Auerhaus. Königs Erläuterungen.. Bov Bjerg

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Название Auerhaus. Königs Erläuterungen.
Автор произведения Bov Bjerg
Жанр Прочая образовательная литература
Серия
Издательство Прочая образовательная литература
Год выпуска 0
isbn 9783804470385



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ab 1984 Berlin/Amsterdam/Leipzig Studium der Linguistik, Politik- und Literaturwissenschaften Absolvent des Deutschen Literaturinstituts Leipzig 19 ab 1989 Berlin Gründung der Literaturzeitschrift „Salbader“ Initiierung mehrerer Berliner Lesebühnen: Dr. Seltsams Frühschoppen, Mittwochsfazit und die Reformbühne Heim & Welt Mitarbeit im Musikkabarett Zwei Drittel als Schauspieler, Autor und Koch 24 ab 1992 Berlin Verfasser der Kolumne Nachgefragt für die Berliner Stadtzeitung „scheinschlag“ 27 ab 1997 Berlin Redakteur der Satirezeitschrift „Eulenspiegel“ Verfasser des Kabarettistischen Jahresrückblicks Leiter von Kursen für Erwachsene (Improvisation und Schreiben) und Jugendliche (deutsch/tschechisch, Szenisches Schreiben) 32 2004 Berlin Literarisches Debüt mit der Kurzgeschichte Howyadoin 39 2008 Berlin Erscheinen des ersten Romans Deadline 43 2015 Berlin Großer Erfolg und literarischer „Durchbruch“ mit dem Roman Auerhaus 50 2016 Berlin Die Modernisierung meiner Mutter (Erzählungen) erscheint. 51
2.2 Zeitgeschichtlicher Hintergrund

      ZUSAMMENFASSUNG

      Die frühen 80er Jahre, in denen der Roman spielt, sind geprägt durch die Folgen des RAF-Terrorismus in Deutschland, durch die erste Kanzlerschaft von Helmut Kohl und durch die Etablierung der Partei DIE GRÜNEN als neue Fraktion im Deutschen Bundestag.

      Da man davon ausgehen kann, dass der Roman auch autobiografische Züge trägt, lässt sich das Geschehen in die Jahre 1982/83 einordnen. Zeittypische Elemente, die im Roman auftauchen, sind:

       Der Kassettenrekorder

      Ende August 1963 wurde auf der Internationalen Funkausstellung in West-Berlin die Philips Compact Cassette vorgestellt – zusammen mit dem ersten Kassettenrekorder. Der Kassettenrekorder war ein handliches und tragbares Gerät zur Aufnahme von Audio-Signalen, er sollte die damals populären, aber sehr unpraktischen Spulentonbandgeräte ablösen. Kompaktkassetten waren wiederbespielbare Magnetbänder mit Laufzeiten von 45 bis 120 Minuten. Seitdem wurden weltweit ca. 100 Milliarden Kassetten verkauft. 1979 brachte die Firma Sony den sogenannten Walkman auf den Markt, ein noch kleineres Abspielgerät, das man leicht mit sich führen konnte. Schon ab 1983 eroberte die Compact Disc (CD) die Wohnstuben; ihr großer Vorteil ist das verschleißfreie optische Laser-Abtastverfahren und der Wegfall von Störgeräuschen. Bei der Kompaktkassette gab es dagegen immer die Gefahr des „Bandsalats“ und ein störendes Rauschen bei längerer Benutzung. Mit dem Siegeszug der digitalen Tonaufzeichnung (z. B. MP3-Format) nahm die Bedeutung von Kassettenrekordern seit dem Ende der 1990er Jahre stetig ab.

      Gewissenprüfung, Kriegsdienstverweigerung, Wehrpflicht, Zivildienst, Wohnort in West-Berlin, um der Wehrpflicht zu entgehen

      In der Bundesrepublik Deutschland galt am Anfang der 80er Jahre der Artikel 12 a GG: „(1) Männer können vom vollendeten achtzehnten Lebensjahr an zum Dienst in den Streitkräften … verpflichtet werden … (2) Wer aus Gewissengründen den Kriegsdienst mit der Waffe verweigert, kann zu einem Ersatzdienst verpflichtet werden.“[1] Absatz 2 bezog sich dabei auf den Artikel 4 Absatz 3 GG: „Niemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen werden.“[2]

      Deswegen musste man nach oder vor der Musterung einen Antrag auf Verweigerung des Kriegsdienstes stellen. Danach wurde man vor einer dreiköpfigen Kommission zu einer mündlichen Gewissensprüfung geladen. Diese Kommission sollte überprüfen, ob der Verweigerer stichhaltige Gewissengründe vortragen kann. Dabei wurden teilweise auch Fangfragen gestellt, wie sie der Ich-Erzähler auf den Seiten K 91 f./A 133–135 des Romans Auerhaus beschreibt.

      1977 sollte die umstrittene Gewissensprüfung durch ein neues Gesetz der damaligen SPD/FDP-Regierung abgeschafft werden. Eine einfache Erklärung (sog. „Postkartenregelung“) sollte genügen. Dieses Gesetz wurde vom Bundespräsidenten Walter Scheel wegen verfassungsrechtlicher Bedenken nicht unterschrieben und vom Bundesverfassungsgericht als nicht verfassungskonform beurteilt. Damit galt zunächst wieder die alte Regelung.

      Als Kompromiss wurde 1983 vom Bundestag eine Gesetzes-änderung beschlossen, nach der ein Kriegsdienstverweigerer eine ausführliche, stichhaltige schriftliche Begründung seiner Motive vorlegen musste.

      Aufgrund des besonderen entmilitarisierten Status der Stadt Berlin (stand bis 1990 unter der Verwaltung der vier Siegermächte) unterlagen Männer, die ihren Wohnsitz in West-Berlin hatten, nicht der Wehrpflicht. Dies wurde erst mit dem Inkrafttreten des Einigungsvertrags vom 3. 10. 1990 hinfällig.

      Im Jahre 2011 wurde die Wehrpflicht ausgesetzt; damit war auch der Zivildienst als Ersatzdienstpflicht abgeschafft.

      RAF-Terrorismus

      Als erste Generation der RAF („Rote Armee Fraktion“) bezeichnet man gemeinhin die Gruppe von deutschen Terroristen, die sich seit Anfang 1970 um die zentralen Figuren Andreas Baader, Gudrun Ensslin und Ulrike Meinhof bildete und die bis Ende 1974 nicht nur zahlreiche Banküberfälle, sondern auch Bombenanschläge auf amerikanische Militäreinrichtungen, deutsche Sicherheitsbehörden und ihre Vertreter sowie Medienunternehmen mit einer Gesamtbilanz von vier Toten und 41 Verletzten verübten.

      Mit der Besetzung der deutschen Botschaft in Stockholm im April 1975 begann eine neue Qualität des Terrorismus in Deutschland: es wurde rücksichtsloser, brutaler und internationaler vorgegangen als je zuvor. Gleichzeitig verübte die RAF gezielte Mordanschläge gegen führende Persönlichkeiten in Staat und Wirtschaft, so gegen den Generalbundesanwalt Siegfried Buback (7. April 1977) und den Vorstandsvorsitzenden der Dresdner Bank Jürgen Ponto (30. Juli 1977). Als am 5. September 1977 Arbeitgeberpräsident Hanns-Martin Schleyer mit dem Ziel entführt wurde, die Inhaftierten in Stuttgart-Stammheim freizupressen und am 13. Oktober 1977 palästinensische Terroristen zur Unterstützung die Lufthansa-Maschine „Landshut“ entführten, eskalierte die Situation.

      Es kam zu einer Odyssee des entführten Flugzeugs von Rom über Larnaka/Zypern, Dubai/Bahrain, Aden/Jemen nach Mogadischu/Somalia, zur Ermordung des Flugkapitäns Schumann, zur Befreiung der Geiseln durch die GSG 9, zum Tod dreier Entführer. Darauf folgten die Selbstmorde von Baader, Raspe und Ensslin in Stuttgart-Stammheim und die Ermordung Hanns-Martin Schleyers.

      Am Anfang der 1980er Jahre gab es eine programmatische Neuausrichtung der RAF, die im sogenannten Mai-Papier von 1982 „Guerilla, Widerstand und antiimperialistische Front“ deutlich wird. Ausgehend von der Kritik der Ereignisse des Jahres 1977 wurde ein Strategiewechsel der RAF angekündigt. Bei der Umsetzung dieser Strategie scheiterte die RAF zunächst im Dezember 1984 mit einem Anschlag auf die NATO-Schule in Oberammergau. Im Januar und Februar 1985 wurden in abgestimmten Aktionen mit