G.F. Barner 1 – Western. G.F. Barner

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Название G.F. Barner 1 – Western
Автор произведения G.F. Barner
Жанр Языкознание
Серия G.F. Barner
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783740956240



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begleitete.

      Der First Sergeant stand still, war lautlos an den Wagen getreten und sah nun über das Seitenbrett – mitten in Murdocks Gesicht und in seine hellwachen Augen.

      Ich hab’s gewusst, dachte der Bulle Roscoe, der schläft nicht. Diese drei Strolche neben ihm, die schlafen. Deserteure, ein Pferdedieb, der mit den beiden anderen getürmt ist – und er neben ihnen, Murdock McCallum.

      Murdock starrte ihn an, hatte sicher Hunger und Durst, aber er schwieg, er bettelte nicht. Der würde nie betteln, eher sterben. Dieser halbe Indianer! Es gab keinen zäheren Mann …

      Der First Sergeant erwiderte den starren Blick so stur wie ein echter Bulle, ein Kampfstier, dem ein anderer mit gesenkten Hörnern gegenüberstand.

      Dann wollte er gehen, aber …

      »Ssst, Jim!«

      Jim, dachte der Bulle, Jim? Was ist los, warum nennt er mich Jim, warum nicht Schinder, Mistkerl oder Ratte?

      »Pass auf, Jim!«

      »Was ist, he?«

      »Indianer!«

      »Was?«

      »Ja, pass auf, weck Spalding!«

      »Du bist ja …«

      »Vorsicht, Jim!«

      Jetzt schrie er los, der verrückte Schurke, schrie laut, hatte Gespenster gesehen, was? Dabei war es nur der Posten, der herangekommen war und auf das andere Wagenrad stieg, um in den Kasten und nach den Gefangenen zu sehen.

      Plock!

      Herrgott, dachte der Bulle Roscoe und sah entsetzt, wie der Private, der junge Posten, plötzlich nach vorn kippte und in den Kasten fiel, im Kreuz den Pfeil – Herrgott, zu spät! Murdocks Riecher!

      Der Sergeant kam gerade noch unter den Wagen, ehe die Hölle losbrach. Roscoe zerrte an seinem Revolver, hatte ihn endlich heraus und sah den Schatten drüben am Seilcorral, in dem die Pferde standen, hochfliegen.

      »Indianer – Indianer!«

      Der Schatten schwang sich auf ein Pferd, tauchte weg, als Roscoe feuerte. Die Kugel ging irgendwohin, nur nicht in den Apachen. Es waren Apachen – Roscoe wusste es, obgleich er sie in der verfluchten Vollmondnacht nicht sehen konnte. Sie mussten Shelby gefolgt sein, kein Zweifel!

      »Bleib unten, bleib unten!«

      Roscoe wollte wieder hoch, wollte zu den Pferden, hörte den schrillen Schrei und wusste, dass der zweite Posten tot war. Über ihm brüllte Murdock, dass er unter dem Wagen bleiben sollte. Im letzten Moment warf sich der Sergeant zwischen die Räder – und nun sah er sie laufen – die Pferde kamen in Bewegung. Irgendwo links blitzte es auf, Feuer schoss an einem Wagen empor, der genau an der anderen Seite stand.

      »Sie lenken nur ab!«, schrie Murdock. »Schieß, Jim, schieß! Die Pferde!«

      Da – da war der Schatten. Der Sergeant feuerte, hörte den Schrei, sah den Indianer vom Gaul kippen. Tiefer halten, auf die ersten Pferde feuern, den Weg für die anderen versperren!

      Roscoe feuerte zweimal, hörte Pferde ihre Todesschreie herausröcheln, sah, dass sie stürzten.

      Auf dem Wagen lag der Posten, sein Gewehr war genau vor Murdock McCallum gelandet. Der Gefangene bückte sich, bekam trotz der gebundenen Hände die Waffe zu packen. Keuchend schwang Murdock das Gewehr herum und stieß es unter den Ring in der Kastenwand, durch den die Armeeschellenkette gezogen worden war. Dann wuchtete er mit der Schulter den Kolben der Waffe hoch. Der Haken, an dem der Ring saß, musste ausbrechen, er musste heraus! Zweimal wuchtete Murdock, dann kam das hässliche Splittern – er war frei und schnellte hoch, sah knapp über den Wagen hinweg.

      Im selben Moment erkannte er die huschenden Schatten an der Kutschendeichsel. Murdock hatte es geahnt. Dort war die Möglichkeit für die Apachen, die Pferde leichter hinauszutreiben. Sie brauchten nur die Deichsel zu schwenken, dann war der Weg frei.

      Ein Schrei an der Kutsche, flackerndes Licht, das von der anderen Wagenreihe herüberschien und jäh die Kutsche traf. Es beleuchtete den Schlag rechts – und der flog auf, das Mädchen kam heraus. Und sah jetzt die Indianer.

      Drei waren da, zwei ganz vorn an der Deichsel, der dritte hart am Drehschemel.

      »Zurück, Miss, zurück!«

      Zu spät!

      Der Indianer flog herum, riss das Mädchen hoch, sprang das Mädchen an.

      Zwischen Murdocks gebundenen Händen lag das Gewehr. Die Waffe zuckte empor, spie einen Feuerstrahl aus, als der Apache gerade Elena Pearson packte und sein Messer herabstoßen wollte. Im Krachen des Schusses flog der Indianer gegen den Wagenkasten, sein Messer verfehlte Elena um einen halben Schritt und drang in das Kastenholz ein. Dann rutschte der Apache zusammen, riss aber das Mädchen mit.

      Murdock feuerte erneut. Die Kugel packte den einen Apachen an der Deichsel, warf ihn über sie und ließ ihn mit den Beinen strampeln, während der Letzte mit einem schrillen Schrei in der Nacht untertauchte.

      Pferde wieherten, Männer schrien, Schüsse krachten ohrenbetäubend, Hufe trommelten los.

      Sieben – acht – neun Pferde gestohlen, dachte Murdock und hörte die Flüche, mit denen Roscoe aufstand. »Captain, die sind fort, und du kannst die Apachen nicht mal mehr verfolgen. Jetzt musst du verdammt froh sein, wenn du noch genügend Pferde für die Kolonnenvorreiter hast, was? Warum habe ich nur an Hat Shelby gedacht, warum bin ich nicht aufmerksam gewesen? Es war doch so verflucht ruhig …«

      »Na, was hast du denn da?«, fragte Roscoe, und sein Revolver sah Murdock zwischen die Augen. »Teufel, was ist das denn? Du hast den Haken aus dem Holz gewuchtet? Kerl, was fällt dir ein, wer hat dir erlaubt zu schießen?«

      »Niemand«, sagte Murdock und ließ das Gewehr fallen, als Roscoe mit einem Satz auf den Wagen und zwischen die Gefangenen flog. »Die Apachen wollten die Stagecoachdeichsel herumziehen und wären danach an diesem Wagen vorbeigejagt, um die Pferde hinauszuschaffen, du Bulle. Vielleicht hast du genug Verstand, um dir auszurechnen, dass sie dabei auf uns angekettete Narren geschossen hätten – und wahrscheinlich auch auf dich. Sieh mal nach dem Mädchen, du Schinder!«

      »Ich hau dich in Stücke!«, knirschte Roscoe. »He, kommt her! Hermann, Hermann, komm mit dem dicken Hammer, der Hundesohn hat sich befreit, du musst den Ring wieder ordentlich festmachen! He, was ist mit dem Mädchen, mit Miss Pearson? Marconi, sieh mal nach, McCallum hat in die Richtung geschossen!«

      »Was hat er – geschossen?«, knurrte Spalding und war schon heran. Er blickte auf den toten Posten hinab und zuckte zusammen. »McCallum, die anderen beiden Posten sind im letzten Moment durch Ihre Schreie gewarnt worden, sonst wären sie auch tot – und wahrscheinlich hätte wir alle Pferde verloren, was?«

      Drüben hielt Charles Pearson seine zitternde Tochter in den Armen. Das Blut des Indianers war über ihre Bluse gerieselt, und man war schon dabei, Murdock McCallum wieder fest anzuketten, ehe sie fähig war, zu ihm zu gehen. Was weder der Captain noch Roscoe gesagt hatten, sprach sie jetzt aus. Sie sah diesen seltsamen Halbwilden, dessen untrüglicher Indianer­instinkt sie gerettet hatte, groß an.

      »Danke, Mister McCallum, das war Rettung in letzter Sekunde. Ich danke Ihnen, Murdock!«

      Murdock McCallum, der Mann, dem man nicht nur unwahrscheinlich viel Glück im Aufspüren von Spuren, sondern auch bei Frauen jeder Altersklasse nachsagte, blickte geradezu verlegen zur Seite.

      »Macht nichts, war doch nichts, Miss Pearson«, erwiderte er stockend. »Schon gut, Miss!«

      »Sie haben meiner Tochter das Leben gerettet, meinem einzigen Kind«, murmelte Pearson leise. »McCallum, wenn ich jemals etwas für Sie tun kann, lassen Sie es mich wissen. Ich bin kein armer Mann.«

      »Danke, Sir, aber Sie können nichts für mich tun«, entgegnete Murdock. »Ich wollte …, nun, nichts, Sir – nichts!«

      Was immer er sagen wollte, er schwieg danach verstockt.