Название | Die Stunde der Apachen: 12 Romane einer großen Western-Saga |
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Автор произведения | Pete Hackett |
Жанр | Вестерны |
Серия | |
Издательство | Вестерны |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783745213249 |
Wilburn saß ab und ging ins Haus. Auch hier war alles verstaubt. Es roch muffig. In der Küche befand sich ein aus Feldsteinen gemauerter Herd, eine aus groben Ästen gefertigte Bank, ein Tisch, dessen Beine vier Pfosten bildeten, die einfach in die Erde geschlagen worden waren. In den Ecken zogen sich verstaubte Spinnenweben, in denen tote Fliegen hingen.
Wilburn ging in den anderen Raum. Das Mobiliar bildeten zwei grob aus dünnen Fichtenstämmen gefertigte Betten. Matratzen und Bettzeug fehlten. Die vier Eckpfosten der Betten bestanden ebenfalls nur aus armdicken Pfählen, die in die Erde gerammt worden waren.
Wilburn verließ das Haus.
Einer seiner Kumpane kam aus einem flachen Schuppen. Die anderen inspizierten Stall und Heuschober.
»Sieht aus, als hätten die Bewohner das Weite gesucht«, sagte Wilburn. »Wahrscheinlich fürchteten sie einen Überfall durch die Rothäute.«
Die anderen kamen in den Hof.
»Wir bleiben hier, solange wir uns in der Wildnis aufhalten«, beschloss Wilburn. »Da haben wir wenigstens ein Dach über dem Kopf. Ehe der Winter hereinbricht, begeben wir uns nach Tucson.«
Die anderen waren einverstanden. Hier gab es Heu und Stroh, und ein Dach über dem Kopf war in der Tat nicht zu verachten. Hierher konnten sie sich immer wieder zurückziehen und sich verkriechen.
»Warum gehen wir nicht nach Ojo Caliente?«, fragte Glenn Farley, einer der Skalpjäger. »Dort oben könnten wir zig Skalpe machen. Und wir müssten nicht befürchten, selbst skalpiert zu werden.«
Das war traurige Wahrheit. Nachdem im Arizona-Territorium Prämien für Skalps gezahlt wurden, machten die Skalpjäger auch vor Frauen und Kindern nicht halt, sie töteten selbst Mexikaner und skalpierten sie. Einem Skalp sah man es nicht an, ob er von einem Krieger, einer Squaw, einem Kind oder einem schwarzhaarigen Mexikaner stammte.
»Weil ich Victorio erwischen und das Kopfgeld kassieren will«, versetzte Wilburn.
»Na schön«, knurrte Dexter Morgan, ein anderer der Kerle. »Dann richten wir uns häuslich ein hier. Hier könnten wir sogar einige Zeit überwintern.«
»Wir müssten uns Vorräte anschaffen«, versetzte Wilburn. »Viel zu viel Aufwand. Daher begeben wir uns im November nach Tucson.«
*
Die Soldaten schleppten sich dahin. Die Gesichter waren eingefallen, die Augen lagen tief in den Höhlen. Staub und Schweiß hatten unter der Kleidung die Haut der Soldaten aufgescheuert. Es war ihnen gelungen, ein Reh zu schießen. Sie brieten es über einem Feuer und verzehrten das Fleisch halb roh. Das Land forderte von ihnen gnadenlos und unerbittlich seinen Tribut. Sie hatten die Plains of Saint Augustine erreicht, eine staubige, teilweise grasbewachsene Ebene mit Kakteenfeldern und Comas sowie anderem Dornengebüsch. Im Norden erhob sich der Horse Peak mit fast 9.500 Fuß, dahinter buckelten die Mangas Mountains. Es war die Hälfte der Strecke, die sie zurücklegen mussten.
Sie zogen über die Ebene hinweg. Die Soldaten bewegten sich wie von Schnüren gezogen. Die Signale, die die Gehirne aussandten, blieben von den Körpern teilweise unbeantwortet. Es war nur noch ein mechanischer Bewegungsablauf, bar jeglichen Willens und jeglichen Gedankens, der sie einen Fuß vor den anderen setzen ließ.
Dann brach einer der Soldaten zusammen. Der Sergeant half ihm auf die Beine. Zwei seiner Kameraden schleppten ihn mit sich. Der Wind trieb ihnen Wolken von Staub entgegen. Obwohl es schon Oktober war, brannte die Sonne heiß vom Firmament. Bäche von Schweiß zogen helle Bahnen in die verstaubten Gesichter. Schweiß durchweichte unter den Achseln und zwischen den Schulterblättern die Uniformhemden und färbte sie dunkel. Es gab keinen Schatten. Die Aasgeier folgten den Kavalleristen.
Es war wieder Mittag. Sie rasteten auf dem Kamm einer Bodenwelle, von der aus der Blick in die Umgebung frei war. So konnten sie es sich ersparen, Wachen aufzustellen. Die Soldaten ließen sich einfach zu Boden fallen. Es bedurfte schroffer Befehle, um sie zu veranlassen, die Verwundeten von den Pferden zu heben.
»Ich will trinken«, krächzte einer der Kavalleristen. »Verdammt, wir haben ebenso Durst wie die Verwundeten. Ich trinke jetzt einen Schluck, Lieutenant. Und Sie werden es zulassen.«
»Das restliche Wasser ist für die Verwundeten und die Pferde bestimmt«, stieß Whitlock hervor. »Noch zehn Meilen, dann stoßen wir auf einen Creek. Dann könnt ihr trinken.«
»Zehn Meilen! Ich halte keine zwei Meilen mehr durch ohne Wasser.« Der Soldat wankte auf eines der Pferde zu, an dessen Sattel die Wasserflasche hing. Er griff nach der Flasche und hakte sie los, dann wollte er sie aufschrauben.
Mit drei Schritten war Whitlock bei ihm. »Sie missachten meinen Befehl, Reiter Henders!«, knirschte er und streckte die rechte Hand aus. »Geben Sie mir die Flasche.«
»Verdammt, Lieutenant, ich...«
»Ich verlange von Ihnen nichts, was ich nicht von mir selbst fordere, Soldat. Also her mit der Flasche.«
»Nein.« Der Soldat drehte am Verschluss.
Whitlock trat an ihn heran und schlug ihm die Canteen aus den Händen. Sie fiel in den Staub. Da der Verschluss schon herumgedreht worden war, lief etwas von dem Wasser aus und tropfte in den Staub. Schnell bückte sich der Lieutenant nach der Flasche. Da ließ Tom Henders sein Bein vorschnellen. Er war nicht mehr Herr seiner Sinne. Sein Fuß traf Whitlock unter dem Kinn. Dessen Kopf wurde in den Nacken geschleudert, er ließ die Flasche fallen, kippte aus seiner kauernden Haltung nach hinten und saß am Boden.
»Sind Sie verrückt geworden, Henders?«, keuchte er. »Das...«
Henders bückte sich schon wieder nach der Flasche. Der Sergeant trat heran und riss ihn am Hemdkragen zurück. Henders schrie auf, seine Hände griffen ins Leere und er fiel auf den Rücken. Sofort versuchte er, hochzukommen. Aber Burmester stand breitbeinig über ihm. Und er schmetterte ihm die Faust von der Seite gegen das Kinn, als sich Henders in sitzende Haltung erhob. Aufbrüllene kippte er zur Seite. Seine Finger verkrallten sich im Untergrund. Sein Atem ging stoßweise und rasselnd.
Henders' Bein zuckte hoch. Er traf den Sergeant in den Leib. Burmester presste beide Hände in seinen Schritt und krümmte sich. Die Augen quollen ihm aus den Höhlen, sein Mund klaffte auf, doch der Schrei erstickte in der Kehle. Nur ein verlöschendes Röcheln platzte über seine rissigen Lippen. Übelkeit stieg in ihm auf. Er hatte gegen eine große Not anzukämpfen...
Doch jetzt war Whitlock wieder auf die Beine gekommen. Er trat vor Henders hin, der sich mit lahmen Bewegungen, fast zeitlupenhaft langsam hochrappelte. Der Lieutenant schlug zu. Henders bekam seine Faust in den Magen, sein Oberkörper pendelte nach vorn, ein Schwinger Whitlocks richtete ihn wieder auf, mit den Armen rudernd taumelte er zwei – drei Schritte zurück, dann stolperte er und setzte sich erneut auf den Hosenboden.
»Nehmen Sie Vernunft an, Henders«, keuchte Whitlock, und er spürte die Schwäche wie flüssiges Blei durch seine Blutbahnen kriechen. »Ich schreibe es Ihrem kläglichen Zustand zu. Sie sind nicht mehr bei Verstand. Aber wenn sie das noch einmal versuchen, sorge ich dafür, dass Sie vor dem Kriegsgericht landen.«
Er hob die Feldflasche auf, schraubte sie zu und hängte sie an den Sattel.
Henders verbarg das Gesicht in seinen Händen. Seine Schultern zuckten. »Es – es tut mir Leid, Sir«, röchelte er. »Ich muss durchgedreht sein.«
»Es ist in Ordnung, Henders. Wir schaffen es. Mein Wort drauf. Wir kommen durch.«
Whitlock war härter als alle anderen. Ihm ging es nicht nur um seine Person. Er wollte den kläglichen Rest seiner Patrouille lebend nach Fort Wingate bringen, den Unbilden und Strapazen, die das Land für sie bereit hielt, trotzen und diese Männer, für die er die Verantwortung trug, retten.
Das