Der kleine Fürst Jubiläumsbox 6 – Adelsroman. Viola Maybach

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Название Der kleine Fürst Jubiläumsbox 6 – Adelsroman
Автор произведения Viola Maybach
Жанр Языкознание
Серия Der kleine Fürst Box
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783740929480



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war Helena gewesen, die darauf bestanden hatte, dass sie dieses blaue Seidenkostüm auch noch kauften, obwohl ihre Enkelin mehrfach betonte hatte, es fehle ihr an Gelegenheiten, es zu tragen. »So viel Geld, Omi – für ein einziges

      Kostüm! Das kann doch nicht dein Ernst sein.«

      »Und ob das mein Ernst ist, Kind!«

      Nun trug sie es also, und sie musste zugeben, dass Helena und Esther Waldorf Recht gehabt hatten: Es stand ihr ausgezeichnet. Es betonte das Blau ihrer Augen und ließ ihre Lockenpracht erst richtig zur Geltung kommen. Sie war dann doch noch bei einem Friseur gewesen, der ihre Haare kaum gekürzt, aber in Form geschnitten hatte. Das Ergebnis war überwältigend gewesen. Hatten ihre Haare vorher häufig widerborstig in alle Himmelsrichtungen vom Kopf abgestanden, so fielen die dunkelblonden Locken jetzt geschmeidig bis auf die Schultern und bildeten den passenden Rahmen für ihr Gesicht. Sie trug sogar Schuhe mit kleinen Absätzen, auf denen sie mittlerweile einigermaßen gut laufen konnte.

      Sie verließ ihre Gästesuite und machte sich auf den Weg nach unten. Aus der Bibliothek hörte sie leises Gemurmel, offenbar tranken Sofia und Friedrich dort bereits einen Aperitif. Die alte Schüchternheit überfiel sie wieder. Aber während sie noch zögernd am Treppenabsatz stand, kamen Anna, Christian und drei weitere Jugendliche in die große Eingangshalle. »Hallo, Charly!«, rief Anna. »Mensch, du siehst ja super aus!«

      Erleichtert wandte sich Charlotta den Jugendlichen zu. Die drei, die sie noch nicht kannte, wurden ihr jetzt von Christian vorgestellt: »Das ist Sabrina von Erbach, Annas beste Freundin, dies ist Laura, Konrads Freundin, und das ist mein Cousin Konrad, von uns allgemein nur Konny genannt.«

      »Ich freue mich, euch kennenzulernen«, sagte Charlotta, die in lauter freundlich lächelnde Gesichter blickte und ihren kurzen Anfall von Schüchternheit bereits wieder vergessen hatte.

      Die Baronin erschien in der Tür der Bibliothek. »Da seid ihr ja alle!«, rief sie erfreut. »Armin, komm her, damit ich dich mit den anderen Gästen bekannt mache!«

      Bei dem Namen »Armin« zuckte Charlotta zusammen – und gleich darauf erschien der einzige Mann dieses Namens, den sie kannte, tatsächlich hinter der Baronin. Sie konnte es einfach nicht glauben! War das nun Zufall? Oder steckte Absicht dahinter?

      Er lächelte ihr unbefangen zu, dann veränderte sich seine Miene, er trat einen Schritt näher und fragte schließlich unsicher: »Frau von Isebing? Sind Sie das?«

      »Ihr kennt euch?«, fragte Sofia enttäuscht. »Und wir hatten uns so darauf gefreut, euch überraschen zu können.«

      Armin hatte sich wieder gefangen. »Oh, das ist euch gelungen«, versicherte er. »Überraschter bin ich noch nie in meinem Leben gewesen.« Er lächelte Charlotta verschmitzt zu.

      Sie konnte in seiner Miene keinerlei Überheblichkeit entdecken, und so tat sie das Nächstliegende: Sie erwiderte sein Lächeln.

      *

      »Wie lange kennt ihr euch schon, Peter und du?«, fragte Stephanie, als Rosalie und sie nach dem Abendessen einige Augenblicke lang allein auf der Terrasse standen, um frische Luft zu schnappen.

      »Nicht lange«, antwortete Rosalie. »Ich war neulich mal in einem seiner Vorträge, der mir übrigens sehr gefallen hat. Wisst ihr überhaupt, dass sämtliche Studentinnen ihn anbeten?«

      »Peter?«, fragte Stephanie erstaunt. »Er ist doch gar nicht der Typ, oder?«

      »Dachte ich zuerst auch, aber wenn er anfängt zu reden und Feuer zu fangen für sein Thema, dann ist er hinreißend, das kann ich dir versichern.«

      Stephanie musste lachen. »Für mich wird er immer mein ältester Bruder sein, und ich kenne ihn so gut, ich glaube, ich könnte ihn niemals hinreißend finden. Ich erinnere mich einfach noch zu gut daran, wie er mir einmal eine Kröte ins Bett gesetzt und mich ein anderes Mal mit einer langbeinigen Spinne bedroht hat.«

      »Das hat er getan?«, fragte Rosalie fasziniert. »Solche Schandtaten hätte ich ihm überhaupt nicht zugetraut. Er wirkt so…, so ruhig und sicher, findest du nicht?«

      »Jetzt schon, aber irgendwann war er eben auch mal ein achtjähriger Bengel, dem es gefallen hat, seine jüngeren Geschwister zu tyrannisieren.«

      »Wer tyrannisiert hier wen?«, erkundigte sich Peter, der unbemerkt nähergekommen war.

      »Wird nicht verraten«, erklärte Stephanie. »Geheimnis unter Frauen, großer Bruder.«

      Peter schlang einen Arm um Rosalie und zog sie zu sich heran. »Erzähl es mir«, verlangte er. »Du willst doch bestimmt nicht jetzt schon Geheimnisse vor mir haben!«

      Aber Rosalie tat ihm nicht den Gefallen, ihm zu verraten, vorüber sie mit Stephanie gesprochen hatte, und so gab er seine Überredungsversuche schließlich auf. Und als Stephanie sich gleich darauf feinfühlig zurückzog, hatten sie ohnehin Besseres zu tun als sich zu unterhalten.

      »Das ist der Nachteil, wenn man seine Familie besucht«, flüsterte Peter zwischen zwei Küssen, »man muss sich anständig benehmen, dabei hatte ich während des ganzen Abends eigentlich nur einen Wunsch: Ich wollte dich küssen, Rosalie.«

      Marianne und Ludwig, die das junge Paar auf der Terrasse stehen sahen, lächelten einander zu. »Unser Peter«, flüsterte Marianne. »Und ich dachte schon, er will vielleicht lieber allein bleiben und sich ganz der Wissenschaft widmen.«

      »Danach sieht es nicht aus«, erwiderte Ludwig schmunzelnd, warf einen letzten Blick auf die Terrasse und schloss die Tür.

      *

      Armin hatte seine Fassung nur äußerlich wiedergewonnen – innerlich fragte er sich noch immer, wer – oder was – diese unglaubliche Veränderung bei Charlotta von Isebing wohl bewirkt hatte. War sie verliebt? Das schien ihm die einleuchtendste Erklärung zu sein, und zugleich war es diejenige, die ihm am wenigsten gefiel. Denn hier war sie nun, die junge Frau, von der er geahnt hatte, dass es sie gab und von der er sich gewünscht hatte, sie einmal sehen zu dürfen – und er fand sie unwiderstehlich.

      Sein Herz hatte einen Riesensatz gemacht, als er sie erkannt hatte, und dann gleich noch einen zweiten hinterher. Sie sah hinreißend aus, er erkannte die unfreundliche Charly, mit der er auf Gut Isebing ständig aneinandergeraten war, einfach nicht wieder. Aber nicht nur ihr Aussehen, auch ihr Verhalten war vollkommen verändert: Da und dort blitzte noch eine Spur ihres ungebärdigen Temperaments auf, aber sie unterhielt sich auf reizende Art und Weise mit dem neben ihr sitzenden kleinen Fürsten, ging auf ein Problem ein, das Anna ihr schilderte und fiel zu keinem Zeitpunkt aus der Rolle. Ob ihre Eltern von dieser Verwandlung wussten? Er konnte es sich nicht vorstellen, denn dann hätte Ludwig ihm gegenüber bestimmt schon eine Bemerkung darüber gemacht.

      »Haben Sie wirklich nicht gewusst, dass wir uns hier begegnen würden?«, fragte sie ihn in diesem Augenblick mit leiser Stimme.

      »Wirklich nicht!«, beteuerte er. »Vermutlich wäre ich sonst gar nicht gekommen, weil ich eine weitere Katastrophe befürchtet hätte. Was ist denn passiert, Frau von Isebing?«

      Sie warf ihm einen schrägen Blick aus ihren bemerkenswert schönen blauen Augen zu und sagte: »Charly. Meine Freunde nennen mich Charly.«

      Diese Erwiderung verschlug ihm zunächst einmal die Sprache. Endlich fragte er atemlos: »Freunde?«

      »Wenn Sie wollen, natürlich nur«, antwortete sie. »Aber wir müssen diesen lächerlichen Kleinkrieg doch nicht unbedingt fortsetzen, oder?«

      »O nein!« Das kam aus tiefstem Herzen. »Aber ich glaube es einfach immer noch nicht. Ich habe Sie auf den ersten Blick ja nicht einmal erkannt.«

      »Meine Großmutter«, erklärte sie und erzählte ihm dann mit einem leichten Lächeln auf den Lippen, welche Maßnahmen Helena ergriffen hatte. »Sie liegt wie ein Feldwebel in ihrem Bett und kommandiert ihre Truppen – also vor allem Robert und mich. Sie hat einfach gesagt, sie schämt sich, wenn ihre Freunde einen schlechten Eindruck von mir bekommen, und das will sie nicht. Also müsste ich mein Äußeres verändern – und mein Benehmen gleich noch dazu.«