstützt«, bemerkte Jakob unbedarft, während er ihre Bettdecke glatt strich.
Schlagartig verschloss sich Alexandras Gesicht. »Ich habe keine Kinder.« Ihre Antwort fiel schroffer aus als beabsichtigt.
Jakob erschrak. Er verließ kurz das Zimmer, um neue Wasserflaschen und Tee zu holen.
»Verzeihung, ich wollte Ihnen nicht zu nahe treten«, entschuldigte er sich, als er zurückkam.
»Schon gut. Das konnte Sie ja nicht wissen«, erwiderte Alexandra. Sie sah ihm dabei zu, wie er die Thermoskanne auf den Nachttisch stellte. »Ehrlich gesagt war es die Arbeit, die mir über den größten Schmerz hinweggeholfen hat. Ich saß sogar nachts im Büro, am schweren Holzschreibtisch meines Mannes, und verschaffte mir einen Überblick.«
»Das stelle ich mir wahnsinnig schwer vor.«
»Das war es auch.« Diese Antwort kam aus tiefstem Herzen. »Am Anfang gingen Gerüchte in der Stadt um. Von Schließung war die Rede. Doch ich habe mich durchgesetzt. Ich holte einen Unternehmensberater ins Haus und habe zunächst einmal umstrukturiert.«
»Damit haben Sie sich sicher nicht nur Freunde gemacht«, mutmaßte Jakob. Er hatte seine Arbeit im Zimmer beendet. Im Augenblick gab es hier nichts mehr für ihn zu tun. Trotzdem konnte er sich noch nicht losreißen. Alexandra Endress war eine gute Erzählerin, die ihre Zuhörer zu fesseln vermochte.
»Schon gar nicht als Frau in einer Männerdomäne«, fuhr sie fort. »Aber ich habe es geschafft und die Brauerei zu neuer Blüte geführt.«
»Dieses Gefühl ist bestimmt großartig.« Jakobs Worte kamen von Herzen. Sophie Petzolds Stimme hallte ihm noch in den Ohren, als sie sich lautstark über die überhebliche, anspruchsvolle Patientin beschwert hatte. Diesen Eindruck konnte er ganz und gar nicht bestätigen. Ganz im Gegenteil war ihm Alexandra Endress ausgesprochen sympathisch. Seiner Meinung nach konnte sie wirklich stolz sein auf ihre Leistung. »Sie sind eine beeindruckende Persönlichkeit, und am liebsten würde ich den Rest des Tages mit Ihnen plaudern. Leider ruft mich die Arbeit.«
Alexandra war ehrlich erschrocken. »Oh, habe ich Sie aufgehalten? Das tut mir leid.«
»Mir nicht.« Jakob zwinkerte ihr zu, ehe er das Zimmer verließ.
Nachdenklich und in sich gekehrt blieb Alexandra Endress zurück. Unwissentlich hatte Jakob mit einer seiner Frage an eine schwelende Wunde gerührt. Sie griff nach ihrer Handtasche und entnahm ihr ein in Leder gebundenes kleines Fotoalbum. Alexa schlug es auf und betrachtete die Bilder eines jungen Mannes. Eine Weile blätterte sie hin und her, bis sie das Album mit einer entschiedenen Bewegung zuklappte und an seinem Platz verstaute.
*
Während seine Eltern aufgeregt vor dem OP-Breich auf und ab gingen, lag der kleine Severin auf dem Bauch auf dem OP-Tisch. Er schlief tief und fest.
»Ich präpariere jetzt den Zugang zum Wirbelkörper«, teilte Volker Lammers seinen Kollegen mit. Sein konzentrierter Blick ruhte auf dem Monitor oberhalb des Operationstisches. »Du bereitest den Bildwandler vor.«
»Durchleuchtung ist bereit«, bestätigte die Kinderärztin Carola May. »Bleiben wir bei einem Zugang?«
»Ja, eine Kanüle reicht.« Lammers griff nach der Sonde, die ihm eine Operationsschwester reichte.
Die Geräte zur Überwachung der Vitalfunktionen piepten regelmäßig. Der Anästhesist war zufrieden.
»Blutdruck 90 zu 60. Herzfrequenz 100.«
»Gut.« Dr. Lammers blinzelte. Mit dem Ärmel fuhr er sich über die Augen.
»Alles in Ordnung?«, erkundigte sich Carola besorgt.
Lammers’ strafender Blick traf sie.
»Dein Anblick treibt mir Tränen in die Augen.«
Die Kollegen glucksten vor unterdrücktem Lachen. Carola dagegen ballte die Fäuste und nahm sich vor, sich nie wieder mit Lammers zu einer Operation einteilen zu lassen. Doch in diesem Augenblick nützte es nichts.
»Ich führe jetzt die Kanüle in den Wirbelkörper ein«, erklärte Lammers. Er blinzelte, als er seine Ankündigung in die Tat umsetzte.
Die konzentrierten Blicke der Kollegen ruhten auf dem Bildschirm. Carola erschrak.
»Aber was machst du denn, Volker?«, rief sie.
Wie aus einer Trance erwacht, zuckte er zusammen. Schnell zog er die Kanüle zurück.
»Was denn? Worüber regst du dich auf? Ich habe selbst gesehen, dass sie nicht richtig sitzt.«
»Nicht richtig ist gut«, wagte Carola eine berechtigte Kritik. »Einen Millimeter weiter und du hättest das Rückenmark irreversibel geschädigt.«
Mitten in der Arbeit hielt Volker Lammers inne. Blanker Hass lag in seinem Blick.
»Wenn du alles besser weißt, kannst du das hier ja übernehmen.« Er drückte ihr die Kanüle in die Hand, wandte sich ab und verließ den Operationssaal. Auf dem Weg nach draußen riss er sich die Maske vom Gesicht.
Ungläubig starrte Carola ihm nach.
»Das kann doch nicht sein Ernst sein«, stammelte sie.
»Ist es aber«, erklärte Dr. Klaiber nüchtern. »Wir müssen weitermachen, bevor mir der Kleine instabil wird.«
Dr. May nickte und schluckte. Sie beugte sich über das Operationsfeld und machte sich an die Arbeit.
*
Schwester Elena, frisch gekürte neue Pflegedienstleitung, saß im Schwesternzimmer über den Dienstplänen. Ihre Kollegin Iris stand auf einem Stuhl und verstaute neues Verbandmaterial, das Jakob ihr hinauf reichte, in den oberen Etagen. Sie unterhielten sich über den neuesten Klinikklatsch, als Oskar Roeckl, bewaffnet mit einem großen Blumenstrauß, hereinkam.
»Einen wunderschönen guten Tag, die Damen, der Herr«, grüßte er charmant wie immer.
»Herr Roeckl! Wie schön, Sie zu sehen.« Elena lehnte sich zurück und lächelte ihn an. »Die sind sicher nicht für mich, oder?«, scherzte sie gut gelaunt.
»Das nächste Mal bekommen Sie welche«, versprach er. »Diese hier sind für Frau Endress. Darf ich sie bei Ihnen abgeben? Frau Endress schläft, und ich will sie nicht stören.«
»Noch mehr Blumen!« Schwester Iris hatte ihre Arbeit in luftiger Höhe beendet. Sie stieg vom Stuhl und machte sich gleich auf die Suche nach einer Vase.
»Allmählich