Der Sohn des Apothekers. Ulrich Hefner

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Название Der Sohn des Apothekers
Автор произведения Ulrich Hefner
Жанр Триллеры
Серия
Издательство Триллеры
Год выпуска 0
isbn 9783839265260



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einer Stunde treffen wir uns im Konferenzraum. Ich muss noch ein paar Telefonate führen.«

      Hanna nickte und lächelte. »Okay. Also dann, bis später.«

      *

      Justin Belfort war am Mittag in den Klosterkrug zurückgekehrt.

      Die Wirtin hatte ihn misstrauisch gemustert, als er die Gaststätte betrat und nach dem Zimmerschlüssel verlangte. »Leider kann ich Ihnen keinen Nachlass geben, obwohl Sie das Zimmer in der letzten Nacht nicht benutzt haben.«

      »Ich brauche das Zimmer noch für eine weitere Woche«, antwortete er. »Meine Redaktion überweist den Betrag.« Ohne auf eine Antwort zu warten, setzte er den Weg zur Treppe fort.

      Mit offenem Mund schaute die Wirtin ihrem Gast nach, der die Treppe hinaufging und hinter der Ecke verschwand. Schließlich schüttelte sie den Kopf, umrundete das Empfangspult und betrat den Gastraum, wo drei Gäste am Stammtisch zu Mittag aßen. Oberkommissar Klein war einer von ihnen, die beiden anderen waren der Unternehmer Stolz und der Mardorfer Arzt Dr. Rosenberg. Sie wohnten allesamt in Tennweide und nahmen meist gemeinsam das Mittagessen im Klosterkrug ein.

      »Der Reporter ist wieder da.« Sie trat an den Tisch. »Er will noch bleiben, eine Woche.«

      Stolz schaute Klein fragend an. »Was will er noch hier?«

      »Er forscht nach«, antwortete Dr. Rosenberg. »Er gehört zu Direkt, habe ich gehört. Die sind für ihre Reportagen bekannt. Die kratzen nicht nur an der Oberfläche.«

      »Aber hier wird er nichts finden«, sagte die Wirtin.

      »Wer weiß«, antwortete der Arzt geheimnisvoll.

      »Die anderen Reporter sind hier aufgetaucht, haben ein paar Fotos gemacht und sind sofort wieder verschwunden, nachdem ihnen klar war, dass niemand mit ihnen reden will, aber der Kerl ist anders. Ich habe gehört, dass er in Mardorf in der Apotheke war und mit Thiele gesprochen hat.«

      Stolz schaute den Polizisten ungläubig an. »Thiele hat noch nie mit einem von der Presse gesprochen.«

      »Er soll beinahe eine Stunde in der Apotheke gewesen sein und Thiele ist mit ihm ins Hinterzimmer gegangen.«

      »Wer sagt das?«, fragte Stolz.

      »Ich habe meine Quellen«, antwortete Klein.

      »Egal«, mischte sich die Wirtin ein. »Mir ist der Kerl nicht geheuer.«

      »Du hättest ihm einfach nur das Zimmer verweigern müssen«, scherzte der Arzt.

      Magda Tanges gab einen abfälligen Zischlaut von sich. »Ich lebe davon und bis zur Saison vergehen noch ein paar Tage. Ich muss sehen, wo ich bleibe. Außerdem würde er in Mardorf sofort eine andere Übernachtung finden. Dann wäre er auch jeden Tag hier.« Sie wandte sich um und stapfte davon.

      »Wenn’s um Geld geht, versteht die Magda keinen Spaß«, scherzte der Arzt und zuckte mit der Schulter.

      »Egal, der Kerl verbreitet überall nur Unruhe«, sagte Stolz, der ein großes Bauunternehmen leitete. »Wir müssen aufpassen, dass er unser Geschäft nicht kaputtmacht. Erinnert euch: Damals, als die Sache mit den Mädchen in der Presse breitgetreten wurde, ging die Zahl der Übernachtungen um über vierzig Prozent zurück.«

      »Ich werde ein Auge auf ihn haben«, entgegnete Oberkommissar Klein.

      *

      Hanna Kowalski saß alleine am langgestreckten Tisch, der Platz für gut zwölf Personen gehabt hätte, und hatte einen Laptop auf ihrem Schoß. Als Trevisan den Raum betrat, schaute sie nur kurz auf.

      »Wo ist Lisa?«, fragte Trevisan.

      »Teufelchen hat sie zu sich bestellt«, antwortete Hanna. »Es geht da um irgendwelche Plakate.«

      Trevisan nickte und zog sich einen Stuhl heran. »Was hältst du von der Sache?«

      Hanna klappte den Computer zu und platzierte ihn vor sich auf dem Tisch. »Das ist eine ganz schön verworrene Geschichte. – Ich habe gesehen, ihr habt das meiste schon in das Spuran-Programm eingearbeitet.«

      »Wir waren eben fleißig«

      »Und die Plakate?«

      Trevisan räusperte sich. »Wir legen neue Fahndungsplakate auf und stellen gezielte Fragen zu dem Fall. Vielleicht erinnert sich noch jemand an die Sache und hat irgendeinen ungewöhnlichen Vorgang beobachtet.«

      »Das ist aber schon drei Jahre her«, gab Hanna zu bedenken.

      »Trotzdem«, konterte Trevisan. »Es gibt Zeugen, die sich erst nach einigen Jahren melden, weil sie kurz nach der Tat denken, ihre Beobachtungen wären nicht so wichtig. Aber wenn man noch mal an sie herantritt, dann sprudelt es manchmal nur so aus ihnen heraus. Vielleicht haben wir ja Glück und es ist etwas Verwertbares dabei.«

      »Du warst in Wilhelmshaven beim FK 1, habe ich gehört.« Hanna musterte Trevisan von oben bis unten.

      »Am Ende war ich Leiter des FK 1, stimmt.«

      »Es wird erzählt, dass Verbrecher deine Tochter entführt hätten und umbringen wollten«, hakte Hanna nach.

      »Ja, auch das ist richtig, wir konnten sie in letzter Sekunde retten. Ein halbes Jahr später ist meine Tochter zusammengebrochen und auch mich hat es erwischt, Burnout nennt man das.«

      »Deine Tochter ist in Langenhagen?«

      »In einer Außenstelle für PTBS-Erkrankte, aber sie macht sehr gute Fortschritte. Zurzeit ist sie in Irland. Und du bist alleinerziehend und hast einen Sohn?«

      Hanna nickte. »Aha, ich sehe, auch du hast deine Hausaufgaben gemacht. Ja, mein Sohn ist sechzehn, ein schwieriges Alter.«

      »Meine Tochter ist im gleichen Alter, das ist nicht immer einfach. Aber lass uns nun wieder auf den Fall zurückkommen. Man lernt sich am besten kennen, wenn man miteinander arbeitet. Du warst schon im Ermittlungsdienst, habe ich gehört.«

      »Sieben Jahre bei der Sitte in Oldenburg, das hat gereicht. Der Job hier ist weitaus angenehmer. Smisek hat uns immer als Zuarbeiter bezeichnet.«

      »Diesmal ist das anders, diesmal führen wir die Ermittlungen. Deswegen musst du mir sagen, ob du die Möglichkeit hast, dich zu Hause für ein paar Tage oder Wochen auszuklinken. Es sollte jemand nach Flensburg fahren, um mit den Kollegen dort über Tanja Sommerlath zu reden, und dabei dachte ich an dich.«

      Hanna zupfte ihre langen Haare zurecht. »Max ist die nächsten Tage auf einer Studienreise mit seiner Klasse.«

      »Das trifft sich gut«, sagte Trevisan. »Dann fährst du mit Lisa nach Flensburg und nach Kopenhagen und ich schaue mich am Steinhuder Meer um.«

      Noch bevor Hanna antworten konnte, wurde die Tür aufgestoßen und Oberrat Engel betrat den Raum. Lisa war in seiner Begleitung, sie schaute geknickt drein.

      »Kollege Trevisan, können wir uns einmal kurz unterhalten?«, fragte Engel mit leicht unterwürfigem Ton. »Unter vier Augen.«

      »Wenn es um den Fall geht, dann sollten alle zuhören, die es betrifft.« Trevisan drückte Hanna, die sich erheben wollte, an den Schultern auf ihren Stuhl zurück.

      Engel schaute ihn an und erkannte offenbar, dass er wohl keine andere Möglichkeit hatte, wollte er sein Anliegen vorbringen.

      »Kollege Trevisan«, holte der Oberrat förmlich aus. »Ihre etwas unorthodoxe Art, an die Dinge heranzugehen, wirkt ein klein wenig befremdend auf mich. Wissen Sie, die Sache mit den Fahndungsplakaten und den Pressemitteilungen hätten Sie mit mir absprechen müssen. Ich denke, als Leiter …«

      »Herr Engel«, fiel ihm Trevisan ins Wort. »Sie haben mir diesen Fall übertragen und, wenn ich mich noch richtig erinnere, freie Hand gegeben. Wenn ich Sie richtig verstanden habe, dann sollen wir die Tat aufklären und nicht verwalten. Aber wenn Sie glauben, dass Sie die Ermittlungen vor Ort leiten sollten, dann ist es mir auch recht. Mit Flensburg und Kopenhagen ist alles abgesprochen, Sie müssen nur noch fahren. Man