Shinobi - Der Weg der Schatten. Danny Seel

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Название Shinobi - Der Weg der Schatten
Автор произведения Danny Seel
Жанр Контркультура
Серия Shinobi
Издательство Контркультура
Год выпуска 0
isbn 9783347112254



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stand.

      „Ihr könnt ihn loslassen!“, rief Rintaro, der den Pfeil endlich vollständig herausgezogen hatte.

      Seine beiden Kameraden befolgten den Befehl nur zu willig. Doch sobald sie den Samurai losließen, schlug dieser Rintaro brüllend und aus Instinkt mit unmenschlicher Kraft ins Gesicht. Rintaro taumelte rückwärts, vom Schwung des Faustschlags angetrieben.

      „Meine Güte!“ Suzaku schien schockiert zu sein, als er zu seinem Waffenbruder rannte und ihm auf die Beine half. „Geht es dir gut?“

      „Na ja“, antwortete Rintaro, der sich das Kinn rieb und matt grinste. „Als Dankeschön habe ich etwas anderes erwartet.“

      Der Bushi beruhigte sich etwas, setzte sich auf und versuchte seinen Atem zu normalisieren.

      „Entschuldigung“, flüsterte er.

      Yujiro riss ein Stück seines Gewandes ab, um die Blutströmung zu stemmen.

      „Dies wird ein bisschen wehtun“, murmelte er und wickelte das Stück Stoff um den Fuß herum, das er schließlich mit einem kräftigen Knoten fixierte. Der Verwundete zuckte zwar auf, gab jedoch keinen Laut von sich. Sein vor Schmerz verzogenes Gesicht drückte deutlich aus, dass er von der ganzen Anspannung erschöpft war.

      Erst jetzt konnte Yujiro den Mann näher betrachten. Dieser hatte einen kurzen, dunklen Bart, welcher im Vergleich zu seinem Schnurrbart zu schütter vorkam. Aufgrund der wenigen Falten in seinem Gesicht schien er Anfang Vierzig zu sein. Doch die lange Narbe, die sich von seiner rechten Schläfe über die Wange zum Kinn zog, deutete auf einen erfahrenen Krieger hin. Yujiro bemerkte sofort, dass der Bushi entweder Glück gehabt haben musste oder sehr begabt mit dem Katana war, um den Schwerthieb, der diese Narbe hinterlassen hatte, letztendlich doch abgewehrt haben zu können. Denn wäre die Klinge etwas tiefer in sein Gesicht eingedrungen, hätte es ihm das Leben gekostet.

      Schließlich fragte einer der Shinobi indirekt: „Sie scheinen auf einer langen Reise zu sein …“

      „Ich muss einen kleinen Auftrag für meinen Herrn erledigen“, erwiderte der Samurai vage. Er versuchte sich zu erheben, und grunzte dabei schmerzvoll. Mit Yujiros Hilfe stand er langsam auf sein wackeliges Bein auf.

      „Koyama Kenzo zu euren Diensten!“ Er nickte dankbar und hatte ein frohes, jedoch auch schmerzverzerrtes Lächeln auf den Lippen aufgesetzt. „Ich danke euch sehr, dass ihr mir das Leben gerettet habt. Wenn die Etikette mir erlaubt hätte, mich vor euch zu verbeugen, ohne Unehre auf mich zu bringen, glaubt mir, ich hätte es getan.“

      „Außer uns ist ja niemand da, deshalb dürfen Sie sich doch ruhig–“, begann Suzaku, ohne nachzudenken.

      Irritiert stieß ihn Rintaro in die Rippen und warf ihm einen tadelnden Blick zu. Er wollte sich für diese rasche, unbedachte Bemerkung entschuldigen, als Koyama, der es mit Ausnahme eines kurzen Stirnrunzelns einfach ignorierte, vor ihm ans Wort kam.

      „Dürfte ich die Namen meiner Retter wissen?“

      Yujiro drehte sich um und schaute seine Gefährten unsicher an. Doch Rintaro schüttelte den Kopf.

      „Ich befürchte nicht“, beantwortete Yujiro die Frage, als er sich erneut an Kenzo wandte und dessen beeindruckende Narbe musterte. „Es tut mir leid, aber wir möchten anonym bleiben.“

      Der Verwundete nickte, sichtlich enttäuscht. „Könntet ihr mir dann bitte wenigstens sagen, wer ihr seid? Kriegsmönche schon mal nicht, da ihr die Kleidung der Komusō trägt, die sich in Kriege nicht einmischen. Was für Leute seid ihr?“

      Mit einem etwas schiefen Lächeln gab ihm Yujiro wieder einmal nicht die gewünschte Antwort. „Ich bitte um Verzeihung, doch das dürfen wir auch nicht preisgeben.“

      Kenzo gab auf, sich weiter nach ihrer Identität zu erkundigen und stellte stattdessen eine andere Frage: „Wie kann ich mich bei euch bedanken?“

      „Erzählen Sie einfach bitte niemandem von diesem Vorfall, dafür wären wir Ihnen dankbar“, antwortete Rintaro, bevor Suzaku etwas vorschlagen konnte.

      „Aber irgendwie muss ich mich doch bei euch für eure Hilfe revanchieren können“, widersprach Kenzo.

      „Nein, danke, jemandem das Leben zu retten, ist uns schon Belohnung genug.“

      Rintaro ließ Suzaku nicht zu Wort kommen, da er wusste, dass ihm bestimmt etwas Überflüssiges einfallen würde.

      Der Samurai seufzte. „Dann hoffe ich, dass sich unsere Wege noch kreuzen werden, damit ich die Chance bekomme, meine Schuld zu begleichen.“

      Die drei Männer verbeugten sich zum Abschied. „Möge Ihre Reise eine ruhige sein.“

      Bevor der Bushi etwas erwidern konnte, verschwanden seine Retter genauso schnell, wie sie erschienen waren.

       8. Nabari

      Izuya wachte auf und rieb sich die Augen. Das Erste, was er hörte, waren Kinderstimmen, die von draußen zu kommen schienen. Sich am Kopf kratzend, ließ er seine Augen zu der Tür seines Zimmers wandern, die um einen Spalt geöffnet war. Dadurch fiel sein Blick sofort auf die Eingangstür, die weit offen stand.

      Obwohl es noch relativ dunkel und die Sonne kaum zu sehen war, lag die Bettmatratze, die zuvor ein paar Handbreit von ihm entfernt gewesen war und auf der seine Frau geschlafen hatte, dort nicht mehr. Gähnend stand er auf und faltete den Futon, der immer während des Tages weggeräumt wurde.

      Izuya machte, im Vergleich zu den meisten Menschen, einen einschüchternden Eindruck. Er war äußerst muskulös und hatte breite Schultern. Außerdem hatte er einen gestutzten Vollbart und seine Haare waren zu einem Haarknoten zusammengebunden.

      Eine halbe Stunde später verließ er das Haus und schob die Tür wieder zu, die jemand vergessen hatte zu schließen. Gedankenverloren blieb er stehen und beobachtete den Sonnenaufgang.

      „Na endlich wach, Schlafmütze?“, hörte er eine neckende Stimme.

      Er drehte sich um und sah seine Frau lächelnd auf ihn zukommen.

      Mit einem müden Blick antwortete er: „Ich darf mich doch von meinem letzten Aufklärungsauftrag erholen, oder nicht?“

      Amüsiert schaute ihn seine Frau an. „Aber den hast du doch schon vor drei Tagen erfüllt.“

      „Ach, Natsuko, glaubst du wirklich, zwei Tage genügen, um sich vollständig davon zu erholen?“

      Natsuko erwiderte: „Also, wie ich weiß, war dein Auftrag dieses Mal nicht besonders schwierig.“

      „Ja, aber wenn man die ganze Nacht auf den Beinen ist und sonst tagsüber kaum Schlaf hat, muss man sich auch von der leichtesten Mission erholen.“

      Einen Moment lang versuchte er ein Gähnen zu unterdrücken und hielt dann inne. „Wo ist Kiyoshi-kun?“

      Mit den Augen durchsuchte er die Menge der spielenden Kinder vor seinem Haus und fand seinen zwölfjährigen Sohn nicht unter ihnen. Natsuko bemerkte seine suchende Blicke.

      „Er ist sogar früher als ich aufgestanden und arbeitet inzwischen auf dem Feld.“ Sie konnte sich nicht davon abhalten ihren Mann noch einmal zu necken. „Im Gegensatz zu manchen anderen.“

      Die Augenbrauen hebend, warf sie Izuya einen bedeutungsvollen Blick zu und verschwand im Haus. Izuya schmunzelte nur kopfschüttelnd, ohne auf ihre Bemerkung einzugehen und machte sich auf den Weg in die Richtung der Reisfelder, wo bereits Bauern den Reis ernteten.

      Unterwegs begrüßte er viele der Dorfbewohner, denen er begegnete, denn aufgrund der kleinen Bevölkerungsanzahl des Dorfs Nabari kannten sich die meisten gegenseitig. Obwohl es somit kein besonders großes Dorf war, war es nichtsdestotrotz eines der größten in der Provinz von Iga.

      Auf einem der Reisfelder, auf dem viele Männer arbeiteten, während die Kinder die Reisgarben zu tragen halfen, hielt Izuya nach seinen Kameraden Ausschau und ging direkt auf sie zu, bis er wegen eines Rufs stehen blieb.