Название | Guy de Maupassant – Gesammelte Werke |
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Автор произведения | Guy de Maupassant |
Жанр | Языкознание |
Серия | Gesammelte Werke bei Null Papier |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783962817695 |
Alles roch nach Stall, Milch, Rauch, Heu und Schweiß; strömte jenen scharfen, halb tierischen, halb menschlichen Dunst aus, der den Landleuten eigen ist.
Meister Hauchecorne von Bréauté war in Goderville eingetroffen und steuerte dem Marktplätze zu, als er an der Erde ein Endchen Schnur bemerkte. Meister Hauchecorne, ein echter sparsamer Normanne, dachte, dass man alles aufheben müsse, was noch irgendwie verwendbar sei. Er bückte sich mühsam, denn er litt stark an Rheumatismus. Er hob das Endchen Schnur auf und wickelte es sorgsam zusammen, als er auf der Schwelle seines Hauses Meister Malandain, den Sattler, bemerkte, der ihm zuschaute. Sie hatten wegen eines Kummets einmal Streit miteinander gehabt und waren sich seitdem feindlich gesinnt geblieben. Meister Hauchecorne schämte sich etwas, von seinem Feinde dabei beobachtet zu werden, wie er in der Gosse ein Endchen Schnur auflas. Schnell verbarg er seinen Fund unter dem Kittel und dann in seiner Hosentasche. Hierauf stellte er sich, als suche er auf dem Boden etwas, das er nicht finden konnte und ging dann dem Markte zu den Kopf wegen seiner Schmerzen vornüber gebeugt.
Er verlor sich unter der lärmenden langsam auf und abwogenden Menge, die sich ihren endlosen Handelsgeschäften widmete. Die Landleute untersuchten die Kühe, gingen fort, kamen wieder, immer in der Furcht hereingelegt zu werden, nicht wagend sich endgültig zu entscheiden, misstrauisch den Käufer musternd, und unausgesetzt die List des Mannes oder den Fehler des Tieres zu entdecken suchend.
Die Frauen hatten die große Körbe vor sich hingesetzt und das Geflügel herausgenommen, das nun. an den Füssen zusammengebunden, mit erstauntem Blick und rotem Kamm am Boden lag.
Sie horchten auf die gebotenen Preise, bestanden auf den ihrigen mit zäher Beharrlichkeit bis sie dann schliesslich, wenn der Käufer schon von dannen gehen wollte, plötzlich heruntergingen und ihm nachriefen:
»Gut Meister Anthime. Ich geb es her.«
Dann wurde der Platz allmählich leerer; und als es zum »Angelus« läutete, begaben sich diejenigen, die weiter wohnten in die verschiedenen Wirtshäuser.
Bei Jourdain war der große Saal voll von Speisenden, wie der große Hof voll von Fuhrwerken aller Art: von Karren, Wagen, Gigs, Ein- und Zweispännern, unnennbaren Fahrzeugen, starrend von Schmutz, unförmlich zum Teil, vielfach geflickt, deren Deichseln wie zwei Arme zum Himmel erhoben waren, oder umgekehrt auf der Erde ruhten, während der Hinterteil in die Luft ragte.
Den Speisenden gegenüber warf der ungeheure, hell angefachte Kamin seine wärmenden Strahlen auf den Rücken der zur Rechten sitzenden. An demselben brieten auf drei Bratspiessen Hühner, Tauben und Schöpsenkeulen. Ein leckerer Geruch von gebratenem Fleisch und saftiger Sauce, die aus demselben hervorquoll, stieg zur Decke empor, machte den Mund wässerig und stimmte zur Fröhlichkeit.
Die ganze besser situierte Welt der Landleute speiste dort bei Meister Jourdain, Wirt und Pferdehändler in einer Person, einem geriebenen Burschen, der manchen Taler im Kasten hatte.
Die Schüsseln wanderten auf und ab, und leerten sich ebenso schnell wie die Flaschen mit goldgelbem Cider. Man unterhielt von der Ernte. Das Wetter war für das Grünfutter günstig, aber für das Getreide etwas zu nass. Jeder erzählte von seinen Geschäften, seinen Käufen und Verkäufen.
Plötzlich tönte im Hofe vor dem Hause die Trommel. Alle Welt stand mit Ausnahme einiger Gleichgültiger sofort auf. und rannte vor die Tür, an die Fenster, den Mund noch voll Essen und die Serviette in der Hand.
Nachdem der Ausrufer seinen Wirbel beendet hatte, verkündete er mit lauter Stimme, Satz für Satz betonend:
»Es wird zur Kenntnis der Einwohner von Goderville gebracht – und namentlich aller Besucher des Marktes, – dass heute Morgen zwischen neun und zehn Uhr – auf der Strasse von Beuzeville – eine schwarzlederne Brieftasche – mit fünfhundert Francs und verschiedenen Geschäftspapieren – verloren worden ist. – Der ehrliche Finder wird gebeten – dieselbe auf der hiesigen Mairie oder bei – Herrn Fortune Houlbrèque in Manneville gegen eine Belohnung von 20 Francs abzugeben.«
Dann entfernte sich der Mann. Noch einmal hörte man von weitem das dumpfe Rasseln seiner Trommel und schwachen Laut seiner Stimme.
Hierauf begann eine lebhafte Unterhaltung über diesen Zwischenfall. Man erwog die Aussichten, die Meister Houlbrèque hatte, sein Eigentum wieder zu erhalten oder für immer zu verlieren.
Die Mahlzeit ging zu Ende.
Man war gerade beim Kaffee, als der Gendarmerie-Brigadier auf der Schwelle erschien.
»Ist Herr Hauchecorne von Béauté hier?« fragte er.
»Hier bin ich,« antwortete Meister Hauchecorne, der am anderen Ende des Zimmers gesessen hatte.
»Ich ersuche Sie, Herr Hauchecorne,« nahm der Brigadier wieder das Wort, »mich gefälligst zur Mairie zu begleiten. Der Herr Maire hätte ein Wort mit Ihnen zu reden.«
Der überraschte Landmann stiess bestürzt sein Glas von sich und folgte dem Brigadier in noch gebückterer Haltung als am Vormittag; denn nach jeder Ruhe machten sich seine Gichtschmerzen doppelt fühlbar. »Ich komme schon, ich komme schon,« murmelte er dabei fortwährend.
Der Maire erwartete ihn in seinem Sessel sitzend. Es war der Notar des Ortes, ein dicker ernster Mann, der sich stets in schwunghaften Phrasen bewegte.
»Meister Hauchecorne; begann er, »man hat Sie heute Morgen beobachtet, wie Sie auf der Strasse von Beuzeville die Brieftasche aufhoben, die Herr Houlbrèque von Manneville verloren hat.«
Schon der Verdacht der auf ihn lastete, ohne dass er den Grund dafür begriff, versetzte den Landmann in Furcht. Fassungslos starrte er den Maire an.
»Ich? Ich soll die Brieftasche aufgehoben haben?«
»Ja, Sie.«
»Auf mein Wort, ich habe keine Ahnung davon gehabt.«
»Man hat Sie beobachtet.«
»Mich beobachtet? Wer will mich, gesehen haben?«
»Herr Malandain, der Sattler.«