Grundlos heiter. Harald Malz

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Название Grundlos heiter
Автор произведения Harald Malz
Жанр Контркультура
Серия
Издательство Контркультура
Год выпуска 0
isbn 9783934900516



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Menschen pflegen, behindern die Dschinn nicht in ihren Aktivitäten. Zumurrud, dem ja fad war, klatschte in die Flammenhände, und es erschien das entzückendste Wesen, schlank und biegsam wie eine Gerte, mit weiblichsten Formen, was allerdings nur im Schattenriss zu sehen war, wie im schwarzen Ganzkörperbikini. Es war Djamila, was die Schöne bedeutet. Sie eilte auf den großen Zumurrud zu. Was nun geschah, ist fast unmöglich zu schildern. Große Rauchentwicklung, flammendes Brausen, leckende Flämmchen, enorme Protuberanzen, also heftige Materieströme, und alles in überirdisch schönen Farben, in glühendem Rot und warmem Gelb, ohne penetrant zu wirken, und immer wieder von schwarzen Schleiern und netzartigen Strukturen durchbrochen und durchwoben. Ein wogendes Schauspiel, das sich über viele Stunden hinzog und die beiden Wesen in vollkommener Harmonie zeigte.

      Der Widerschein des schönen Paares aus Rauch und Feuer spiegelte sich auf den facettierten, glänzenden Oberflächen der Granate, Saphire, Achate, Rubine, Türkise, Smaragde, Diamanten, Lapislazuli und Topase, die den Schatz des großen Zumurrud bildeten und die auf dem Höhlenboden aufgehäuft waren.

      Deren Reflexionen wiederum flirrten über die Höhlenwände, es blitzte und glitzerte so sehr, dass menschliche Augen daran erblindet wären. »Come on, baby, light my fire!«, flüsterte Zumurrud seiner Geliebten ins feurige Ohr. Sie ließ ihre glühenden Fingerspitzen zart über seinen Flammenkörper gleiten, und beide ließen einen nicht zu dechiffrierenden Wohlgesang aus ihren Feuermündern tönen.

      Eigentlich nicht ermattet, aber in höchstem Maße zufrieden, ließen die beiden endlich voneinander ab und sanken beglückt auf den feuerfesten Höhlenboden.

      Neben seiner Flaschensammlung, den Gefängnissen vieler befreiter Dschinn, die der Mächtige ebenfalls in seiner Höhle aufbewahrte, stand sein Notebook neuester Bauart. Zumurrud musste beim Bedienen seines Computers immer ein bisschen vorsichtig sein, um das Gerät nicht durch zu große Hitze zu zerstören.

      Dem Dschinn fiel der seltsame Mann ein, dem er das Auto aus einem Baum geholt hatte. Die Menschen mussten umständliche Blechgefährte benutzen, um ein bisschen schneller voranzukommen. Dschinn brauchten das nicht. Der seltsame Mann hatte noch einen Wunsch frei, entsann sich der große Zumurrud. Und der Mächtige hatte seine E-Mail-Adresse.

      Ich kontrolliere regelmäßig den Posteingang meines E-Mail-Kontos. Vorgestern fand ich unter anderem eine Mail mit dem Absender »Der große Zumurrud. Da hieß es: »Ich, der große Zumurrud, fordere dich, Erdenwurm, ultimativ auf, deinen dritten Wunsch zu formulieren. Sonst wird er verfallen. Falls du, Erdenwurm, ihn vergessen haben solltest, ich habe ihn nicht vergessen. Und ich bin gehalten, zugesagte Wünsche auch zu erfüllen, denn meine Dschinn-Ehre verpflichtet mich dazu. Also nimm mit Hilfe dieses lächerlichen Internets Kontakt zu mir auf, um mir deinen dritten Wunsch mitzuteilen.

      Es grüßt, gerade noch huldvoll, der vielleicht mächtigste Dschinn, Zumurrud«

      Fassungslos saß ich vor meinem Laptop. Eine E-Mail aus der Welt der Geister. Ich hatte den Mächtigen durchaus kennengelernt. In Pferde- und anderer Gestalt. Er hatte meinen alten VW vom Baum geholt und ihn im Handumdrehen in ein verkehrstüchtiges Fahrzeug verwandelt. Nun also musste ich über meinen dritten Wunsch nachdenken. Verfallen lassen kam nicht in Frage. Im ersten Augenblick dachte ich daran, dass mir der Geist bei der eigenen Verjüngung und der Eroberung schöner Frauen behilflich sein könnte, so, wie sich Faust von Mephisto in der gleichnamigen Tragödie Goethes hatte helfen lassen. Dann aber appellierte ich an das Gute in mir, oder das Gute in mir appellierte an mich. Und ich sann hin und her. Endlich wusste ich, was ich mir wünschen sollte: Den Weltfrieden. Also schrieb ich: »Sehr mächtiger und verehrungswürdiger Zumurrud, nachdem ich lange über meinen dritten Wunsch nachgedacht habe, wünsche ich mir Nichtswürdigem nichts weniger als den Weltfrieden. Mit vorzüglicher Hochachtung, Johannes Gutbrod«

      Mit einem Mausklick schickte ich meine elektronische Botschaft in die Höhle des mächtigen Zumurrud. Kaum hatte ich die linke Maustaste gedrückt, als es auch schon rauschte und brauste und unerträglich heiß wurde in meiner Studierstube. Ich wandte mich unter Schauern um: Da war er erschienen, der große Zumurrud, im Feuerkleid, in seiner ursprünglichen Gestalt. Er sengte den Teppich an, die Bücher im Regal fingen an zu glimmen, der Rauchmelder schlug Alarm. Der Dschinn sah sehr wütend aus. »Wie kannst du es wagen, einen solchen Wunsch zu äußern, Erdenwurm?« Schauerlich klang seine Stimme, tief, grausam, hohl, verzerrt und mit Hall, gewaltiger als es Hollywood-Tonstudios zu leisten imstande gewesen wären. »Eine Aufgabe, die nicht einmal der Allmächtige bewältigen kann«, grollte er. »Ich hätte nicht übel Lust, dich zu töten wegen deiner Frechheit!« Flammen loderten bis zur Zimmerdecke. Mein Puls raste, auf meiner Stirn bildeten sich kleine Schweißperlen. »Ich ziehe meinen Wunsch zurück«, krächzte ich überaus kleinlaut. Mein Mund war sehr trocken. »Okay, ich will bescheiden sein: Ich wünsche mir den Konzertflügel D 274 von Steinway & Sons.« »Gehe hinunter ins Wohnzimmer, er steht schon da«, fauchte der Geist und war innerhalb eines Wimpernschlages unter Hinterlassung von Brandgeruch verschwunden. Ich habe nie wieder etwas von ihm gehört.

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