Название | 4. Bubenreuther Literaturwettbewerb 2018 |
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Автор произведения | Christoph-Maria Liegener |
Жанр | Зарубежные стихи |
Серия | |
Издательство | Зарубежные стихи |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783746992471 |
Peterle erklärte ihm die Situation: „Sehen Sie, meine Frau und ich wollen unser Haus verkaufen. Der Makler braucht einen Grundbuchauszug und ich möchte das Original gern behalten. Vielleicht haben Sie einen Kopierer?“
Der Beamte lehnte dieses Ansinnen vehement ab, reichte den getackerten Grundbuchauszug über den Schreibtisch und bot mit strengem Blick an: „Ich könnte Ihnen das Dokument noch einmal ausdrucken, wenn´s denn sein muss. Dann sind allerdings weitere 10,-- Euro fällig.“
Enttäuscht gab Peterle auf, legte die geforderte Gebühr auf den Tisch, griff nach seinem Dokument und verließ stumm das Büro. Gedankenverloren setzte er sich im Flur auf eine Bank.
Wenn nun bei einer Rationalisierungsmaßnahme diese Behörde geschlossen werden würde, so überlegte er, und dieser Mann müsste sich in der freien Wirtschaft eine Anstellung suchen, dann …
Nein, er wollte diese Gedanken nicht an sich heranlassen. Aber es war zu spät. Die Illusionen hatten ihn bereits gepackt. Vor seinem geistigen Auge sah er den Beamten in einer Schlange vor der Suppenküche stehen.
Und wenn er eine Familie mit Kindern hat? Dann würden diese auch … Allerdings trug er keinen Ring, erinnerte er sich. Wie auch immer. Vielleicht bin ich ungerecht. Schließlich sind die Mitarbeiter der Behörden Tag für Tag für uns alle im Einsatz. Und jeder Bürger ist verpflichtet, seinen Teil zum gesellschaftlichen Wohl beizutragen. Beim nächsten Behördenbesuch, nahm er sich vor, werde ich geduldiger und noch höflicher auftreten und meine Mütze bereits vor Eintritt abnehmen.
Er erhob sich von seiner Bank, klemmte sein mühsam erkämpftes Dokument unter den Arm und ging seines Wegs, ein fröhliches Liedchen auf den Lippen: „Wem Gott will rechte Gunst erweisen, den schickt er in den Copy-Shop.“
Laurin Schön
Der Lenz
Grimmige, entkräftete Gesichter,
leuchten wieder auf,
es taucht die Stadt ins Loh der Lichter,
man ist wieder wohlauf.
Die Sonne schimmert in blitzenden Tönen,
stetig schwindet jeglicher Verdruss,
sie vermag uns alljährlich zu krönen,
mit ihren Strahlen, ein Hochgenuss!
Mit der Laune kehrt ein das Schwärmen,
nach kühlen, plätschernden Gewässern,
mal ein Säuseln, mal ein Lärmen,
aus glucksend gefüllten Fässern.
Hört an, der Lenz lässt aufleben,
was den Bürger so erquickt,
er möcht´ die Blüten gar umweben,
bevor der Vogel sie erpickt.
Dieses Wandeln, es legt in jedem Gemüt sich nieder,
der Mensche schweift, sehnt, sinnt,
dem Lenze wird es nie zuwider,
bis jäh ihm die Zeit entrinnt.
Anton Zuber
Das Kekspäckchen
Allen war sie sympathisch. „Tante Gerti“, wie wie wir sie nannten, lebte allein im einstöckigen Haus am Ende unserer Straße. Angehörige hatte die sympathische Dame nicht, außer ihrem Sohn. Der war vor fünf Jahren mit seiner Familie berufsbedingt nach Marseille gezogen.
Am späten Vormittag klingelte Tante Gerti aufgeregt an unserer Haustüre. Als ich öffnete, wedelte sie mit einem Brief.
'“Mir ist ganz schlecht“, stammelte sie, „nach Marseille soll ich fliegen. Das überlebe ich nicht.“
Ungeduldig zeigte die zierliche Frau mir den Brief. Es war die Einladung zur Taufe ihres Urenkels zusammen mit einem Flugticket.
„So sehr ich mich auf meinen Urenkel freue“, platze sie heraus, nachdem sie am Küchentisch Platz genommen hatte, „aber ich bin noch nie geflogen und ich will das auch nicht.“
Meine Argumente für einen Flug quittierte sie zunächst mit heftigem Kopfschütteln. Doch mein Einwand, sie würde vielleicht niemals ihren Urenkel zu Gesicht bekommen, machte sie nachdenklich. Als ich ihr dann auch noch vorschlug, sie zum Flughafen zu begleiten, war das Eis gebrochen.
„Aber bitte nur bis zur Abflughalle. Ich komme alleine zurecht.“ Ich akzeptierte ihren Wunsch.
Bis zum Tag des Abflugs war Tante Gerti richtig zappelig. Sie schlief kaum noch in den folgenden Nächten. Dann war der Abreisetag gekommen. Nachdem ich sie bis zum Abfluggebäude gebracht hatte, blieben ihr noch drei Stunden Zeit.
Was danach geschah, bekam ich nicht mehr mit. Aber nach ihrer Rückkehr erzählte sie es mir detailgenau:
Inmitten der großen Halle blieb Tante Gerti zunächst wie angewurzelt stehen. Nachdem sie ihren Koffer aufgegeben hatte spürte sie deutlich ihre schmerzenden Beine. Sie kaufte sich am Kiosk eine Tageszeitung und ein Päckchen Kekse. Danach suchte Tante Gerti eine ruhige Sitzecke. An einer bequemen Sitz-Tisch-Garnitur machte sie es sich gemütlich und schlug die Zeitung auf.
Als Gerti sich gerade in den politischen Teil ihrer Zeitung vertiefte, näherte sich ein junger Mann und ließ sich lässig auf dem Sitz gegenüber nieder. Sie lugte über den Zeitungsrand und beobachtete den etwa Zwanzigjährigen. Dem Aussehen nach könnte es ein Ausländer sein, dachte sie, vielleicht sogar ein junger Asylbewerber. Diesen Typen traute sie ohnehin nicht. Lässig schlug er die Beine übereinander und starrte zu ihr hinüber. Sollte sie aufstehen und gehen? Doch sie wollte kein Aufsehen erregen, blieb sitzen und hielt ihre Zeitung schützend vor sich. Wachsam wie ein Schäferhund blickte sie immer wieder über den Zeitungsrand. Einmal reinigte er seine Fingernägel, dann kratzte er sich am Rücken. So ein ungebührliches Verhalten missbilligte Gerti. Aber sie schweig. Entschieden zog sie ihre Handtasche näher an sich und fixierte die Taschenbügel fest in ihrer Armbeuge.
Kurz darauf raschelte es. Gerti horchte auf. Erschrocken schaute sie zu ihm hinüber. Sie konnte es kaum fassen: Der junge Mann krapschte tatsächlich nach dem Kekspäckchen, öffnete es vorsichtig, entnahm einen Keks und führte ihn genüsslich zum Mund. Befremdet, verärgert und mit einem deutlichen Räuspern reagierte Tante Gerti auf diese Unverschämtheit. Sie war fest entschlossen dagegen zu protestieren, aber sie brachte kein Wort über die Lippen.
Gerti blieb wachsam und starrte immer wieder über den Zeitungsrand zu ihm hinüber. Er grinste stets freundlich zurück, so als sei nichts geschehen. Behende angelte sich der junge Mann gleich drei Kekse, führte sie auf einmal zum Mund und legte das Päckchen ordentlich zurück. Jetzt konnte Gerti nicht anders: Selbstbewusst griff auch sie nach dem Kekspäckchen und entnahm demonstrativ einen Keks. Doch kaum hatte sie ihn in Sicherheit gebracht, war schon wieder seine Hand am Päckchen: Jetzt nahm er sogar gleich vier Kekse und kaute genüsslich darauf. Entrüstet griff Gerti gleich darauf nochmals zum Päckchen und mit einer deutlichen Geste des Missfallens bediente sie sich. Seine Reaktion kam prompt: Er schnappte sich fünf Kekse und aß sie nacheinander hastig auf. Danach leerte er das Päckchen bis schließlich nur noch ein einziger Keks vorhanden war.
Gerti wollte gerade etwas sagen, da blieb ihr die Stimme weg. Er schnappte den letzten Keks, teilte ihn vorsichtig und überreichte Gerti grinsend das größere Stück. Erbost schnappte sie nach der Hälfte und quittierte die Geste mit einem sauren Blick.
Hastig stand der junge Mann plötzlich auf, ohne ein Wort zu sagen und eilte davon.
Gerti fand dieses Verhalten allerhand. Dieser freche Kerl hatte fast ihre ganzen Kekse verspeist und tat so, als ob dies geradezu selbstverständlich wäre. Sie war zurecht wütend.
Aus dem Lautsprecher tönte die Stimme der Ansagerin: „Die Passagiere nach Marseille werden gebeten sich zum Ausgang 20 zu begeben.“ Gerti