Название | H. G. Wells – Gesammelte Werke |
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Автор произведения | Herbert George Wells |
Жанр | Языкознание |
Серия | Gesammelte Werke bei Null Papier |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783962813628 |
Im Verlaufe der Opposition von 1894 wurde auf dem erhellten Teil der Scheibe ein großes Licht wahrgenommen, zuerst im Lick-Observatorium,5 dann von Perrotin6 in Nizza, später auch von anderen Beobachtern. Englische Leser hörten zuerst davon in einer Nummer der »Nature« vom 2. August. Ich bin der Ansicht, dass die Erscheinung der Reflex des in einer ungeheuren Vertiefung ihres Planeten angebrachten Geschützes war, aus dem ihre Geschosse auf uns gefeuert wurden. Sonderbare noch unaufgeklärte Zeichen wurden in der Nähe jenes Ausbruchs während der nächsten zwei Oppositionen beobachtet.
Der Sturm brach vor sechs Jahren über uns los. Als der Mars sich der Opposition näherte, setzte Lavelle in Java die Drähte der astronomischen Mitteilungsstation in Bewegung, um in äußerster Erregung die verblüffende Nachricht von einem ungeheuren Ausbruch weißglühenden Gases auf dem Planeten zu übermitteln. Das hatte am 12. gegen Mitternacht stattgefunden. Das Spektroskop, zu dem er sich sofort begab, zeigte eine Masse flammenden Gases an, hauptsächlich Wasserstoff, das sich mit enormer Schnelligkeit gegen die Erde zu bewegte. Dieser Feuerstrahl war ungefähr ein Viertel nach zwölf unsichtbar geworden. Er verglich ihn mit einem ungeheueren flammenden Gebläse, das plötzlich und gewaltsam aus dem Planeten hervorschoss »wie flammendes Gas aus einer Kanone«.
Das erwies sich als ein selten zutreffender Ausdruck. Doch am nächsten Tage las man kein Wort davon in den Zeitungen, nur eine kleine Notiz im »Daily Telegraph«. Die Welt verharrte in Ungewissheit über eine der größten Gefahren, die jemals das menschliche Geschlecht bedroht hatten. Ich hätte über die Eruption überhaupt nichts gehört, wäre mir nicht der bekannte Astronom Ogilvy in Ottershaw begegnet. Er war von der Nachricht überaus bewegt und im Übermaß seiner Gefühle lud er mich ein, jene Nacht mit ihm zusammen eine Prüfung des Roten Planeten vorzunehmen.
Trotz allem, was ich seither erlebt habe, erinnere ich mich noch sehr genau jener Nachtwache: Das schwarze, stille Observatorium, die beschattete Laterne, die einen schwachen Schimmer auf den Boden in der Ecke warf, das unausgesetzte Ticken des Uhrwerks am Teleskop, den kleinen Spalt im Dache — eine rechteckige Vertiefung, über die der Dunst der Sterne strich. Ogilvy schritt auf und nieder, ungesehen aber hörbar. Blickte man durch das Teleskop, dann gewahrte man einen tiefblauen Kreis und den kleinen runden Planeten, wie er am Himmel dahinschwamm.
Dicht neben ihm im Gesichtsfeld, erinnere ich mich, waren drei kleine Lichtpunkte, drei teleskopische Sterne, unendlich fern, und um sie herum brütete die unergründliche Finsternis des leeren Weltraums. Man weiß, wie die Dunkelheit bei einer frostigen sternhellen Nacht aussieht. Durch das Teleskop betrachtet scheint sie noch weit tiefer. Und unsichtbar für mich, weil es so fern und klein war, über jenem unglaublichen Raum schnell und stetig auf mich zu fliegend, jede Minute umso viele tausende von Meilen näherkommend — sauste jenes Ding, das sie uns schickten, das Ding, das so viel Kampf und Unheil und Tod über unsere Erde bringen sollte. Als ich so spähte, träumte ich nicht einmal davon; kein Mensch auf Erden träumte damals von jenem unfehlbaren Geschoss.
In dieser Nacht aber erfolgte ein zweiter Ausbruch von Gas auf dem fernen Planeten. Ich sah ihn. Ein rötlicher Blitz an der Kante, die Umrisse nur sehr schwach kenntlich, gerade, als das Chronometer Mitternacht schlug. Ich meldete es Ogilvy, und er nahm meinen Platz ein. Die Nacht war wärmer geworden und ich durstig. Mit ungeschickt ausgestreckten Beinen, meinen Weg in der Dunkelheit tastend ging ich zu dem kleinen Tisch, auf dem die Siphonflasche stand. Ogilvy geriet unterdessen über die Gasausströmungen, die auf uns zukamen, in ungeheure Erregung.
In dieser Nacht nahm ein zweites unsichtbares Geschoss seinen Weg vom Mars aus gegen die Erde, genau eine oder zwei Sekunden weniger als vierundzwanzig Stunden nach dem ersten. Ich erinnere mich, wie ich dort an dem Tische saß; grüne und rote Kreise flimmerten vor meinen Augen. Ich ärgerte mich, dass ich keine Streichhölzchen hatte, um rauchen zu können. Ich dachte wenig über die Bedeutung des winzigen Lichtes nach, das ich gesehen hatte, und wenig vermutete ich, was es mir so bald bringen sollte. Ogilvy blieb bis ein Uhr auf der Warte, dann gab er es auf. Wir zündeten die Laterne an und gingen zu seinem Haus hinüber. Unten lagen Ottershaw und Chertsey in der Dunkelheit, mit allen ihren Hunderten in Frieden schlummernden Menschen.
Ogilvy war jene Nacht erfüllt von Mutmaßungen über die Beschaffenheit des Mars und machte sich über die landläufige Ansicht lustig, dass er Einwohner habe, die uns Zeichen geben. Seine Ansichten fasste er dahin zusammen, dass ein heftiger Meteoritenschauer über dem Planeten niedergehe, oder dass ein ungeheurer vulkanischer Ausbruch im Zuge sei. Er machte mich auch darauf aufmerksam, wie unwahrscheinlich es sei, dass auf zwei benachbarten Planeten die organische Entwicklung sich in derselben Richtung bewegt habe.
»Die Chancen gegen irgendetwas Menschenähnliches auf dem Mars sind eine Million zu eins«, sagte er.
Hunderte von Beobachtern sahen die Flamme in jener Nacht, und in der Nacht darauf, um Mitternacht, und wieder in der Nacht darauf, und so fort zehn Nächte, eine Flamme jede Nacht. Warum die Schüsse nach der zehnten Nacht aufhörten, hat niemand auf Erden zu erklären versucht. Mag sein, dass die Gase, die sich beim Abfeuern bildeten, den Marsleuten Ungelegenheiten verursachten. Dichte Wolken von Rauch oder Dunst, durch ein mächtiges Teleskop für die Erde als kleine graue fluktuierende Flecken sichtbar, breiteten sich durch die Klarheit der Atmosphäre des Planeten aus, und verdunkelten seine bekannteren Linien.
Selbst die Tageszeitungen nahmen schließlich von diesen Störungen Notiz. Populäre Aufsätze, die sich mit den Vulkanen des Mars beschäftigten, tauchten hie und da auf und wurden überall nachgedruckt. Ich erinnere mich, wie die halbkomische Zeitschrift »Punch« in einer politischen Zeichnung einen glücklichen Gebrauch von ihnen machte. Und, allen unmerklich, zogen jene Geschosse, welche die Marsleute auf uns abfeuerten, erdwärts, und sausten jetzt mit einer Schnelligkeit von vielen Meilen durch den leeren Weltraum, Stunde um Stunde und Tag für Tag, näher und näher. Es scheint mir heute fast unglaublich seltsam, dass die Leute, während dieses reißende Schicksal über ihnen hing, ihren winzigen Geschäften nachgehen konnten, wie sie es damals taten. Ich entsinne mich noch, wie Markham jubelte, als er sich für das illustrierte Blatt, das er in jenen Tagen