Stolps Reisen: Damals und heute, von den Anfängen bis zum Massentourismus. Jürgen Dittberner

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Название Stolps Reisen: Damals und heute, von den Anfängen bis zum Massentourismus
Автор произведения Jürgen Dittberner
Жанр Книги о Путешествиях
Серия
Издательство Книги о Путешествиях
Год выпуска 0
isbn 9783838275116



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kund. Ständig würde er in diesem Blatt falsch dargestellt. Wenn das so weiter ginge, würde er die Zeitung „verbieten“.

      Der Herr hatte einen Witz gemacht, denn er wusste natürlich, dass kein Gouverneur in den USA eine Zeitung verbieten konnte.

      Der Ausschuss besuchte den Campus der berühmten Harvard-Universität. In einem gewaltigen Lesesaal imponierte es Stolp, dass auch seine eigenen wissenschaftlichen „Werke“ vorhanden waren. Er zeigte es voller Stolz seiner Ausschussvorsitzenden, und die nahm es wohlwollend zur Kenntnis.

      In New York schließlich besichtigten die Parlamentarier die „State University New York“ und die „New School of Social Science“. „Schließlich wollen wir auch sehen, dass es in den USA nicht nur Eliteuniversitäten gibt. Für den wieder bevorstehenden deutschen Hausgebrauch wird das sehr beruhigend sein!“, ätzte Stolp, und Frau Dr. Schlechter fand, dass er Recht hatte.

      Knallschoten in Orlando

      Es ging die Kunde, die Vereinigten Staaten von Amerika könnten nicht nur Demokratie und Ökonomie besser als die Europäer, sondern auch die Erzeugung, den Konsum und die Bekämpfung von Drogen. Also pilgerten der Drogenbeauftragte einer deutschen Großstadt und sein Chef nach „New York“, „Washington“ und „Miami“, um die „Szenen“ dort zu studieren.

      Die Sache fing komisch an: In „New York“ wollten die Amerikaner den Drogenreisenden aus Europa die Ankunft erleichtern, und so ließen sie deren vorher genau beschriebenes Gepäck vor dem sonstigen der Passagiere eines Riesenflugzeuges sofort in deren Hotel bringen. Als auch die „Drogenreisenden“ selber endlich im Hotel angekommen waren, öffnete der Vorgesetzte des Beauftragten seinen Koffer und – staunte: Das war nicht sein Gepäck, denn statt Hemden, Socken, Unterhosen und Schlipsen war darin Seifenpulver verstaut: X Pakete.

      Der herbeigeeilte Beauftragte witzelte: „Das ist bestimmt alles getarntes Heroin!“ Doch der Vorgesetzte hatte schon die Fluggesellschaft informiert, und dort hieß es: „Da müssen wohl zwei gleiche Koffer vertauscht worden sein. Forschen Sie doch im Koffer bitte nach einer Adresse des Besitzers.“ Die Adresse wurde gefunden: „Das ist der Koffer von Herrn Meyer aus ‚Nürnberg‘. Der fliegt nach ‚Orlando‘ und ist noch völlig ahnungslos.“ – „‚Orlando?‘“ – „Ja“, kam die Antwort: „Kennen Sie das nicht: Da fliegen doch die Knallschoten alle hin!“

      Nachts um vier stand ein livrierter Schwarzer vor der Hotelzimmertür, hielt einen Koffer in der Hand und erklärte mit breitem Grinsen: „Your luggage, Sir!“ Alles war wieder gut. – Aber was hatte der Herr Meyer aus „Nürnberg“ mit dem vielen Waschpulver in „Orlando“/Florida eigentlich vorgehabt?

      Die Fachgespräche in „New York“ waren wenig ergiebig. Hier gab es wie zu Hause Jugendheime, in denen auch „gekifft“ wurde. Amerikanische Sozialarbeiter berichteten von ihren Kämpfen dagegen und von ihrer Hilflosigkeit. Es war wie zu Hause; Neues zu lernen war hier nicht.

      Beim Laufen zwischen den Hochhäusern der großen Stadt verspürten die Besucher jedoch die Kälte. Es war Februar, und eiskalter Wind pfiff unablässig durch die Straßenschluchten. Diese waren menschenleer. Februar in „New York“: Kein Tourist war zu sehen!

      Weiter ging es nach „Washington“, in die Hauptstadt.

      Auch hier gab es zunächst eine Überraschung: Die beiden waren von der deutschen Bundesregierung in einem pittoresken Hotel untergebracht. Nach dem Frühstück stürmte der Beauftrage zu seinem Chef: „Mir ham’se die Aktentasche geklaut!“ – Was nun? Polizei holen, das Hotelpersonal alarmieren? Schließlich landeten die beiden am Schreibtisch des Hoteldirektors. Der fragte: „O.k.: Was war ihre Tasche wert?“ Der Beauftragte zögerte, stammelte dann aber: „Vierhundert Dollar!“ Daraufhin öffnete der Direktor einen Safe, blätterte vier Einhundert-Dollarnoten hin und erklärte: „Damit ist die Sache erledigt! Keine Polizei!“ Hinterher räsonierte der Beauftragte: „Hätt‘ ich doch achthundert Dollar gesagt!“ – In Wirklichkeit war die Aktentasche nicht viel wert, und innen drin hatte sich nur belangloses Zeug befunden…

      Dann ging es zum Dienstgeschäft. Die „Drogenforscher“ aus Deutschland kamen in ein Washingtoner Ministerium und wurden einer Delegation aus Argentinien vorgestellt. Die hätten das gleiche Anliegen wie die Deutschen. Zusammen mit den Argentiniern wurden die beiden in einen Konferenzsaal gebeten. Dort trat ein Herr auf, der den Angereisten messianisch erklärte, wie die USA nunmehr das Drogenproblem beseitigen würden. Die Argentinier sagten gar nichts, und die Deutschen sahen sich fragend an: „Was folgt daraus für uns zu Hause?“

      Abends gingen beide mit der „Aktentaschenbeute“ in ein feines Fischrestaurant, vor dem Wachmänner darauf achteten, dass keine „homeless people“ eintraten. Der linke Drogenbeauftragte aus einer deutschen Großstadt bemerkte beim Schmausen: „Ist doch schön, dass sie uns hier die Penner vom Leib halten!“

      Die dritte Station auf dem Drogentrip war „Miami“. Hier war es warm wie in Deutschland im Sommer. Den Gästen wurde erklärt, deutsche Fahnder seien hier stationiert, um den Amerikanern zu helfen, den Anbau von Drogen in Südamerika zu verhindern.

      Dann erhielten sie eine Einladung zu einer Gartenparty. Gastgeber war ein Flugpilot mit seiner Familie. Der Garten war durch einen übermannshohen Zaun geschützt. Er sollte wohl Insekten abhalten. In mehreren Reden machten die Amerikaner deutlich, es käme darauf an, Piloten mindestens vierundzwanzig Stunden vor einem Flug vom Drogenkonsum abzuhalten. Piloten seien nämlich besonders gefährdet.

      Der deutsche Drogenbeauftragte sann darüber nach, wo es bei ihm zu Hause suchtgefährdete Piloten gab. Und als sie wieder im Flieger über dem Atlantik saßen, murmelte er vor sich hin: „Piloten kommen eigentlich selten in unsere Heime…“

      Holocaust-Gedenkstätten

      Ende September wird es noch sehr heiß in „Washington“. Schon am Vormittag um neun stach die Sonne beträchtlich. Vor einem der trutzigen Museumsbauten aus grauem Feldstein standen Leute Schlange und warten auf Einlass. Sie waren leger gekleidet, in Shorts, Trainingsanzügen oder Jeans. Eine übergewichtige Frau trug sehr unvorteilhaft kurze Blümchenhosen, darüber ein straffes weißes T-Shirt. Es bildete sich eine Schlange bis zum hinteren Teil des Gebäudes, an dem ganz untypisch eine Backsteinfassade zu sehen war, die deutsche Besucher an ein wilhelminisches Gymnasium erinnerte.

      Die Menschen warteten auf den Einlass in die Räumlichkeiten des „United States Holocaust Memorial Museum”. Sie wollten sich informieren über die Geschichte der Verfolgung und Ermordung der Juden in Europa durch die Nationalsozialisten. Ihnen standen anstrengende Stunden bevor. Als sie endlich eingelassen wurden, kamen sie in eine lichte Halle, deren Wände aus rotem Backstein gemauert waren. Über der Halle befand sich ein Stahl-Glas-Dach. Diese Architektur erinnerte an preußische Industriebauten. Inmitten der Halle war ein großer „Counter”, in dem vier Personen damit beschäftigt waren, die Besucher zu beraten und zu bedienen. Geradezu befand sich eine schwarze Marmorwand mit der Aufschrift „You are my Witnesses”. Rechts ging es über eine Art stählerne Zugbrücke durch ein großes Tor, hinter dem die Ausstellung “Remember the Children – Daniels Story” wartete.

      Das Museum insgesamt war darauf angelegt, durch individuelle Bezüge Betroffenheit beim Besucher zu erzeugen. Die Geschichte Daniels sollte dessen Weg vom Elternhaus in die Vernichtungsmaschinerie darstellen und tiefer haften bleiben als Zahlen und Statistiken über den Völkermord: Das war die Philosophie der Ausstellung, durch die sich (in Halbdunkel gehüllt) die Menschen bewegten. Sie schritten durch die Weimarer Zeit, sahen etwas über die Machtergreifung, das große Pogrom, den Weltkriegsbeginn, die KZs, die Eroberungen der Wehrmacht, die Vernichtungslager, die Gasöfen.

      An einer Stelle wurden Filme über besondere Grausamkeiten gezeigt: Euthanasieprogramme und Mordkommandos. Die Monitore waren in den Fußboden