Название | Die Geschichte des Diethelm von Buchenberg. Eine Schwarzwälder Dorfgeschichte |
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Автор произведения | Auerbach Berthold |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9788726614541 |
„Je später der Markt, je schöner die Leut’,“ rief ein Weisskopf Diethelm zu.
,,Kommst spät.“
„Bist alleine oder hast die Frau bei dir?“
,,Ist das zimpfere Mädle dein’ Fränz?“ (Franziska.)
Solche und viele andere Anreden bestürmten Diethelm von allen Seiten und manche Gabel deutete nach ihm und mancher Kopf drehte sich um, denn die, die ihn kannten, zeigten ihn den Fremden und eine Weile war alle Aufmerksamkeit nach ihm gerichtet. Erregte der Duft der Speisen einen ungeahnten Hunger, so gab dieses allgemeine Ansehen eine andere Sättigung. Eine Kellnerin fragte Diethelm nach altem Brauch, was er befehle; aber die Wirthin, die eben durch die Stube ging, schnitt ihr das Wort ab und sagte:
,,Der Herr Diethelm sitzt in die Herrenstube, der Advokat Rothmann sind auch schon drüben und unterhalten sich mit der Fränz.“
,,Die Fränz soll da herein kommen,“ entgegnete Diethelm und so laut, dass es Alle hören konnten, ,,wenn der Advokat Rothmann was von mir will, kann er zu mir kommen; ich lauf’ ihm nicht nach, ich hab’ Gottlob nichts mit ihm. Ich bleib’ da unter Meinesgleichen.“
Man sprach davon, dass es einen harten Wahlkampf geben werde, wenn Diethelm gegen den Rothmann als Mitwerber um die Abgeordnetenstelle auftrete; Diethelm lehnte mit halber Miene jede Bewerbung ab, und stimmte selber in das Lob Rothmanns ein, der als ,,fadengrader“ Ehrenmann gepriesen und oft bei seinem Beinamen ,,der Schweizertell.“ genannt wurde, denn er hatte nicht nur zweimal auf dem eidgenössifchen Freischiessen den Preis gewonnen, sondern stand überhaupt in vielfachem Verkehr mit dem benachbarten Freistaate und war selber ein Charakter als wäre er in der Republik aufgewachsen, schlicht, derb und unverbogen bei aller gelehrten Bildung.
Als er jetzt in die äussere Stube trat und seine hagere hohe Figur Alle überragte, ging ihm Diethelm zuerst entgegen und reichte ihm die Hand, worauf fast alle Anwesenden nacheinander ihm zutranken.
Der Reppenberger kam hastig, klopfte Diethelm auf die Schulter und sagte ihm ins Ohr: man rede schon überall davon, dass der Diethelm einkaufen wolle und just heute liesse sich ein gutes Geschäft machen. Der Krebssteinbauer da hinten aus dem Lenninger Thal, der dort an der Ecke sitze, den müsse man zuerst einfangen; er mache die Andern kopfscheu und sprenge aus, der Diethelm thäte nur so als wenn er einkaufen wolle, der habe gewiss schon verkauft und stecke mit den Händlern unter Einer Decke, und man könne überhaupt nicht wissen was der vorhabe; der Steinbauer werde aber schon einen geringeren Preis angeben als wofür man abgekauft habe, wenn er nur baar Geld kriege, dafür wolle er schon als Unterhändler sorgen.
Diethelm sah dem Reppenberger steif ins Gesicht, als müsste er herausgraben, was er von ihm denke; schnell sagte er aber ganz laut:
„Es ist nur Spass, dass ich einkaufen will, das Futter ist klemm und ich brauch’ Geld, ich hab’s nicht in Säcken stehen wie Ihr meint.“
Alles widersprach und schalt zutraulich auf ihn, dass so ein Mann sage, er brauche Geld; man wisse ja, dass er Capitale ausstehen habe mehr als seinen Schuldnern lieb sei.
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Zweites Kapitel.
Diethelm ging lächelnd die Stube auf und ab, sein Kleinthun hatte mehr genützt als alle Prahlerei; er blieb bei dem Steinbauer stehen, gab ihm einen derben Schlag auf den Buckel und sagte:
,,Wie, Steinbauer, kennst mich noch?“
,,Freilich, grüss Gott. Ich hab’ nur warten wollen, bis ich gessen hab’.“
„Ruck’ ein bisle zusammen, ich will mich zu dir setzen. Fränz, da komm’ her.“
,,Ist das die Tochter?“ fragte der Steinbauer, etwas verwirrt an die Seite rückend; er erinnerte sich nicht, dass er sich mit Diethelm duzte.
„Wenn du nicht so altbacken wärst, könntest sie heirathen,“ entgegnete Diethelm. Der Krebssteinbauer grinste nun gar seltsam und schwieg, er war überhaupt kein Freund vom vielen Reden und vorab beim Essen. Nur Einmal wendete er sich um und auf das Haupt Diethelms deutend, sagte er: „Auch grau geworden seit dem letzten Jahr.“
„Ja, der Esel kommt heraus,“ sagte Diethelm lachend, aber der Steinbauer liess sich nicht zu der doch rechtmässig erwarteten höflichen Entgegnung herbei; er ass ruhig weiter als hätte er Nichts gesagt und Nichts gehört.
Diethelm kannte die hinterhältige und selbst mit Worten karge Weise dieses Mannes wohl, und doch klammerte er sich an ihn und that gar zutraulich. Der Steinbauer liess sich das gefallen aber mit einer Miene, in der der Ausdruck lag: mein Geldbeutel ist fest zu, mir schwätzt Keiner einen Kreuzer heraus, wenn ich nicht mag.
Als Diethelm sich einen Schoppen Batzenwein bestellte, schaute der Steinbauer nur flüchtig nach ihm um, aber er sprach kein Wort der Verwunderung und des Lobes über die Sparsamkeit Diethelms und diesem erschien solch ein Benehmen noch saurer als der ungewohnte Halskratzer. Diese in sich vermauerte Natur des Steinbauern, der über Thun und Lassen Anderer kein Wort verlor und selber that was ihm gutdünkte, ohne umzuschauen was man dazu denke oder sage; diese verschlossene Sicherheit, die ihr Benehmen nicht änderte und von hundert Augen bemerkt dieselbe blieb wie daheim auf dem einödigen Hofe, — Alles das erkannte Diethelm als Gegensatz und es reizte nothwendig sein herausforderndes Gebaren zum Kampfe. Er mochte aber den Steinbauern anzapfen wie er wollte, höchstens ein Freilich, ein Jawohl oder ein kopfschüttelndes Verneinen war aus ihm heraus zu bringen. Als Diethelm fragte, ob er auf des Steinbauern Stimme zählen könne, wenn er sich um die Abgeordnetenstelle bewerbe, liess sich der Steinbauer endlich zu den vielen Worten herbei: ,,Ich wüsst’ nicht, warum nicht.“ Nun lachte Diethelm über das ausgesprengte Gerücht, dass er Landstand werden wolle; er denke nicht daran, bei diesen schlechten Zeiten könne man ein grosses Anwesen nicht verlassen, da müsse, man jede Stunde und jeden Kreuzer sparen, wenn man der rechte Mann bleiben wolle, es mögen andere Leute den Staat regieren, das gehe ihn nichts an.
Der Steinbauer wickelte gelassen das übrig gebliebene Fleisch in ein Papier und steckte es zu sich, er hob und senkte nun mehrmals seine geschlossenen Lippen, sei es zum Nachkosten des Genossenen oder dem Gehörten beistimmend.
Diethelm setzte nun noch weiter auseinander, dass er sich nichts um die öffentlichen Angelegenheiten kümmern möge, und das gilt jetzt wieder unter vielen Menschen, besonders aber bei den Bauern, als grosser Ruhm. Als er aber darauf hinwies, dass er in seinem Hauswesen vielerlei zu sorgen habe, sagte der Schultheiss von Rettinghausen: „Die Kläger haben kein’ Noth und die Prahler kein Brod.“
Der Steinbauer erhielt sich noch immer in seiner unerschütterlichen Theilnahmlosigkeit, methodisch und langsam stopfte er seine Pfeife, schlug Feuer, öffnete den Deckel und verschloss den Zündschwamm und wollte nun aufstehen. Diethelm aber hielt ihn noch fest und fragte zuerst, ob er nicht seinen Hof verkaufen wolle, sein Schwager, der Schäuflerdavid, suche so einen herrenmässig gelegenen für einen Ausländer. Der Steinbauer sagte, dass er zwar nicht verkaufen wolle, aber wenn er ein rechtes Anbot bekäme, liesse sich davon reden. Nun hatte ihn Diethelm doch flüssiger, und indem er noch mehrmals von seinem Schwager, dem Schäuflerdavid und ihren gemeinsamen Geschäften sprach, kam er endlich ans Ziel zu erklären, dass er allerdings Willens sei, wenn die fremden Händler nicht höher hinaufgehen, selber einzukaufen. Der Steinbauer, dem es ersichtlich Mühe machte, sein saures Dreinsehen aufzugeben, ward plötzlich freundlicher, nahm ohne Widerrede das Glas an, das ihm Diethelm einschenkte, und erklärte nun mit erstaunlicher Redseligkeit, welch einen Ausbund von Wolle und Schafen er habe, wie die Alle so wolltreu seien, ein Haar dem andern gleiche und der Stapel vom besten Fluss und gleich rund sei, wie ,,viel Leib“ seine Schafe hätten, dass er aber doch um einen annehmbaren Preis Alles verkaufe, weil er kein Glück in der Schafhalterei habe. Er legte das Zeugniss seines Schultheissen vor, darin nach einem Formular beurkundet war, wo seine Schafe geweidet und dass keine Krankheit