Название | Es war einmal ein kleines Mädchen ... |
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Автор произведения | Brooke Shields |
Жанр | Биографии и Мемуары |
Серия | |
Издательство | Биографии и Мемуары |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783854454823 |
Mein Vater sollte sein Wort halten und für meine gesamte formale Ausbildung bezahlen – auch war er bei jeder meiner Abschlussfeiern dabei und strahlte vor Freude. Auch wenn der Wirbelwind des Lebens und die Emotionen, welche die Ereignisse von 1964 und 1965 begleiteten, ihre Spuren hinterließen, waren Mom und Dad dennoch nicht lieblos und sie waren in der Lage, stets eine gewisse Form von gegenseitigem Respekt und Verständnis füreinander aufzubringen.
Da ich meine Eltern nie wirklich als Liebespaar erlebt habe, blieben mir Gefühle der Schuld und des Verlusts in Bezug auf ihre Scheidung erspart. Ich wuchs heran und kannte sie – zumindest gab ich mir Mühe – beide unabhängig voneinander. Vom Tag meiner Geburt an – egal, ob sie nun ein Paar waren oder nicht – stellte meine Mom sicher, dass mein Dad mich regelmäßig zu Gesicht bekam.
Es war augenscheinlich, dass meine Mutter wollte, dass mein Vater eine Beziehung zu mir aufbaute. Auch wenn sie selbst nicht mit ihm zusammensein konnte, war es ihr ein Anliegen, dass ich ein Teil seines Lebens war. Sie ließ sich Wege einfallen, durch die mein Vater gezwungen war, mich zu sehen. Manchmal, wenn ich ihn eine Weile nicht gesehen hatte, zog mir Mom ein hübsches Kleidchen oder einen Strampelanzug an. Außerdem setzte sie mir noch ein Bonnet-Häubchen auf oder gab mir eine Schleife ins Haar. An den Füßen trug ich Spangenschuhe. Dann brachte sie mich zu dem Gebäude, in dem mein Vater arbeitete. Sie tat dies am Ende seines Arbeitstages. Mom wartete mit mir hinter einer Hausecke, von der aus man jedoch einen guten Blick auf den Eingang des Gebäudes hatte, bis mein Dad schließlich auftauchte. Als er auf die Straße trat, schob sie mich an und sagte: „Geh, geh zu Daddy!“ Sie erzählte mir, dass sie sich außer Sichtweite duckte und ich zu ihm rüber watschelte. Ein wenig überrascht und um meine Sicherheit besorgt, hob er mich dann hoch in seine Arme und suchte nach meiner Mom. Wenn sie sich dann zeigte, sagte er mit seiner ihm eigenen dröhnenden Stimme: „Jesus Christus, Teri, was zum Teufel machst du bloß?“
Nachdem wir ihm so aufgelauert hatten, bin ich mir nicht sicher, ob wir im Anschluss Zeit miteinander verbrachten oder ob sie nur ein wenig auf der Straße plauderten. Ich bin überzeugt, dass mein Dad in der Regel irgendwohin musste, aber Mom war schon zufrieden damit, zu wissen, dass sie ihn dazu gebracht hatte, sein Töchterchen zu sehen. Für mich bestand nie ein Zweifel, dass ich einen Dad hatte.
Ich habe sogar Fotos von Mom und Dad, wie sie mit mir die Fifth Avenue während der Osterparade entlangflanierten. Auf diesen Fotos bin ich etwa zwei oder drei Jahre alt und wir sehen wie eine völlig intakte, glückliche Familie aus. Mom ist sehr schick angezogen und trägt eine kurze, schwarz-weiß-karierte Jacke und einen weißen Pillbox-Hut. Dad sieht in Anzug und Krawatte wie immer adrett aus. Ich bin in einen zweireihigen Wollmantel gehüllt und trage außerdem noch einen weißen Hut. Meine weißen Strumpfhosen waren ein wenig verdreht oder zu groß und ein wenig dreckig auf den Knien, aber dafür glänzten meine schwarzen Spangenschuhe aus Lackleder. Zusammen waren sie ein umwerfendes Paar, nach dem sich die Leute immer umdrehten. Sie sahen nicht aus, als wären sie geschieden.
Aber auch wenn uns diese Fotos wie eine gewöhnliche Familie aussehen ließen, die Wahrheit sah anders aus. Von der Scheidung meiner Eltern an war mein Leben mit meiner Mom absolut einzigartig. Überraschenderweise gestaltete sich das Leben als alleinerziehende Mutter in New York City bequemer, als man denken mochte. Gelegentlich passten Babysitter auf mich auf und auch meine Patentante tat dies oft. Aber meistens war ich ein mobiles und erwünschtes Accessoire, das sich gut zu den innovativen Outfits meiner Mutter machte. Sporadisch besuchten wir mit dem Bus ihre Mom und ihre Geschwister in Paterson und Newark, aber zumeist blieben wir im guten, alten Manhattan. Mom nahm mich etwa auf Partys ihrer zahlreichen Freunde aus dem Modebusiness mit. Wir gingen in Dinner-Clubs oder ins Kino, sogar ins Theater, wo ich entweder schlief oder spielte, was mir offenbar lieber war, als bei irgendeinem Babysitter zu bleiben. Am liebsten war es mir, mich in der Nähe meiner Mutter aufzuhalten.
Obwohl es meiner Mutter gelang, mit den meisten Freunden, die sie während ihrer Zeit mit meinem Vater kennengelernt hatte, in Kontakt zu bleiben, hielt sie auch Freundschaften, die abseits seiner vornehmen Zirkel entstanden waren, aufrecht. Auch gewann sie weiterhin Freunde hinzu, von denen viele der Modebranche oder irgendeiner Form des Entertainments zuzurechnen waren. Sie freundete sich mit Fotografen und Stylisten, Designern und Künstlern an. Sie entwickelte einen sehr bunten Freundeskreis bestehend aus talentierten Menschen aus verschiedenen Bereichen des Lebens. Jede Woche besuchten wir irgendein riesiges Herrenhaus draußen in den Hamptons und besuchten in der City Jazzclubs, Kunst-Performances oder Fotoausstellungen. Sie frequentierte alle möglichen Szenen – zuerst mit mir auf dem Arm und später auf ihrer Hüfte. Es schien so, als würde Mom ihren eigenen neuen Weg beschreiten.
Ich war eines jener Babys, die man spätabends in Restaurants sieht, wie sie herumgereicht werden, um gekost zu werden, oder zur Toilette getragen werden, wo man ihnen neben dem Waschbecken die Windeln wechselt. Ich schlief tief und fest, eingelullt vom Klangteppich aus Stimmengewirr und klirrendem Geschirr. Jeder schrieb „Vergiss nicht, das Baby mitzubringen“ auf ihre Einladungen zu Dinnerpartys oder Cocktail-Abenden. Ich zeigte nur sehr wenig Scheu vor neuen Leuten und obwohl die Verbindung zu meiner Mom am stärksten war, lächelte ich auch bereitwillig Fremde an. Manche Dinge ändern sich einfach nie …
Mom zog mich immer wie ein Püppchen an. Ich trug gesmokte Kleider und gepresste Cotton-Bloomer-Outfits mit dazu passenden Hauben. Ich war stets blitzsauber und wie aus dem Ei gepellt. Mom investierte großen Aufwand, mich wie ein Mädchen aussehen zu lassen, da ich keine Haare hatte und sie die Leute immer wieder fragten: „Oh, wie heißt er denn?“ Mom klebte mir kleine, selbst gebastelte Schleifchen an meinen Kopf, damit die Leute wussten, dass ich ein Mädchen war. Aber selbst das half zumeist nicht viel. Einmal blaffte eine Frau im Aufzug meine Mutter an: „Warum tun Sie denn das? Warum kleben Sie pinke Schleifen an den Kopf eines kleinen Jungen?“
Mom erzählte Geschichten über meine Babyzeit genau so, wie sie das auch in Bezug auf ihr eigenes Leben tat. Ein Teil entsprach der Wahrheit, ein anderer war etwas ausgestaltet. Ein Beispiel dafür ereignete sich, als wir in der Fifty-Second Street lebten. Mom ließ mich, bevor ich zu gehen lernte, über den Gehsteig krabbeln. Offenbar passierten wir eines Tages auf einem dieser Ausflüge das Apartmentgebäude, in dem Greta Garbo lebte. Die Garbo befand sich gerade selbst auf dem Gehsteig und, so erzählt man sich, blieb stehen und sah zuerst mich und dann meine Mutter an. Sie nickte mit dem Kopf und ging dann weiter. Für Mom war dies eine offizielle Geste der Anerkennung vonseiten einer Legende. Sie glaubte, dass ich somit förmlich gutgeheißen und abgesegnet wäre als jemand, der der Welt seinen Stempel aufdrücken würde. Ich glaube, dass die Garbo sich einfach auf einem Spaziergang befand, als sie womöglich dieses krabbelnde Kind auf dem Bürgersteig bemerkte und irgendeine Geste in meine Richtung machte. Was das nun wirklich zu bedeuten hatte, kann unterschiedlich gedeutet werden. Nach allem, was ich weiß, könnte die königliche Garbo dieser sorglosen Mutter, die ihrem Baby erlaubte, sich auf dem Zement seine weichen Knie aufzuscheuern, auch einfach nur einen missbilligenden Blick zugeworfen habe. Oder schaute sie etwa tatsächlich in die ZukunMom und ich waren kaum einmal voneinander getrennt und ich tat alles, um sie glücklich zu machen und ihre Aufmerksamkeit auf mich zu lenken. Als ich so um die vier Jahre alt war, nahm sie mich in eine Piano-Bar mit und fragte mich, ob ich alleine zur Toilette gehen könne. Die Toilette war ein beengtes Örtchen, das sich in einer Mauernische befand. Als ich nicht umgehend wieder zurückkehrte, stand meine Mom auf und machte sich auf die Suche nach mir. Plötzlich hörte sie meine Stimme über die Soundanlage. Sie blickte hinüber zum Klavier und ich saß darauf, die Beine gekreuzt, und sang a cappella. Ich weiß nicht, ob der Klavierspieler mich begleitete oder nicht, aber laut meiner Mom konnte man meine Stimme im ganzen Lokal hören. Ich wusste, dass „Embraceable You“ und „My Funny Valentine“ die zwei Lieblingsstücke meiner Mutter waren. Sie sang sie mir oft vor, weshalb ich auch die