Название | Kann weg! |
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Автор произведения | Susanne Frohlich |
Жанр | Поиск работы, карьера |
Серия | |
Издательство | Поиск работы, карьера |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783833862694 |
Elisabeth, die lange in London gelebt hat, erzählt, wie sich die Frauen dort dauernd und leidenschaftlich Komplimente machen. Wie es ein ganzes Vokabular dafür gibt, eine andere toll zu finden, ihr Selbstbewusstsein zu päppeln: »Es ist ganz normal, dass man sich regelrechte Liebeserklärungen macht.« Mit Staunen beobachtet sie, wie streng Frauen hier in Deutschland mit Frauen sind. Wie erbarmungslos. »Während Männer für jede Kleinigkeit beklatscht werden. Ich warte immer noch auf den Tag, an dem mein Mann mit einem Oscar nach Hause kommt, den ihm die Kolleginnen dafür verliehen haben, dass er meinetwegen nach Deutschland umsiedelte. Dass er sich quasi geopfert hat. Klar, wegen eines tollen Jobangebots, das ich bekommen hatte. Aber er profitiert ja auch von dem Geld, das ich nun mehr verdiene.«
Wie groß die Narrenfreiheit ist, die Männer bei Frauen genießen, berichtete auch Marion, von Beruf Gynäkologin, die anlässlich eines Ärztekongresses zu einem größeren Dinner geladen war. »Einer der Professoren, ein Mann um die 60, war so dermaßen beleidigend zu allen, dass ich erst dachte, er würde vielleicht unter dem Tourette-Syndrom leiden. Du weißt schon, diese Krankheit, bei der man zwanghaft flucht und schimpft. Mir tat er fast schon leid, weil ich annahm, die Gastgeberin hätte vergessen, uns darauf aufmerksam zu machen. Bis ich nach einigen ›Warum glotzen Sie so blöd?‹ oder ›Diese dämliche Schnepfe!‹ oder ›Halten Sie doch einfach die Klappe, wenn Sie nichts zu sagen haben!‹ kapierte, dass der noch als total ›normal‹ durchging.« »Der ist immer so!«, raunte mir meine Sitznachbarin zu. Ich solle das bloß nicht persönlich nehmen. Ich fragte: »Aber warum lädt man ihn dann ein?« Darauf sie: »Er ist doch ein Mann, da darf man sowieso nicht jedes Wort auf die Goldwaage legen.« Hätte eine Frau auch nur annähernd so viele Unverschämtheiten losgelassen, sie wäre vermutlich das letzte Mal Gast gewesen, und zwar für den Rest ihres Lebens.
Trau, schau, wem …
Es gibt ungefähr 4871 exzellente Gründe, einem Mann nicht zu trauen. Darunter: Männer, die sich nach dem ersten Sex in Luft auflösen. Männer, die Frauen mit einem Berg von Schulden und zwei Kindern sitzen lassen, die sich arm rechnen, bloß um keinen Unterhalt für ihr eigen Fleisch und Blut zahlen zu müssen. Die als Prinzen antreten, um an unserer Seite zur Riesenassel zu mutieren, die uns mit falschen Profilen in den Online-Dating-Portalen wochenlang aufs Glatteis führen. Und solche, die beim Frühstück noch schwören, nicht ohne uns leben zu können, um abends zu erzählen, dass sie morgen zu einer anderen ziehen, die übrigens im neunten Monat schwanger ist. Nicht zu vergessen jene, denen es bei Weitem nicht genügt, ihre Frauen mit einer Neuen unglücklich zu machen. Sie müssen auch noch in aller Öffentlichkeit das karge Rest-Selbstbewusstsein ihrer Ex schreddern.
So wie Schleswig-Holsteins ehemaliger Ministerpräsident Torsten Albig. Der begründete in einem Interview mit ›BUNTE‹ seinen Partnerinnenwechsel tatsächlich unter anderem damit, dass seine Ehefrau ihm im wahrsten Sinne des Wortes zu blöd geworden war: »Irgendwann entwickelte sich mein Leben schneller als ihres. Wir hatten nur noch ganz wenige Momente, in denen wir uns auf Augenhöhe ausgetauscht haben. Ich war beruflich ständig unterwegs, meine Frau war in der Rolle als Mutter und Managerin unseres Haushaltes gefangen.« Kein Wort darüber, wer sie in diese ›Gefangenschaft‹ gebracht und 27 Ehejahre lang davon profitiert hat.
Da kann man schon mal das Vertrauen verlieren und zu der Entscheidung kommen, dass es zukünftig besser wäre, sich grundsätzlich eine eidesstattliche Versicherung unterschreiben zu lassen, die es dem Mann verbietet, untreu zu sein, unzuverlässig, gleichgültig. Weil man sonst straffrei sein Auto verbrennen darf. Das ist jedenfalls so ungefähr der Plan von Lisa. Erst wurde sie von ihrem Mann wegen einer Jüngeren verlassen, und dann stellte sie nach sieben Monaten Beziehung mit einem Jürgen fest, dass der gar nicht – wie er behauptet hatte – geschieden war. Also testet sie jetzt etwaige neue Kandidaten gründlich auf Herz und Nieren. Will immer gleich wissen, woran sie mit ihnen ist, welche Absichten sie hegen – und zwar nicht nur für diesen Abend oder die nächste Woche, sondern am liebsten schon für den Rest des Lebens. Stellt Prüfungsaufgaben wie: »Willst du übermorgen mit mir essen gehen und falls nicht, weshalb?« Oder: »Ich habe gesehen, dass du meine WhatsApp-Nachricht bekommen hast. Weshalb hast du dann erst vier Stunden später geantwortet?« Meinen Einwand, sich zu gedulden, den Dingen ihren Lauf zu lassen, abzuwarten, wie sich die Beziehung entwickelt, findet sie wenig zielführend. »Ich habe schon viel zu viel Zeit mit den Falschen vergeudet.« Am liebsten wäre es ihr, Männer wären mehr wie Auerhähne. Die singen, wenn sie es ernst meinen.
Ja sicher, Misstrauen ist gut und oft dringend notwendig. Bei denen, die es verdient haben. Aber es macht erstens keinen Sinn, Bernd, Matthias oder Simon für Klaus, Martin und Jürgen büßen zu lassen. Und zweitens, die grob fahrlässigen Fehler, die man bei den Vorgängern machte, nun durch überdosiertes Sicherheitsdenken bei den Nachfolgern ausmerzen zu wollen. Die meisten Menschen verschenken ihre Gefühle, ihre Zuneigung gern freiwillig, anstatt zum Beziehungsappell antreten zu müssen. Und fast alle finden es viel aufregender, wenn sich da etwas ganz frei entwickeln kann und nicht der gesamte Verlauf der Anbahnung quasi Vertragsverhandlungen ähnelt. »Also, wir hatten Sex, heißt das, du meinst es ernst? Ist es Liebe? Wo siehst du uns in einem Jahr? Willst du Kinder? Wie viele? Sag mir, was genau du an mir unwiderstehlich, hinreißend, atemberaubend findest.« Klar: Wenn sich einer nach einem Jahr noch nicht dazu äußern mag, ob man jetzt ›eine‹ Freundin, der Lebensmensch, eine Bekanntschaft ist. Wenn er nicht einmal sagen konnte: »Ich liebe dich zum Verrücktwerden!« Wenn einer so gar keine Pläne machen will, alles andere wichtiger ist, er sich nicht mal die bedeutsamsten Ereignisse in unserem Leben merken mag noch darüber sprechen möchte. Wenn ihn nicht interessiert, was wir beim Sex mögen, wenn er dauernd etwas auszusetzen hat, an uns, an dem, wie wir leben – DANN ist es schon fast zu spät für Misstrauen und sowieso höchste Zeit, sich nach Alternativen umzusehen. Aber es ist nicht die Schuld der netten Männer, wenn wir bei den miesen oft nur allzu bereit sind, Signale zu übersehen, die vermutlich noch vom Mars aus deutlich zu erkennen sind.
Trotzdem meint Lisa: »Wenn ich doch gleich weiß, was ich will, kann ich das auch vom anderen erwarten.« Ich sage: »Wie kannst du das wissen, wenn du jemand noch gar nicht so gut kennst? Und eigentlich ist es doch gerade das Spannende, das ganz allein zu zweit in herrlichen Selbstversuchen – im Bett, im Kino, beim Essen, beim Spazierengehen, im Urlaub – herauszufinden, anstatt sich gleich eine Gebrauchsanweisung für den anderen geben zu lassen.« Kann ja auch sein, dass der vielversprechende Kandidat an sich kein Freund von langen Wanderungen ist, aber für Lisa eine Ausnahme machen würde. Und sie wiederum entdeckt, dass es ein Fehler war, von vornherein jeden Kerl ausschließen zu wollen, der sich für Fußball interessiert. Weil sie nun – so im Nahkontakt – feststellt, wie unwichtig es ist, ob Martin eine Dauerkarte für Eintracht-Frankfurt-Spiele besitzt, er sogar noch Eishockey-Fan sein könnte, weil sonst diesmal wirklich alles stimmt. Nein, Lisa hat so ihre Erfahrungen. Bislang hat niemand all ihre Prüfungen bestanden. Jeder ist abgesprungen. Für sie wieder mal eine Bestätigung dafür, dass Männern grundsätzlich nicht zu trauen ist.
Kein Wunder. Niemand interessiert sich langfristig für jemand, der einem von Anfang an die Bindungsfähigkeit eines Braunbären unterstellt. Liebe sollte aber auf keinen Fall in Selbstbestrafung münden. Und bevor man sich mit seinen Enttäuschungen häuslich einrichtet und dauernd so einen bitteren Beigeschmack auf der Zunge hat, ist es dringend zu empfehlen, nicht die Guten bloß wegen der Bösen zu verpassen, den Netten nicht das Misstrauen entgegenzubringen, das eigentlich pronto per Direktüberweisung auf das Konto der Unnetten gehört. Selbst wenn man wirklich