Название | Audiovisuelles Übersetzen |
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Автор произведения | Heike E. Jüngst |
Жанр | Социология |
Серия | narr studienbücher |
Издательство | Социология |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783823302377 |
Zur folgenden Aufgabe stehen die Texte weiter unten; ein Klavierauszug Deutsch / Italienisch erleichtert aber die Arbeit. Nehmen Sie sich den II. Akt, 2. Szene, Nr. 15 (unten ein Ausschnitt) aus Mozarts Don GiovanniDon Giovanni vor, bei dem die drei Sänger parallel unterschiedliche Texte singen. Es handelt sich um das Terzett Don Giovanni, Leporello, Donna Elvira, wobei Leporello sich als Don Giovanni verkleidet hat und Donna Elvira irreführen soll. Hören Sie sich die Musik erst an, wenn Sie Entscheidungen über den Text getroffen haben. Passen die Entscheidungen auch zur Musik?
DONNA ELVIRA | DON GIOVANNI | LEPORELLO |
Dei, che cimento è questo | Spero che cada presto | Già quel mendace labbro |
Gott schenke jetzt mir Gnade | Dank dir, o Serenade | Sie glaubt der Maskerade |
Non so s’io vado, o resto; ah, proteggeto voi la mia credulità. | Che bel colpetto è questo più fertile talento del mio, no, non si dà | Torna sedur costei deh proteggete oh Dei la sua credulità. |
Er lenke meine Pfade; wie rührt mich, ach, sein Flehen; kaum kann ich widerstehn | Hilf du nun, Maskerade dass ich es recht verstehe das muss ein jeder sehn | Nun schenke Gott ihr Gnade schützt er sie nicht vor dem Unheil dann ist’s um sie geschehn |
Tabelle 4 :
Don Giovanni II.2, no. 15. Text nach Klavierauszug Edition Peters (o.J.)
II. Akt, 14. Szene. Das Problem hier ist etwas anders gelagert: Hier setzen die Stimmen gegeneinander versetzt ein und die Texte werden wiederholt.
DONNA ELVIRA | LEPORELLO | DON GIOVANNI |
Restati, barbaro, Nel lezzo immondo. Esempio orribile d’iniquità. | Se non si muove Del suo dolore, Di sasso ha il core, O cor non ha ! | Vivan le femmine, Viva il buon vino, Sostegno e gloria D’ummanità ! |
Nun so versinke denn im Pfuhl der Hölle die ew’ge Mahnung an Gottes Gericht | Wenn ihre Klagen ihn nicht mehr rühren dann ist sein Herz so hart wie Stein. | Mädchen und Rebenwein würzen das Leben Sie sind das Herrlichste auf dieser Welt. |
Tabelle 5:
Don Giovanni II.14. Text aus Klavierauszug Edition Peters (o.J.)
Klavierauszüge und Libretti sind also eine sinnvolle Hilfe bei der Untertitelung, wobei, wie oben erwähnt, die Kürzungen der jeweiligen Inszenierung beachtet werden müssen. Bei interlingualen Opernuntertitelungen kommt jedoch noch ein Problem hinzu: Viele bekannte Opern haben eine deutsche Standardübersetzung. Ähnlich wie sich die Schlegel-Tieck-Übersetzung von Shakespeare durch Zitate und geflügelte Worte im Bewusstsein der Sprachgemeinschaft eingebürgert hat (vgl. dazu Herbst 1994), sind bestimmte Phrasen aus Opern Allgemeingut geworden.La BohèmeAddams Family2
Mal kurz nachdenken … Zu welchen Problemen kann das wiederum bei der interlingualen Untertitelung führen?
Hier ergibt sich ein Konflikt, der vermutlich zu der Abneigung des operngewohnten Publikums Untertiteln gegenüber beiträgt. Wer in seinem Leben schon oft die deutschen Standardfassungen gehört hat, kann sie auswendig. Ein gutes Beispiel ist das Duett Don Giovanni – Zerbinetta aus dem ersten Akt der Oper Don Giovanni. Der italienische Originaltext beginnt mit dem Satz „La ci darem la mano“. Im Untertitel würde man sagen: „Gib mir deine Hand.“ Der Opernfreund kennt diese Textstelle jedoch als „Reich mir die Hand, mein Leben“. Und so kann es kommen, dass ein eigentlich guter Untertitel von einem erbitterten Publikum als „falsch“ und „ungebildet“ wahrgenommen wird.
Mal kurz nachdenken … Wie ist der Übersetzer denn auf so eine Idee gekommen?
Nicht jeder Untertitler ist ein Opernliebhaber. Außerdem ist die Übersetzung im Untertitel gut und inhaltlich vollständig – vielleicht war der Untertitler doch ein Opernliebhaber, der für die Untertitelung bewusst diese Entscheidung getroffen hat. Die oben erwähnte Problematik der Opernübersetzung: Sanglichkeit, Silbenzahl, Rhythmus ‒ all das muss bei der Opernübersetzung berücksichtigt werden, aber nicht unbedingt bei der Untertitelung. Man muss hier bei den Übersetzungen abwägen, was wichtig ist.
Mal kurz nachdenken … Wie kann man alle Zuschauer halbwegs glücklich machen?
Oft bietet sich bei der Opernuntertitelung ein Kompromiss an: Die ganz bekannten Zitate werden aus der übersetzten Bühnenfassung übernommen; die weniger bekannten werden untertitelgerecht neu geschrieben.
2.6.3 Musicals und Songs im Film
Die besondere Problematik von SongsSong bzw. LiedernLied im Film wird ausführlicher im Kapitel zur Synchronisation angesprochen. In Deutschland werden Songs heutzutage meist nur untertitelt, wenn der Kunde das wünscht; der Untertitler kann allerdings vorschlagen, Untertitel hinzuzufügen (Nagel 2009: 96). Man kann dabei vage Regeln erkennen: Je wichtiger der SongtextLiedtextSongtext für das Handlungsverständnis ist, desto eher wird er dem Publikum in irgendeiner Form in der Zielsprache angeboten. Bei Musicals ist die Untertitelung der Songs selbstverständlich, da sie wichtige Handlungselemente darstellen. Bei anderen Filmen wird je nach Situation entschieden, ob der Songtext wichtig genug für eine Untertitelung ist:
Weiterhin werden Songtexte z. T. übersetzt, wenn sie essenziell für das Verständnis sind. So wurden bspw. im Film Public EnemiesPublic Enemies in einer Anfangsszene die ersten Verse eines Liedes untertitelt, da am Ende des Films noch einmal darauf eingegangen wird und sie so zum Rahmen der Handlung gehören. (Leisnering 2014: 225).
Mal kurz nachdenken … Warum macht man das nicht einfach immer?
Leisnering schildert eine Reihe von Situationen, in denen Songs in Filmen eingesetzt werden, und stellt fest, dass eine Untertitelung nicht in jedem Fall sinnvoll ist. Wenn Songs als HintergrundmusikMusikHintergrundmusikHintergrundmusik, zumal überlagert von Dialogen, dienen, ist eine Untertitelung nicht üblich. So würde die Bedeutung des Songs übertrieben.
Noch ein schönes Zitat zum Abschluss: Ivarsson / Carroll fordern: „It should be possible to sing a translation of a song to the music and the rhythm is therefore more important than the rhymes.“ (Ivarsson / Carroll 1998: