Lieben, leiten, leben. Daniel Zindel

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Название Lieben, leiten, leben
Автор произведения Daniel Zindel
Жанр Сделай Сам
Серия
Издательство Сделай Сам
Год выпуска 0
isbn 9783862567157



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der Bibel kommen die menschliche und die göttliche Beziehungsdimension zusammen.

       Dreierbeziehung

      Diese Tatsache hat große Bedeutung für die Ehe. Wir sind der Überzeugung, dass unsere Ehebeziehung in unserer Spiritualität aufgehoben sein muss. Es muss in unserem Leben etwas Höheres und Heiligeres geben als unseren Partner. Die Quelle, aus der alle Qualität, Liebe und tiefe Freude fließt, entdecke ich nicht in meinem Partner. Wir erleben das als sehr entlastend und ermutigend. Die Beziehung zu Gott, der Quelle des Lebens, hat für uns beide erste Priorität. Ob wir miteinander alt werden, wissen wir nicht. Aber dass der ewig junge, lebendige Gott uns treu zur Seite stehen wird, davon sind wir überzeugt.

      Was gewinnen wir als Paar durch diesen Ansatz für unser Amt in der Verantwortung? In der Ehe können wir lernen, uns aus Verstrickung oder gar unguter Verschmelzung mit dem Partner zu lösen und in die Freiheit vor Gott hineinzuwachsen. Wir entdeckten dabei immer mehr, dass wir dem anderen Zuwendung schenken können, ohne etwas zu erwarten. Unabhängigkeit ist für Leitende unerlässlich. Wer an Menschen gebunden ist, weil er sie zufrieden stellen möchte, gar ihre Anerkennung braucht oder sogar Angst vor ihnen hat, kann nicht wirklich führen. Die Abhängigkeit von Gott und damit die Freiheit von Menschen verleihen uns den unbestechlichen Blick für unsere Verantwortung, ein klares, sachbezogenes Urteil und freie Handlungsfähigkeit.

      3Manfred Engeli, a. a. O., 14. Dieses Beziehungsdreieck entfaltet er in seinem Buch: Makarios – Der Weg, ein glücklicher Mensch zu werden, Neufeld, Schwarzenfeld 32014.

       Beten

      Eine Beziehung lebt vom gegenseitigen Austausch. Sie ist Nehmen und Geben, Empfangen und Schenken, Geliebt werden und Lieben. Gebet ist Gesprächsaustausch mit Gott. Beten ist Beziehung, keine religiöse Pflichtübung. Beten ist das Empfangen göttlicher Liebe und meine Antwort auf seine Liebe. Beten ist Ausdruck davon, dass der christliche Glaube keine Buchreligion, sondern ein Beziehungsglaube ist. Wir haben hier nicht den Raum, das Geheimnis, den Reichtum und die facettenreiche Fülle des Gebetes zu entfalten. Doch möchten wir einige Punkte herausgreifen.

       Beten stärkt die Selbstwahrnehmung

      Ein Ehepartner, der im Zwiegespräch mit Gott lebt, bekommt neben der Möglichkeit zum ehelichen Beziehungsaustausch die Beziehungsmöglichkeit mit Gott. Zu den menschlichen Ressourcen, die uns als Paar gegeben sind, treten die göttlichen Möglichkeiten und Lösungen hinzu. Wer sich im Gebet Gott zuwendet und sich von ihm lieben lässt, lernt sich mit seinen Stärken und Schwächen besser kennen. Das Gebet stärkt unsere Selbstwahrnehmung. Wer betet, ist besser in sich zu Hause, wird wacher und liebender. Warum? Weil er die göttliche Quelle kennt und lernt, sich daraus stillen zu lassen. Er wird damit weniger anspruchsvoll, weniger fordernder. Wie das konkret aussieht?

       Beten ist Psychohygiene

      Manchmal lasse ich (Daniel) mich, wenn es mir nicht so gut geht, auf unserem Sofa fallen, bitte Gott um Ermutigung oder Vertrauen. Ich gebe ihm meine Ängste ab, etwa die, dass ich oder ein Angehöriger an Krebs erkranke. Oder ich lasse meinen Frust darüber abfließen, dass meine Frau eine Abmachung nicht eingehalten hat. Möglicherweise bekenne ich ihm eine Schuld, die mir bewusst geworden ist. (Es war nicht in Ordnung, den Termin für den Einkauf eines Snowboards, den ich mit meinem Sohn vereinbart hatte, zum zweiten Mal wegen eines Geschäftstermins zu verschieben.) »Schüttet euer Herz vor ihm aus. Gott ist unsere Zuflucht« (Psalm 62,9). Alle seelischen Inhalte können wir vor Gott ausbreiten. Gott ärgert sich nicht grün und blau. Er wird auch nie rot vor Scham. Nie wird er gelb vor Neid, weil er nur das Beste für mich will. Er ist ja verstehende und schenkende Liebe. Er ist ja Wahrhaftigkeit, die uns in die guten Ordnungen zurückführen will.

      Manchmal erzähle ich (Käthi) meinem Mann etwas aus der Tiefe meines Herzens. Doch was mich so berührt hat, nimmt er vielleicht gar nicht auf. Er geht einfach darüber hinweg. Dann fühle ich mich unverstanden. Es schmerzt mich, dass wir das nicht teilen können. Doch ich habe gelernt, diesen Schmerz im Gebet Gott zu bringen und dabei zu erfahren, dass er mich in der Tiefe versteht. Das erfüllt mich mit Frieden und der Gewissheit, dass ich nicht zu kurz komme. Das ist für mich und für uns beide effizienter, als wenn ich aus meiner Verletzung heraus Streit beginne.

       Göttliche Supervision und Stillung im Gebet

       Negative Gefühle abfließen lassen

      Betende Ehepaare lernen, negative Gefühle und Gedanken bei Gott abfließen zu lassen. Sie erbitten im Gebet Geduld, Barmherzigkeit, Humor, Liebe und Verständnis. Sie empfangen von Gott neue Gefühle, entscheiden sich dafür und versuchen, darin zu laufen. Wo in einer Ehe gebetet wird, findet eine Entschlackung zwischenmenschlicher Verletzungs- und Abnutzungsgefühle statt. Das ist die Sauerstoffzufuhr göttlicher Liebe.

      Betende Ehepartner sind Frauen und Männer, die die Verantwortung für ihre Gedanken und Gefühle übernommen haben und so Psychohygiene vor Gott betreiben. Sie haben aufgehört, den anderen für das eigene Ergehen verantwortlich zu machen. Das Gebet, in dem jeder Partner für sich vor Gott ungute Dinge bereinigen kann, ist die Alternative zu unseren unfruchtbaren ehelichen Interaktionszirkeln, wo wir Schuld verschieben: »Weil du …, habe ich halt …« »Wenn du nicht …, hätte ich auch nicht …«

       Als Ehepaar gemeinsam beten

      Es liegt eine große Chance darin, wenn wir gemeinsam beten. Wir sind darin allerdings erst Anfänger. Das hat manche Gründe: Wir mussten uns zu Beginn unserer Ehe von einer christlichen Prägung lösen, wo man im gemeinsamen Gebet indirekt kommunizierte: Die Stimme an Gott richtend und dabei auf den anderen zielend, sagte man Sachen, die man sonst, in einem offenen Gespräch, verschwieg. Wir misstrauten daher dem gemeinsamen Gebet. Wir wollten direkte Kommunikation, eine faire Streitkultur. Das war damals gut so. Vermischt damit war bei mir (Daniel) eine große Zurückhaltung – wir können es auch Behinderung nennen –, Intimität in meinen Gefühlen zuzulassen. (Und echtes gemeinsames Gebet schafft ja gerade eine große Nähe.) Heute merken wir, wie es uns verbindet und gut tut, wenn wir Gott gemeinsam danken oder eine Not vor ihn bringen können.