William Lovell. Ludwig Tieck

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Название William Lovell
Автор произведения Ludwig Tieck
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783849637699



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ich höre, – alles was lebt ist vom Hauche der Liebe – vom Hauche Gottes beseelt.

      Wie unter mir alles zusammenschrumpft, was ich einst für groß und wichtig hielt! Ich nehme es mit der Zukunft und allen ihren Begebenheiten auf.

      Wie gleichgültig und öde kam noch gestern die ganze Welt meinem Blicke entgegen; alles ist heut mein Freund, alles lächelt mich liebevoll an. – Eduard – wie soll ich Dir die Empfindung beschreiben, als ich nun die Straße betrat, in der sie wohnt – als ich vor ihrem Hause stand – es war schon Abend, ein blasser Schimmer des Mondes brach durch graue Wolken – mein Herz klopfte hörbar, als ich dem Bedienten meinen Namen sagte und die Treppen hinaufstieg. – Sie war allein, ich trat in das Zimmer. – Himmel! war es nicht, als käme mir ein Engel entgegen, um mich im Paradiese zu bewillkommnen, wie ein heiliger Duft wehte mich die Luft an, in der sie atmete – ich weiß nicht, was ich ihr sagte, ich weiß nicht, was sie antwortete, aber meinen Namen sprach sie einigemal mit einer unaussprechlichen Süßigkeit. – Wir setzten uns, ich war in einer wehmütigen freudigen Stimmung – sie sprach von der glücklichen Aussicht einer so schönen Reise – ich hatte Mühe, meine Tränen zurückzuhalten – o Himmel, wie gütig sie zu mir sprach, wie jeder Ton im Innersten meiner Seele widerklang, jede Silbe foderte mich auf, mich dieser holdseligen Güte zu entdecken – ich sank an ihren Busen und stammelte ihr das Bekenntnis meiner Liebe.

      Ich war auf alles gefaßt, aber nicht auf diese Milde eines glänzenden Engels, mit der sie mich schweigend noch fester an ihren Busen drückte. – Ich zweifelte in diesem Augenblicke an meinem Dasein, an meinem Bewußtsein – an allem. Meine Freude hatte mich einer Ohnmacht nahe gebracht.

      Unsre Lippen begegneten sich, ihr Mund brannte auf dem meinigen – mein Herz ging auf vom ersten Sonnenstrahle getroffen – wie Blumen taten sich alle meine Sinne auf, den Glanz in sich zu saugen, der so freundlich auf sie herabstrahlte. Ich drückte sie inniger an meine Brust, ich fühlte im Klopfen ihres Herzens das Unendliche, Unaussprechliche, das sich in diesem Moment mit meinem ewigen Geiste vermählte, und das wir Menschen stammelnd Liebe nennen.

      Eduard! ich soll ihr schreiben, sie will mir antworten! – Oh sie ist ein Engel! Sie würde ihr Leben opfern, mich glücklich zu machen!

      Ich bleibe noch länger als eine Woche bei meinen Eltern. Ich werde sie noch oft sehn; mir ist seit gestern, als dürfte nur dies das Geschäft meines Lebens sein. – Ich habe auch den Mann kennen lernen, der mich auf meinen Reisen begleiten soll, er heißt Mortimer. – Mein Freund wird er schwerlich werden können, er hat eine gewisse kalte beißende Laune, die mich von ihm gestoßen hat. – Er soll viel wissen – er hat diese Reise schon einmal gemacht, er ist älter als ich; alles dies zusammengenommen hat meinen Vater bewogen, ihn zu meinem Begleiter auszuwählen. Er scheint sehr unterhaltend zu sein – aber ich liebe nicht diese Art von Charakteren, das Satirische in ihm gefällt mir nicht, diese Erhebung über die andern Menschen, diese Bitterkeit führt leicht zur Menschenfeindschaft – ich liebe die meisten, möchte sie gern alle lieben und mag über keinen spotten; – jeder bewache seine eigne Schwäche.

      12

      Mortimer an Karl Wilmont

      London 4. Jun.

      Wenn ich gerade aufgelegt wäre, über die wunderbaren Wege der Vorsehung Betrachtungen anzustellen, so hätt ich heute dazu die schönste Gelegenheit. Denn wahrlich, nichts ist so seltsam, keine Linie läuft in den wunderbarsten Verschränkungen so schief und krumm, um in sich selbst zurückzukehren, als es so oft die Begebenheiten und Vorfälle in dieser Welt tun. – Den Schilling den ich heut meinem Bedienten gebe, erhalt ich morgen vielleicht vom Lord Parton zurück, um ihn einem Bettler zu schenken. – Du bist begierig, welch Resultat endlich aus diesem Wirwarr folgen soll; nun so höre denn und erstaune. – (Erstaunst Du nicht, so gesteh ich, daß Du selbst ein erstaunenswürdiges Wesen bist.)

      Wer hätte Dir wohl damals ins Ohr geraunt, als Du Deinen neulichen Brief an mich schriebst, in welchem von William Lovell die Rede war, daß Du an den achtbaren Gouverneur dieses hoffnungsvollen Eleven schriebest? Um ernsthaft zu sprechen: ich reise mit William nach Italien und Frankreich und kehre dann als ein zweimal gereister Mann in mein sehnsuchtsvolles Vaterland zurück, um auch hier mein Licht glänzen zu lassen. – Ich sehe die Gegenden noch einmal, die mich schon einst entzückten. Ich habe hier nichts zu tun, ich versäume nichts, Lovell ist leidlicher, ja angenehmer, als ich ihn mir vorgestellt hatte, und darum hab ich das Anerbieten seines Vaters angenommen.

      William ist, soviel ich gleich bei unsrer ersten Zusammenkunft bemerken konnte, nicht ganz mit mir zufrieden, ich bin ihm zu froh, zu wenig das, was er ernsthaft nennt. Wer von uns beiden nun den andern aus seinen Verschanzungen zuerst treiben wird, ist die große Frage. In einer Woche ungefähr reisen wir. Ich will mir alle mögliche Mühe geben, meinen Freund aus ihm zu machen.

      Mein alter Onkel hätte beinahe geweint, als ich ihm die Nachricht meiner Abreise brachte; er ist mir mehr gewogen als ich dachte, er hat es mir so gut wie versprochen, mich zum Erben einzusetzen, wenn er während meiner Abwesenheit sterben sollte. –

      Könnt ich über Bondly reisen, so würde die Reise noch eine Annehmlichkeit mehr für mich haben, aber einige Leute, die Fait von der Geographie machen, wollen behaupten, es läge ganz auf der entgegengesetzten Seite.

      Deine Schwester ist allerdings ein vortreffliches Mädchen, ausgenommen darin, daß sie gewiß Lovell liebt – doch vielleicht wird er unter der Anführung eines gescheiten Mannes anders, das heißt, nach meiner Überzeugung: besser.

      Worüber ich mich verwundre, ist, daß man mich für so gelehrt hält, um mit Nutzen der Begleiter eines jungen Mannes zu sein, der nicht ohne Kenntnisse ist – der alte Lovell aber ist ein vernünftiger Mann, der weiß, was meistenteils hinter der gewöhnlichen Ernsthaftigkeit steckt; vielleicht hat auch eben meine Heiterkeit seine Wahl auf mich fallen lassen, da er mit der zu reizbaren Empfindsamkeit und Schwärmerei seines Sohnes nicht ganz zufrieden ist. –

      Und wenn nun auch bald viele Meilen zwischen uns liegen, so bin ich auch im wärmeren Klima, zwar nicht wärmer, aber ebenso warm als itzt, Dein Freund, und wenn ich nicht auf dem Kanal untergehe, so erhältst Du aus Frankreich einen Brief von

      Deinem Mortimer.

      13

      Willy an seinen Bruder Thomas in Waterhall

      Weiß nicht, lieber Bruder, von wo aus ich Dir schreiben soll, aber ohne daß die Schuld davon an mir liegt: denn ich bin hier ganz nahe bei London, aber doch nicht in London, so daß ich lieber gar kein Datum dabeischreiben will, um Dich nicht konfus zu machen, weil ich weiß, daß Du Dich nicht gut aus den Ortschaften und Ländereien herausfinden kannst, wenn sie eine Meile von dem Garten in Waterhall liegen – und London, oder das Landhaus hier nahe bei London, ist nicht so nahe an Waterhall, als Du glaubst, ob es freilich wohl ganz nahe an London liegt, so daß man die Glocken kann schlagen hören, wenn sie gerade nicht unrichtig gehn, wie denn das wohl in so einer großen Stadt bisweilen der Fall ist, wo selten alles ganz richtig geht: es macht die Menge.

      Der Herr William ist so ein guter Herr, als nur ein Bedienter verlangen kann, wenn er nicht selbst der Herr werden will. – Er sagte, er hätte mich mehr aus alter Freundschaft mitgenommen, als wie einen Bedienten; nun ist er freilich nicht ganz so alt, als ich, aber so alt er auch immer sein mag, so bin ich doch wirklich von der Geburt an sein Freund gewesen. Du weißt, Tom, was ich meinen will, daß ich ihn nämlich schon vor der Geburt gekannt habe, als ich schon lange vorher beim alten Herrn Lovell als ein Bedienter gestanden habe.

      Du glaubst übrigens nicht, Thomas, wie viel Menschen es auf der Welt gibt; den Mann wollt ich sehn, der die Leute so zählen könnte, die ich unterwegs alle Augenblicke gefunden habe.