Kurfürstenklinik Paket 1 – Arztroman. Nina Kayser-Darius

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Название Kurfürstenklinik Paket 1 – Arztroman
Автор произведения Nina Kayser-Darius
Жанр Языкознание
Серия Kurfürstenklinik Paket
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783740970673



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»Seid ihr schon wieder verabredet?«

      Er nickte strahlend. »Ja, morgen. Ich habe sie zum Essen eingeladen, und ich kann dir nur sagen, daß ich mich fühle wie mit fünfzehn. So aufgeregt bin ich schon lange nicht mehr gewesen.«

      »Ich wünsche dir viel Glück«, sagte sie aufrichtig.

      »Und wie sieht’s bei dir mit der Liebe aus?« fragte er. »Mit Oliver bist du doch nicht mehr zusammen, oder?«

      Sie schüttelte den Kopf. »O nein, schon längst nicht mehr. Er hat mich einfach zu sehr eingeengt, Tim. Dauernd wollte er genau wissen, was ich den ganzen Tag über gemacht hatte, und wenn ich es ihm nicht erzählt habe, weil es einfach zuviel gewesen war, dann wurde er böse.«

      Sie machte eine komische kleine Grimasse. »Das ist ja heute noch so, wenn wir uns treffen. Er kann es einfach nicht lassen, mich zu bevormunden und zu kontrollieren. Wirklich, er ist ein sehr lieber Mensch, aber jedenfalls nicht der Richtige für mich.«

      »Das fand ich damals schon«, gestand er. »Ich habe ihn ja kennengelernt, erinnerst du dich?«

      »Und ob«, sagte sie schaudernd. »Er hat mich noch tagelang gelöchert, wer du bist und woher ich dich kenne und ob auch wirklich nie etwas war zwischen uns. Er konnte sich einfach nicht vorstellen, daß ich dich auf meiner Afrika-Reise kennengelernt habe und daß wir seitdem befreundet sind.«

      »Das hast du mir nie erzählt.« Tim amüsierte sich. »Ich meine, daß er eifersüchtig war. Das schmeichelt mir sogar. Der arme Oliver. Was für Qualen muß er ausgestanden haben.«

      Ihre Miene hellte sich wieder auf. »Heute finde ich es auch eher komisch, aber damals war es schrecklich, das kannst du mir glauben.«

      »Also?« fragte er. »Was ist nun mit der Liebe?«

      »Leider nichts«, gestand sie.

      »Ich hoffe, du gehörst nicht zu den Frauen, die außer ihrer Arbeit an nichts anderes denken können.«

      »Eher umgekehrt«, meinte sie nachdenklich. »Ich arbeite viel, damit ich an nichts anderes denke. Ab und zu bin ich gern allein, das weißt du, aber im Augenblick geht es mir ziemlich auf die Nerven, wenn ich nach Hause komme, und es ist niemand da, der mich erwartet.«

      Er nickte verständnisvoll mit dem Kopf. »Das kann ich mir gut vorstellen. Gibt es denn wirklich niemanden? Ich kann mir das gar nicht vorstellen, wenn ich ehrlich sein soll.«

      Sie zögerte. »Es gibt einen Mann, den ich interessant finde – schon seit einiger Zeit. Und er scheint sich auch immer zu freuen, wenn er mich sieht. Aber es geht einfach nicht weiter. Wir treffen uns, unterhalten uns wunderbar miteinander – und das war’s dann wieder für einige Wochen.«

      »Vielleicht hat er eine Frau oder Freundin«, vermutete Tim.

      »Soviel ich weiß, nicht«, entgegnete sie.

      »Was macht er?«

      Diese Frage hatte sie erwartet. »Er ist Arzt«, antwortete sie. »An der Kurfürsten-Klinik.«

      Er wartete, aber sie sprach nicht weiter. »Du willst mir wohl nicht sagen, wer er ist?«

      »Nein, Tim«, antwortete sie. »Das will ich ganz bestimmt nicht.«

      »Schade«, meinte er. »Vielleicht hätte ich herausfinden können, warum es mit euch beiden nicht weitergeht.«

      »Das möchte ich auf gar keinen Fall«, rief sie erschrocken und fügte dann hastig hinzu: »Vergiß einfach, was ich dir eben erzählt habe, okay? Vergiß jedes Wort davon, Tim. Versprich mir das.«

      »Ich werde es versuchen«, log er, ohne ein schlechtes Gewissen zu haben. Genau das Gegenteil würde er tun. Er würde alles daransetzen herauszufinden, was hinter der merkwürdigen Geschichte steckte, die sie ihm eben erzählt hatte. Dieser geheimnisvolle Mann, der sich ihr nicht näherte, obwohl er doch spüren mußte, daß sie offenbar verliebt in ihn war oder daß sie sich zumindest in ihn verlieben würde, wenn er es zuließe – dieser Mann mußte sich doch finden lassen!

      *

      »Bitte, trinken Sie die Brühe, Frau Senftleben«, bat Adrian, »damit Sie wieder zu Kräften kommen. Meine Schwester hat sie extra zubereitet – aber seitdem haben Sie sich ja leider geweigert, überhaupt noch etwas zu sich zu nehmen.«

      »Kein Hunger«, murmelte Frau Senftleben. Sie sah erschreckend blaß und teilnahmslos aus. Immerhin war sie wach und hatte keinen ihrer Fieberträume, die sie in der letzten Nacht gequält hatten.

      »Trotzdem«, sagte er mit sanftem Nachdruck und half ihr, sich ein wenig aufzurichten. »Ein bißchen essen müssen Sie, glauben Sie mir das.«

      Sie gab ihren Widerstand auf. Tapfer schluckte sie, als er ihr die Tasse an den Mund hielt. Es dauerte ziemlich lange, aber schließlich hatte sie sie doch geleert.

      »Bravo!« sagte Adrian zufrieden. »Sehen Sie, es geht doch!«

      »War ganz gut«, sagte Frau Senftleben, und sie wirkte nicht mehr ganz so matt wie zuvor. »Fehlte das Lorbeerblatt und ein bißchen Pfeffer, aber sonst war sie… ganz gut.«

      Adrian jubelte innerlich. Wenn Frau Senftleben schon wieder feststellen konnte, daß der Geschmack der Suppe nicht perfekt war, dann mußte es ihr bessergehen.

      Sie schien seine Gedanken zu erraten, denn jetzt sagte sie: »Keine Sorge, Adrian – das Schlimmste… ist vorbei. Aber ich fühle mich schrecklich schwach.«

      Er setzte sich zu ihr. »Kein Wunder. Sie haben sich nicht bewegt, fast nichts gegessen, Antibiotika genommen – und Ihr Körper kämpft noch immer mit der Grippe. Aber wenn Sie jetzt vernünftig sind und wieder essen, dann werden Sie sich schnell erholen.«

      »Hoffentlich«, seufzte sie. »Kranksein ist langweilig.«

      »Ja, da haben Sie wohl recht.«

      »Haben Sie überhaupt Zeit, ständig hier zu sein?« fragte sie.

      »Ich habe frei«, erzählte er. »Und nächste Woche wechseln wir uns ab, Esther und ich. Sie hat den Nachtdienst übernommen – so kann sie tagsüber hier sein, falls Sie es brauchen. Und nachts bin ich dann da.«

      Ihre Augen waren feucht. Es war das erste Mal, daß er seine Nachbarin so gerührt sah. »Alles meinetwegen?« murmelte sie.

      »Na, hören Sie mal, Frau Senftleben«, sagte er, »ich esse öfter bei Ihnen als bei mir, Sie sorgen wie eine Mutter für mich – und dann soll ich Sie krank und allein hier liegen lassen? Wofür halten Sie mich eigentlich?«

      »Für einen sehr netten Menschen«, antwortete sie, nun doch erschöpft von der Unterhaltung. »Und jetzt will ich noch etwas schlafen.«

      »Nur zu«, sagte er. »Ich räume in der Zwischenzeit ein bißchen auf.«

      Das tat er, und als er das nächste Mal nach ihr sah, schlief sie fest. Zufrieden ließ er sich in einen ihrer gemütlichen Sessel sinken und griff nach dem Krimi, den er gestern angefangen hatte zu lesen. Aber sehr weit kam er nicht. Entweder war er von der Pflege der Nachbarin selbst müde, oder ihre regelmäßigen Atemzüge wirkten beruhigend – jedenfalls hatte er noch keine drei Seiten gelesen, als das Buch seinen Händen entglitt, weil er ebenfalls eingeschlafen war.

      *

      Seit Sven Mohntals eitrige Wunde am Unterschenkel auf Geheiß von Dr. Brown von Maden saubergehalten wurde, war er schlagartig der interessanteste Patient der Kurfürsten-Klinik geworden. Jeder, der die Möglichkeit hatte, wollte gern einen Blick auf seinen Unterschenkel werfen, nur um sich schaudernd wieder abzuwenden.

      Und auch das Interesse an dem hochgewachsenen Südafrikaner Tim Brown war noch größer geworden, als es ohnehin schon gewesen war. Es nützte nichts, daß etliche Ärzte versicherten, die eigenwillige Therapie, die er vorgeschlagen hatte, sei auch in Deutschland keineswegs unbekannt – einmal mehr stand der Name Dr. Brown für Exotik und Abenteuer.

      Sven selbst hatte gar nicht lange überzeugt werden müssen – im Gegensatz zu dem, was Bernd