Toni der Hüttenwirt Paket 2 – Heimatroman. Friederike von Buchner

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Название Toni der Hüttenwirt Paket 2 – Heimatroman
Автор произведения Friederike von Buchner
Жанр Языкознание
Серия Toni der Hüttenwirt Paket
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783740950989



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weiteren Blick stehen und stürmte ins Haus und die Treppe hinauf. Dann hörten die Quentmairs, wie die Tür von Evis Zimmer hart, sehr laut ins Schloß fiel.

      »Mei, des ist ja ein Ding!« sagte der Bauer. »Darauf brauche ich erst mal einen Schnaps. Des Madl scheint es bös’ erwischt zu haben. Wollt ihr auch einen?«

      Simon und seine Mutter nickten und folgten ihm in die Küche. Stumm prosteten sie sich zu.

      Liesbeth Quentmair setzte sich auf die Eckbank. Sie schüttelte heftig den Kopf.

      »Oh, des ist wirklich eine Überraschung! Dieser Fotograf scheint einen tiefen und bleibenden Eindruck hinterlassen zu haben bei unserem Madl.«

      »Man kann auch sagen, daß die Evi sich verliebt hat!« formulierte es Simon klar und deutlich.

      »Bub! So weit würde ich net gehen«, gab der Quentmairbauer zu bedenken.

      Simons Mutter stimmte ihrem Sohn zu. Sie bedauerte ihre Äußerungen bezüglich der Models.

      »Ich hab’ doch net wissen können, daß die Evi mit dem Burschen geredet hat, wenn auch nur kurz. Immerhin so geredet, daß sie weiß, er hat dunkelbraune Augen! Ich mache mir jetzt Vorwürfe!«

      »Des mußt net«, versuchte Simon seine Mutter zu beruhigen.

      Er war der Meinung, daß sie lediglich zu Vorsicht gemahnt hatte. Auch der Bauer beruhigte seine Frau.

      Jetzt da Evi auf ihrem Zimmer war, redeten sie ausführlich über Boyd Ortmann. Liesbeth Quentmair wollte alles genau von ihrem Mann und ihrem Buben wissen.

      »Mußt dir wirklich keine Sorgen machen, Liesbeth. Der Bursche ist net übel. Sonst hätte sich unser Bub net angeboten, ihm die Berge zu zeigen. Daß er ihn dafür bezahlen will, des wirft ein gutes Licht auf ihn. Er scheint niemand zu sein, der einen anderen ausnutzen tut.«

      Sie beratschlagten, wie sie vorgehen sollten, ohne daß Eveline weiterhin so ärgerlich sein konnte. Alle wußten, wie hart, ja, wie stur Evi sein konnte. Hatte sie sich erst einmal etwas in den Kopf gesetzt, dann war sie schwer davon abzubringen. Auf der anderen Seite standen Simon und sein Vater bei Ortmann im Wort. Sie wollten das Angebot, daß er sein Auto auf dem Quentmair Hof abstellen könnte, nicht zurücknehmen.

      Sie beschlossen, daß Simon zurück zum ›Beim Baumberger‹ gehen sollte. In der Nacht, wenn Evi schlief, könnte Boyd sein Auto parken. Simon würde ihn dann am nächsten Morgen bei den Baumbergers abholen. Da bekäme Eveline Boyd keinesfalls zu sehen.

      So geschah es dann auch. Simon machte sich sofort auf den Weg.

      *

      Es war schon nach Mitternacht. Evi lag schlaflos in ihrem Bett und starrte mit offenen Augen an die Decke. Die Tür zum Balkon stand offen. Ein frischer Nachtwind wehte herein und bewegte sanft die hel-

      len Spitzenvorhänge. Die Kirchen-glocken von Waldkogel verkündete mit drei dunklen Schlägen, daß es halb ein Uhr in der Nacht war. Kaum waren die Glockenschläge verhallt, als ein Motorengeräusch vom Hof heraufdrang. Evis Herz klopfte. Die Gedanken jagten ihr durch den Kopf. Am Motorengeräusch hatte sie zweifelsfrei erkannt, daß es ein fremdes Auto war. Sie sprang aus dem Bett. Sie warf sich ein großes dunkles Schultertuch um und trat auf den Balkon. Langsam schob sich ein hellblauer Sportwagen über den Hof. Die Scheinwerfer waren abgeschaltet. Simon stand bei der Scheune und winkte im Mondlicht das Fahrzeug heran.

      Um nicht gesehen zu werden, ging Evi in die Hocke und lugte durch die Zwischenräume des hölzernen Balkongeländers. Im Auto saß Boyd. Sie konnte ihn im Licht des Vollmondes deutlich sehen. Evi preßte ihr Gesicht gegen das Holz. Sie schloß die Augen und legte ihre Hand auf die Brust, als wollte sie ihr Herz festhalten. Es schlug, als wollte es ihr die Brust sprengen. Ihr Puls raste. In ihrem Kopf drehte sich alles. Bei jedem Herzschlag hämmerte es in ihrem Innern – Boyd – Boyd – Boyd.

      Geräusche drangen an Evis Ohr. Ihr Bruder Simon schloß leise das große Scheunentor. Dann ging er mit Boyd über den Hof. Sie blieben vor dem Haus kurz stehen.

      Evi konnte gut hören, was die beiden leise sprachen.

      »Danke, Simon! Dann sehen wir uns morgen!«

      »Heute!«

      »Richtig! Heute! Wir haben schon nach Mitternacht! Dann bis später, so gegen neun Uhr bei den Baumbergers.«

      Evi hörte, wie ihr Bruder das Haus betrat und die Haustür von innen abschloß. Dann lauschte sie dem Klang von Boyds Schritten, der mit festem Tritt über den Hof in Richtung Straße ging.

      Evi konnte ihn durch den Spalt im Balkongeländer nicht mehr sehen. Sie zog sich hoch und schlich in gebeugter Haltung ans Ende. Dort konnte sie sich hinter den Blumenkästen mit der üppigen Bepflanzung gut verbergen. Vorsichtig, mit bebenden Händen und von einem leichten Zittern am ganzen Körper erfaßt, schob sie die Blüten auseinander und schaute hindurch. Es war nicht die nächtliche Kühle, die Evi so zittern ließ. Es war ein anderes Gefühl, das neu für sie war und das sie bisher niemals verspürt hatte. Sie fühlte, als wäre ihr heiß, als hätte sie Fieber und gleichzeitig fror sie. Ihre Augen verfolgten Boyd, bis sie ihn in der Dunkelheit nicht mehr ausmachen konnte.

      Dann richtete sie sich auf und torkelte mehr als daß sie ging zu einem Gartensessel, der auf dem Balkon stand. Sie ließ sich hineinfallen. Sie zog die Beine fest an den Körper, schob ihr langes Nachthemd über die nackten Füße und hüllte sich eng in das große Umschlagtuch. Evi legte das Kinn auf die hochgezogenen Knie und schaute hinauf zu den Sternen und dem Vollmond. Die Weite und Ruhe des Universums legte sich auf ihr aufgewühltes Herz. Die Nacht ist so schön, dachte sie. Es scheint, als lächle der Mond. Er sieht richtig lieb aus, wie ein guter, guter Freund.

      Evi seufzte leise.

      »Ja, guter Mond, du hast alles gesehen!« flüsterte sie leise. »Sag, du bist doch weise und siehst alles jede Nacht, wenn du dort oben am Himmel stehst. Ich kann nur dich fragen.«

      Die Frage flüsterte Evi nicht. Sie dachte sie nur, sei es aus Angst, daß sie doch jemand hören konnte, sei es aus Angst, sie auszusprechen, weil es dann keine Frage mehr war, sondern eine Antwort, eine Tatsache, eine Erkenntnis, wie sie sich jedem jungen Madl einmal stellte.

      Ist es so, wenn einem Madl ein Bursche gefällt?

      Ist es so, wenn man sein Herz verliert?

      Ist es so, wenn man sich verliebt?

      Das waren gleich drei Fragen, doch Evi hatte noch mehr auf ihrem Herzen. Sie war müde und wollte jetzt, da sie alleine war, nicht gegen das schöne Gefühl in ihrem Herzen ankämpfen. Jetzt mußte sie sich nicht verstecken, verteidigen, auf Abwehrstellung gehen.

      Evi gab sich ganz ihren Träumen hin – Träume, die sie mit offenen Augen träumte, – Träumen, von denen sie niemals jemanden erzählen würde, – Träumen, die nur in der Stille der Nacht von einem liebenden Herz geträumt werden. Evi ließ sich treiben. Sie lehnte sich auf dem Sessel zurück und genoß die Fantasien, die aus dem innersten Winkel ihres Herzen langsam und behutsam hervorkamen. Gefühle, Hoffnungen, Sehnsüchte bahnten sich den Weg in ihr Bewußtsein. Evi schämte sich erst etwas vor sich selbst, so als würde sie sündhaften Gedanken nachhängen. Doch die Gefühle waren so rein und so natürlich, daß sie es einfach nur geschehen ließ.

      Das muß wohl so sein, wenn man jemand begegnet ist, der so schöne, so wunderschöne dunkelbraune Augen hat, voller Sanftheit und Wärme.

      Boyd war bestimmt nicht der erste Bursche, den sich Evi näher angesehen hatte. Auf Festen in Waldkogel tanzte sie gerne. Sie war auch in verschiedenen Vereinen, in denen sich die jungen Leute, die Burschen und Madln von Waldkogel und der Umgebung regelmäßig trafen. Doch noch niemals war ihr eine so kurze Begegnung so nahe gegangen. Evi überlegte, welche Vorstellung sie davon gehabt hatte, wie es werden würde, wenn sie sich einmal verliebt. So sehr sie sich auch bemühte, sie konnte sich nicht mehr erinnern. Die Gefühle überlagerten alles. Es war, als wäre eine Tür am Ende eines langen, langen Weges aufgestoßen worden und dahinter zeigten sich alle Schönheit und Lieblichkeit so wunderbar, daß ein Blick zurück, ein Umdrehen ganz unmöglich