Название | Audiovisuelles Übersetzen |
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Автор произведения | Heike E. Jüngst |
Жанр | Социология |
Серия | narr studienbücher |
Издательство | Социология |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783823302377 |
Die Sprache der Opernlibretti ist oft eigenartig, und das bleibt nicht ohne Auswirkungen auf die Tätigkeit des Übersetzers:
… opera libretti tend towards the flowery, archaic and poetic in their vocabulary and grammatical formulations. This is particularly a problem in the operas of Richard Wagner, with their long and convoluted German sentence structures. The titler should try to reduce subordinate clauses keeping to clear, modern vernacular unless there are exceptional circumstances. (Burton 2009: 65)
As far as content is concerned, there rarely seems to be a happy medium in opera. Texts tend to be either oversimplistic or repetitive or based on fiendlishly complicated historical plots. (Desblache 2009: 72)
Opern werden grundsätzlich nicht synchronisiert, weder im Fernsehen noch auf DVD.
Mal kurz nachdenken … Wäre das nicht eine wunderbare bzw. lustige Lösung?
Opern mit SynchronisationSynchronisation oder gar mit Voice-overVoice-over wären sicher sehr lustig. Man sucht sich eine DVD aber nach den Interpreten aus. Außerdem hören viele Opernliebhaber gern die Originalsprache, an die der Komponist den Klang der Musik angepasst hat. Bei klassischen Opern dominieren bestimmte Sprachen, vor allem natürlich das Italienische. Ab dem 19. Jahrhundert kommen aber auch viele russische, französische und deutsche Werke dazu, und im 20. Jahrhundert erweitert sich der Sprachradius beträchtlich. Für Englisch empfiehlt sich die Arbeit mit den Opern von Benjamin Britten, die nicht nur schöne Musik, sondern auch anspruchsvolle Texte bieten.
Jedes Opernhaus macht seine eigenen Übertitel – es existieren also viele konkurrierende Fassungen. Das liegt auch daran, dass Opern oft an irgendeiner Stelle gekürztKürzung werden müssen, und dass die Dramaturgen dabei unterschiedliche Entscheidungen treffen. Auch auf DVDs sind unterschiedliche Inszenierungen einzelner Opern erhältlich. Das bedeutet, dass man es auch dort mit unterschiedlichen Untertitelfassungen zu tun hat. Zu unterschiedlichen Aspekten der Opernübertitelung siehe Rędzioch-Korkus (2016, 2018).
Mal kurz nachdenken … Wie wurden Opern in Deutschland vor Einführung der Übertitel normalerweise dargeboten? Diese Praxis ist mit der Übertitelung nicht verschwunden.
Es war vor nicht allzu kurzer Zeit noch absolut üblich, Opern in einer übersetzten Fassung aufzuführen. Zu den Herausforderungen, die eine Opernübersetzung bietet, siehe Kaindl (1995). Die Sprachenwahl bei der Aufführungspraxis hängt bzw. hing auch vom Aufführungsort ab:
World-class opera houses, such as the New York Metropolitan Opera, always performed works in their original language, whereas provincial and less prestigious houses adapted original pieces. (Desblache 2009: 73)
Schließlich spielt auch der Operntyp eine Rolle. Mit einer Opera buffaOpera buffa, also einer komischen Oper, oder einer OperetteOperette kann man anders umgehen als mit einer Opera seriaOpera seria, einer ernsten Oper:
For example, in some ways, the idea of setting a performance of AidaAida in English is old-fashioned whereas an adaptation of a French operetta such as Orpheus in the Underworld, especially if peppered with contemporary references and completely reset in a British context can be very attractive to the public. (Desblache 2009: 74)1
Es ist nicht mehr genau festzustellen, wann die erste Oper in einem Theater übertitelt wurde. Burton erwähnt eine Opernaufführung Anfang der 1980er in Hongkong, wobei die Titel jedoch chinesisch waren und daher seitlich neben der Bühne liefen, nicht über ihr (Burton 2009: 58). Im Verlauf der 1980er wurden Übertitel z. B. in Großbritannien zunehmend populär (Burton 2009: 59).
Die Frage, ob Opern überhaupt übertitelt werden sollen, spaltet das Publikum. Bei nicht allen Opern sind es die Texte, die Begeisterung auslösen. Oft versteht man die Texte auch in der Muttersprache in gesungener Form nicht (siehe die Wagner-Aufgabe zu Beginn). Viele Zuschauer mögen die Übertitelung daher nicht und empfinden sie als störend. Nach Burton wünschen sich Zuschauer die Übertitelung, während eher Regisseure und Kritiker dagegen seien (Burton 2009: 60). Vermutlich hat die Einstellung zu Untertiteln mit dem Alter und der Opernkenntnis der Zuschauer zu tun. Für viele Opernliebhaber gilt die Regel: „Prima la musica, poi le parole.“ (Die Musik kommt zuerst, dann erst die Worte.)
Das heißt nicht, dass Opernliebhaber sich nie mit den Texten beschäftigen. Viele lesen in Opernführern zumindest die Handlung nach, bevor sie ins Theater gehen, oder kaufen sich ein Programmheft. Burton weist darauf hin, dass es in früheren Zeiten üblich war, dass wohlhabende Theaterbesucher während der Vorstellung das LibrettoLibretto mitlasen (Burton 2009: 60). Das ist bei der heutigen Aufführungspraxis nur bei konzertanten Aufführungen möglich, sonst ist es zu dunkel. Außerdem findet zu geräuschvolles Blättern oft nicht den Beifall der Nachbarn.Klavierauszug2
Für Opernuntertitelungen auf DVD gelten andere Richtlinien als für die Untertitelung von gesprochenem Dialog. So heißt es in den Richtlinien der Firma digim – Digital Images für OpernuntertitelungUntertitelungOpernuntertitelung (von 2010):
UT solange stehen lassen, bis der Satz gesungen wurde (kann auch 15-17 Sek. stehen gelassen werden, länger nur in Ausnahmefällen).
Ruhiger RhythmusRhythmus, reimende ZeilenReim können zusammenstehen.
Bei Wiederholungen von Strophen und Zeilen keinen neuen UT (es sei denn, das erste Auftreten der Strophe / Zeile liegt weit zurück).
Mal kurz nachdenken … Warum gelten diese Regeln nicht allgemein und werden immer wieder abgeändert?
Diese Regeln werden nicht von jedem Zuschauer als angenehm empfunden. So kann es passieren, dass man den Untertitel wieder und wieder liest, wenn er lange stehen bleibt, und sich nicht mehr auf die Musik konzentriert. OpernverfilmungenOpernverfilmung haben ebenso SchnitteSchnittBildschnitt wie andere Filme, und auch hier sollten Untertitel möglichst nicht über einen Schnitt stehen.
Auch die Abwesenheit von Untertiteln bei Wiederholungen kann für Verwirrung sorgen. Manche Zuschauer fürchten in diesem Fall, die Untertitel seien ausgefallen. Hier muss man für einen Kompromiss sorgen. Bei Opern bietet man normalerweise keine Überbrückungsuntertitel für Wiederholungen an, aber das wäre eine Möglichkeit. Außerdem kennen viele Musikliebhaber die in Noten üblichen Wiederholungszeichen |: zwischen denen zu wiederholende Phrasen stehen :| Virkkunen (2004) schildert unterschiedliche Möglichkeiten der Untertitelungspraxis abhängig davon, ob die Struktur des Ausgangstextes, die Inszenierung oder das ursprüngliche Libretto im Fokus stehen. Sie weist darauf hin, dass ein größerer Umfang an Untertiteln die Aufmerksamkeit des Zuschauers auch von dem künstlerischen Ereignis wegzieht, um das es eigentlich geht: die Opernaufführung (Virkkunen 2004: 93).
The use of repetition in surtitles clarifies the difference between symbolic modes: if the phrase ‚I love you‘ is repeated in written form five to six times, it loses its uniqueness; it is not supported and varied by the singer’s expression and the emotionality of the music since the title cannot be interpreted synchronously with the verbal-musical text. (Virkkunen 2004: 95)
Even if s/he wants to choose the seemingly easy ‚verbal-into-verbal‘ translation method and concentrate on the libretto, s/he has to alter the verbal text in the case of props, for example, if they have been changed or removed. And, most significantly, s/he has to time the surtitles according to the tempo and rhythm of the performance. This means reducing the number of words and rewriting the libretto … A surtitled opera performance cannot equal a karaoke tape, in which each sung word is written in the subtitles. (Virkkunen 2004: 95)
Es ist letztendlich also die Aufführung, die die Gestaltung der Übertitel im Theater bestimmt. In gewissem Umfang gilt das auch für die Untertitel auf DVDs.
2.6.2