Affentanz. André Bergelt

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Название Affentanz
Автор произведения André Bergelt
Жанр Короткие любовные романы
Серия
Издательство Короткие любовные романы
Год выпуска 0
isbn 9783954626526



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aufgewachsen ist?“

      Lale schüttelt den Kopf.

       Die türkischstämmige Deutsche glaubt an Jesus Christus. Sie war schon dreimal verlobt und ist eine der wenigen Barbetreiberinnen, die eine meiner Klanginstallationen im Vorraum ihrer Toilette laufen hat.

      „Seine Eltern waren Lehrer, und ihm ist auch nichts Besseres eingefallen, als sich für ein Lehramtsstudium einzuschreiben.“

      Lale sieht mich vorwurfsvoll an. Sie mag es nicht, wenn ich derart lautstark vor ihren Gästen rumpöble. Ich aber ignoriere Lales Blick und echauffiere mich weiter.

      „Das Studium hat er natürlich verrissen. Ebenso wie seine ersten Theater- und Fernsehauftritte, und dennoch hat es dieser talentfreie Stricher geschafft, bis ganz nach oben zu kommen. Das ist doch krank! Ich meine, dieses ganze Business ist doch total krank!“

      Lale stellt mir eine halbe Flasche meines Lieblingswodka hin und sieht mich eindringlich an.

      „Hör mal, du kannst den hier gern aufs Haus haben. Aber nur, wenn du deine Ausfälle auf Zimmerlautstärke zurückschraubst. Wenn du das nicht bringst, könnte es sein, dass ich mich vergesse, meine drei Brüder anrufe und dich an die frische Luft setzen lasse.“

      Natürlich weiß ich, dass Lales Ansage nicht ernst zu nehmen ist. Sie hat gar keine Brüder, lediglich drei Schwestern, und die wohnen nicht mal in Friedrichshain. Dennoch bin ich ob Lales aggressiven Untertons ein wenig überrascht. So entschlossen habe ich die Betreiberin meiner Lieblingsbar noch nicht erlebt.

      Ich entscheide mich für den angebotenen Wodka, erhebe mein Glas und brülle in den halb gefüllten Gastraum: „Til Geiger ist der letzte Kunde. Er ist ein Muttersöhnchen, ein zwergenhafter Clown mit Muschi-Kinn und Sprachfehler.“

      Lale schiebt mich durch die Tür nach draußen. Ich ziehe weiter lautstark über Til Geiger her, überschütte den Laiendarsteller mit Verwünschungen übelster Sorte, verfluche seine Eltern und wünsche dem Lackaffen die Schweinepest ins Haus.

      „Was ist denn hier los?“

      Luca steht hinter mir und sieht mich fragend an. Sein schwarzblaues Inter-Mailand-Trikot ist blutverschmiert. Aus der Umhängetasche lugen mehrere Schlachtermesser hervor. Offensichtlich kommt Luca gerade von der Arbeit.

       Luca ist Chefkoch in einem Restaurant am Gendarmenmarkt. Er hat einen 56er Halsumfang, ist am ganzen Körper tätowiert und wechselt häufiger seinen Arbeitgeber als andere. Früher war Luca Hooligan, mittlerweile geht er lieber feiern als zum Fußball.

      Ich falle Luca um den Hals und klage: „Luca, niemand will mit mir zusammenarbeiten, alle sind gegen mich. Sogar meine Technik streikt. Das Einzige, was ich aufs Band bekomme, sind türkische Rezepte.“

      Nach einer Viertelstunde guten Zuredens seitens Luca gestattet mir Lale, an meinen Stammplatz zurückzukehren. Zwar würdigt mich die Chefin keines Blickes mehr, dennoch darf ich mit Luca weiter trinken und mich selbst bemittleiden.

      „Mischa ist einfach ausgestiegen. Eddy bis Ende September ausgebucht. Na, und Betty will anscheinend auch nichts mehr von mir wissen. Ich hatte gehofft, dass sie mir mit ein paar Ideen weiterhilft. Aber sie hat auf keinen meiner Anrufe reagiert. Und nun hat auch noch mein Handy seinen Geist aufgegeben. Die ganze Welt hat sich gegen mich verschworen.“

      Luca sieht verdutzt zu mir.

      „Dein Handy hat einfach so seinen Geist aufgegeben?“

      „Ja, natürlich einfach so. Oder denkst du, ich hätte es gegen die Wand geschmissen?“

      Luca lächelt verschmitzt und fragt: „Nun, vielleicht kann ich dir ja mit der einen oder anderen Idee weiterhelfen?“

      „Nimm es bitte nicht persönlich, Luca, aber es geht um Musik, um Klangwelten, um große Kunst. Ich meine, du flambierst Lammrücken, tranchierst Seehecht und kreierst Desserts. So gesehen bist auch du ein Künstler. Betty aber promoviert gerade zu Johann Sebastian Bachs Einfluss auf die Musiktheorie des späten 18. Jahrhunderts.“

      Luca nickt stumm vor sich hin, was so viel bedeutet, dass er mich, trotz meiner Schmeicheleien, nicht verstehen will. Ich entschließe mich, weiter auszuholen.

      „Schau Luca, Christo hatte seine Jeanne-Claude, Bert Brecht die Weigel, Pasolini seine Vorstadtjungs. Will sagen, jeder große Künstler braucht eine Muse.“

      Luca runzelt die Stirn.

      „Du meinst, so wie Michael Schumacher und Jean Todt damals bei Ferrari?“

      „Richtig!“, antworte ich erleichtert.

      „Aber bisher hast du doch auch immer alleine gearbeitet.“

      Es geht um einen möglichen Auftritt im Zoo. Da muss ich mich ganz anders vorbereiten. Die wollen von mir eine komplett neue Installation, wenn sie mich überhaupt nehmen. Wie soll ich das allein und in nur acht Wochen schaffen?“

      „Es ist also wegen der zu geringen Zeitspanne?“, fragt Luca.

      „So ist es, die Zeit ist knapp. Vor allem aber brauche ich eine neue Komposition, ein überzeugendes Videokonzept und ein paar ausgefallene Ideen fürs Licht. Du weißt doch, wie riesig das Untergeschoss des Zoo ist. Das ist fast zehn Meter hoch, der Grundriss ist total verschachtelt und die Akustik durch die vielen Säulen unberechenbar.“

      „Und deswegen willst du, dass Betty dir hilft?“

      „Genau das“, antworte ich.

      „Und was, wenn Betty sich wieder in dich verliebt? Ist das nicht ein wenig riskant? Oder glaubst du, dass sie über dich hinweg ist?“

      Ich überlege einen Moment lang.

      „Ehrlich gesagt, habe ich gar nicht so weit gedacht.“

      „Solltest du aber. Wer weiß, vielleicht will sie ja immer noch was von dir“, erwidert Luca und sieht mich fragend an.

      Ich nehme mir eine zuvor gedrehte Zigarette und schaue nach draußen.

      „Ach, und selbst wenn da wieder was mit Betty laufen würde. Immerhin war sie die Einzige, die meine Klanginstallationen wirklich gemocht hat.“

      „Und was ist mit diesem Typen, dem von dem du mir wochenlang vorgeschwärmt hast und dessen Namen ich nicht mehr aussprechen darf?“

      „Den Toulouser versuche ich zu vergessen“, antworte ich.

      Luca runzelt die Stirn und gibt mir Feuer.

      „Ihr trefft euch gar nicht mehr, auch nicht im Club?“

      Ich schüttle den Kopf.

      „Verstehe. Na ja, vielleicht ist das ja besser so“, antwortet Luca.

      „Wieso denn das?“, frage ich.

      „Nun, du hast echt ein Händchen, was Typen angeht. Manchmal habe ich sogar den Eindruck, dass du dir grundsätzlich Jungs aussuchst, die dir nicht gut tun.“

      „Aber der Toulouser tut mir gut. Er ist alles, was ich will“, antworte ich.

      „Letztes Jahr wolltest du noch diesen Typen aus Dresden. Dem hast du die halbe Diplomarbeit geschrieben, bevor du ihn an die Luft gesetzt hast. Davor gab’s da noch den vorbestraften Brandenburger, den drogenabhängigen Züricher und den Moskauer, der wollte, dass du ihn heiratest, damit er eine Aufenthaltsgenehmigung bekommt.“

      „Das waren alles Typen mit einem Riss in der Schüssel“, antworte ich.

      „Sagt man eigentlich Moskauer oder Moskowiter?“, fragt Luca.

      „Die Deutschen sagen Moskowiter.“

      „Echt?“

      „Ja, echt.“

      „Klingt irgendwie behindert.“

      „Behindert ist einzig, dass der Toulouser wirklich der Eine ist. Deswegen gelingt es mir auch nicht mehr, mich auf andere Typen einzulassen.“

      „Du