G.F. Barner 1 – Western. G.F. Barner

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Название G.F. Barner 1 – Western
Автор произведения G.F. Barner
Жанр Языкознание
Серия G.F. Barner
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783740956240



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angebrochenen Buschzweige. Dann ging er ein Stück nach rechts in die Richtung, aus der der Mann heruntergeritten sein mußte, aber er fand keine Fährte. Es gab keine Fußspuren. Nur neben dem Pferd, als Claydon zur anderen Seite ging, waren einige Schleifspuren.

      »Das soll der Teufel verstehen«, knurrte Old Ben finster. »Er hat den Sattel und das Zaumzeug mitgenommen – und wahrscheinlich auch einen ziemlich schweren Packen, aber – wohin ist er gegangen?«

      Keine achtzig Schritte hinter den Büschen begannen die Ausläufer der Sanddünen der Alvord-Wüste. Claydon glaubte ein paar Eindrücke am Beginn des Sanddünenstreifens zu sehen und drehte sich um.

      »Nun, Dad?«

      »Entweder bin ich ein Narr – oder der Bursche war einer«, murrte der Alte mißmutig. »Sieht aus, als wäre er mit seinem Packen, dem Sattel und dem Zaumzeug mitten in die Dünen marschiert. Ich muß mich irren, so verrückt könnte kein Mensch sein. Ohne Wasser in den Dünen – und dann bei Tag? Zum Teufel, was soll ich mir über irgendeinen Narren den Kopf zerbrechen? Schon genug, wenn ich einen in der Familie…«

      Danach schwieg der Alte verbissen, stieg auf den Bock und fuhr brummelnd an. Sie hatten noch zwei Stunden zu fahren, ehe sie die Ranch erreichen konnten.

      »Der verdammte Schurke!« fluchte Old Ben, nachdem sie eine Meile gefahren waren. »Spielen, was? Als wenn ich ihm das beigebracht habe! Ich, he? Keinen Cent wird er bekommen. Soll er doch verrecken, dieser windige Bursche. Nirgendwo kann man noch hingehen, ohne daß einen die Leute anreden und etwas über seine Schurkereien erzählen. Zwei Söhne hat man, und man denkt, daß man alles für sie getan und sie anständig erzogen hat. Da bricht sich der eine Sohn alle Knochen und wird zum Krüppel – und der andere hat nichts als Teufeleien in seinem bißchen Gehirn. Habe ich ihm beigebracht, andere Leute umzureiten, he? Hat er von mir gelernt, jemand die ganze Herde hochzujagen oder Streit zu suchen? Er bringt mich noch ins Grab, der Schurke! Anne, habe ich euch Schlechtigkeiten beigebracht?«

      Das letzte schrie er wütend. Dann sah er sich nach seiner Tochter um.

      »No«, erwiderte sie leise. »Dad, Mikel ist nicht schlecht!«

      »Nicht schlecht!« tobte der Alte. »Geht hin und borgt sich auf meinen guten Namen Geld. Das vergesse ich ihm niemals, niemals, hörst du? Treibt sich mit anderen Kerlen herum, denen man die schlimmsten Dinge nachsagt, die dem lieben Gott den Tag stehlen und nur arbeiten, wenn sie anderen Leuten Pferde oder Rinder entführen. Und so was ist mein Sohn.«

      Anne Claydon schwieg. Old Ben würde darüber niemals hinwegkommen, das wußte sie.

      Damals, als Benjamin Claydon, der älteste Sohn, verunglückte und monatelang im Bett lag, traf den Alten der erste Nackenschlag. Der Älteste war von ihm zu seinem Nachfolger erzogen worden, während es abgemacht schien, daß Mikel, der jüngere Bruder, eines Tages Caroll Andrews zur Frau nehmen sollte. So hatten es Old Ben und Jack Andrews, Carolls Vater, beschlossen gehabt.

      Bis zu Benjamins Sturz hatte Mikel immer im Schatten seines Bruders gestanden. Danach mußte er Bens Arbeiten tun, Dinge, für die er sich vorher kaum interessiert hatte. Mikel handelte lieber mit den Händlern die Preise für Maultiere und Pferde aus. Die Claydons’ züchteten Maultiere, Lastpferde und Gespanntiere. An der Zucht hatte Mikel nie Spaß gehabt, nur am Handeln. Dabei kam er viel mit anderen Leuten zusammen.

      »Im Saloon treibt er sich herum!« fluchte der Alte weiter. »Saufen, spielen, Girls…«

      Er verschluckte sich und sah sich um.

      »Mach nur weiter, Ben«, sagte Caroll Andrews. »Mich stört es nicht. Wenn mich etwas stört, dann deine und Dads Idee, Mikel und mich zu Mann und Frau zu machen. Ich hätte ihn nie genommen. Sicher, er ist ein lustiger Bursche gewesen, aber…«

      »Yeah, yeah, ich weiß«, schnitt ihr der Alte wütend das Wort ab. »Dann hättest du eher Benjamin genommen, was? Mikel war für euch immer der Spaßmacher, wie? Jetzt ist der Spaß zu wild geworden.«

      Er biß die Zähne zusammen und starrte auf die Hügel der Sandwehen rechts. Handeln, dachte der Alte, um Preise feilschen – das hat er nicht von mir, eher vom Vater seiner Mutter. Der konnte das auch, aber der soff nicht und spielte nicht. Das war ein sparsamer Mensch. Und seine Tochter mir eine gute Frau. Geht in die Saloons, schachert um Preise! Gut, wenn er das nur getan hätte, wenn nur gehandelt, gut! Aber sich dann an den Spieltisch setzen, Weibergeschichten… Teufel noch mal!

      Die Wut steckte in Old Ben. Vor vier Monaten war Mikel nach Hause gekommen, wieder mal betrunken. Der Alte hatte sich auf seinen Gaul gesetzt, um mit dieser Enttäuschung fertig zu werden. Danach war er in die Stadt geritten, John Toddenham über den Weg gelaufen, der die Bank dort leitete.

      »Hallo, Old Ben«, hatte Toddenham gesagt. »So eilig brauchtest du das nun auch nicht zu haben. Die hundertsechzig Dollar hätten warten können.«

      »Welche hundertsechzig Dollar, John?«

      »Willst du sagen, du weißt nicht, daß Mikel gestern hier war und sie borgte?«

      Old Ben war nach Hause gejagt – nicht geritten. Mikel saß beim Abendbrot und grinste zuerst. Nachher grinste er nicht mehr. Der Alte schlug ihm die Faust ins Gesicht.

      Und danach prügelte er Mikel aus dem Haus. Der nahm sein Pferd und ritt weg. Eine Woche später kam der Vormann des alten Jake Todenham herüber, den Arm in der Schlinge.

      »Mr. Claydon, mein Boß schickt mich. Mikel hat John kurz vor der Ranch erwischt, ihn an einen Baumast gebunden und dann zusammengeschlagen. Er sagte etwas davon, daß dies seine Quittung wäre. Als es vorbei war, band er John auf sein Pferd. Er jagte es mit Schüssen an. Daß unsere Rinder nebenan auf der Weide standen, mußte er wohl nicht gesehen haben. Die Herde hat unsere Weidehütte zertrampelt, eine Meile Zaun zerstört… Wenn Sie mitkommen wollen, Mr. Claydon?«

      Ben Claydon knirschte mit den Zähnen. Er hatte den Schaden bezahlt, aber – seitdem kam keiner der Toddenhams mehr auf die Claydon Ranch, auch Suzan Toddenham nicht, die seinen Ältesten ab und zu besucht hatte. Und Mikel? Nun, Mikel ließ sich gar nicht mehr sehen.

      »Mein Vater«, knurrte der Alte vor sich hin, aber er sprach doch so laut, daß ihn die Mädchen hören konnten. »Totgeschlagen hätte er mich, wenn ich mir das geleistet hätte – totgeschlagen. Ich hätte diesen Lümmel…«

      »Dad!« murmelte Anne. »Dad, ob jener Mister wirklich durch die Sanddünen gegangen ist? Bist du sicher?«

      »Verdammt noch mal, was geht mich dieser Bursche an?« knirschte der Alte. »Von mir aus kann er in die Hölle gegangen sein oder zum Satan.«

      Er dachte nur an seinen jüngsten Sohn, nicht an jenen Mann, der keine Spur hinterlassen hatte.

      Noch wußte er nichts von Joe Flint, dem Mann, der kam und spurlos verschwand, aber er sollte bald etwas von ihm wissen.

      Noch an diesem Abend.

      *

      Flint nahm den Kanten Brot, biß ab und äugte wie ein Fuchs, der sich in einer Hecke versteckt hielt und friedlich gackernde Hühner beobachtete, zu dem Wagen hinüber. Als er das rothaarige Girl absteigen sah, dachte er jäh an das, was sein Bruder früher über rothaarige Frauen zu ihm gesagt hatte. Das Girl war schlank, langbeinig und trat nun auf den Vorbau unter der Laterne. Jetzt sah Flint auch das Gesicht. Er war etwa fünfzig Schritte entfernt, und es war ihm selbst auf dieser Entfernung, als hätte das Girl ein besonders anziehendes Gesicht.

      Josef Brian Flint seufzte unhörbar. Er dachte an die Strapazen, die hinter ihm lagen und die noch kommen würden. Zeit für ein Girl wie jenes dort blieb ihm sicher nicht. Dabei hätte Flint von heute auf morgen mit seinem wilden Leben aufgehört, wenn ihm ein Girl wie das auf dem Vorbau gehört hätte.

      »Der Teufel, sie sieht gut aus«, stellte Flint leise fest. »Die andere ist auch nicht schlecht, aber…«

      »Was für eine seidenweiche Luft heute abend«, sagte das Girl neben der Rothaarigen. »Caroll, man sollte nicht meinen, daß die Wüste so nahe ist. Dieser trockene Wind dort…«

      »Anne,