Название | Inselabenteuer. Von Schatzsuchern und Gestrandeten |
---|---|
Автор произведения | Jonathan Swift |
Жанр | Триллеры |
Серия | |
Издательство | Триллеры |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783958555181 |
Der Kaiser war, sobald man mich nach meiner Landung auf dem Strande schlafend gefunden hatte, wahrscheinlich sogleich durch Kuriere davon benachrichtigt worden und hatte im Staatsrat beschlossen, man solle mich in der von mir berichteten Weise fesseln und verhaften, wie es während meines Schlafes geschah; ferner solle mir Speise und Trank zur Genüge gereicht und eine Maschine zu meinem Transport in die Hauptstadt instand gesetzt werden.
Dieser Entschluß konnte vielleicht kühn und gefährlich erscheinen; auch würde ein europäischer Fürst bei ähnlicher Gelegenheit schwerlich eine solche Maßregel treffen. Nach meiner Meinung war er aber sowohl klug als edelmütig. Hätten nämlich jene Leute es versucht, mich mit ihren Pfeilen und Speeren zu töten, während ich schlief, so wäre mein erstes Gefühl beim Erwachen sicherlich ein heftiger Schmerz gewesen; dadurch wären meine Wut und alle meine Kraft erregt worden, so daß ich meine Bande sehr leicht würde zersprengt haben. Da sie in dem Fall mir keinen Widerstand hätten leisten können, durften sie auch keine Gnade erwarten.
Das Volk zeichnet sich durch mathematisches Wissen aus und hat es zu einer großen Vollkommenheit in mechanischen Arbeiten gebracht, weil der Kaiser, der überhaupt als berühmter Beschützer der Gelehrten gilt, jene Bestrebungen unterstützt und ermutigt. Dieser Fürst besitzt mehrere auf Rädern ruhende Maschinen zum Transport der Bäume und anderer Dinge von großem Gewicht. Er läßt seine größten Kriegsschiffe, wovon einige an neun Fuß lang sind, meist an Ort und Stelle, wo das Zimmerholz wächst, verfertigen und dann auf eine Entfernung von drei- bis vierhundert Ellen zur See fahren. Fünfhundert Zimmerleute und Ingenieure wurden sogleich in Tätigkeit gesetzt, um die größte Maschine der Art, die vorhanden war, in Eile herzurichten. Es war ein hölzerner um drei Zoll über dem Boden erhöhter Bau, sieben Fuß lang, vier Fuß breit, und mit zweiundzwanzig Rädern versehen. Der Freudenruf, den ich vernahm, erscholl wegen der Ankunft der Maschine, die, wie es schien, schon vier Stunden nach meiner Landung in Bewegung gesetzt wurde. Sie wurde mit meiner Lage parallel gestellt; aber nun kam die größte Schwierigkeit. Wie sollte ich auf das Fuhrwerk gehoben werden? Achtzig Pfähle von einem Fuß Höhe wurden zu diesem Zwecke eingerammt. Sehr starke Stricke, von der Dicke eines Bindfadens, wurden mit Haken an einer gleichen Zahl von Banden befestigt, welche die Arbeiter mir um Hände, Hals, Leib und Arme geschlungen hatten. An den Pfählen hingen diese Stricke auf Rollen; neunhundert der stärksten Männer wanden diese auf. Somit wurde ich in ungefähr drei Stunden emporgehoben, in die Maschine geworfen und dort festgebunden. Alles dies ist mir nachher erzählt worden, denn während der Operation lag ich, infolge des Schlaftrunkes in dem von mir genossenen Weine, im tiefsten Schlaf. Fünfzehnhundert Pferde, die größten, die der Kaiser besaß, die an Länge zwei Zoll und an Höhe einen halben Zoll betrugen, wurden vorgespannt, um mich zur Hauptstadt zu ziehen, die, wie ich hörte, eine halbe Meile entfernt war.
Nachdem wir ungefähr vier Stunden unterwegs gewesen waren, erwachte ich durch einen lächerlichen Umstand. Als nämlich das Fuhrwerk anhielt, damit irgendeiner plötzlichen Verwirrung abgeholfen werde, konnten zwei oder drei junge Eingeborene ihre Neugier, mich schlafen zu sehen, nicht unterdrücken. Sie kletterten auf das Fuhrwerk und schlichen sich auf den Zehen an mein Gesicht. Einer von ihnen, ein junger Gardeoffizier, steckte aber in mein linkes Nasenloch die Spitze seines Spontons, die mich wie ein Strohhalm kitzelte, so daß ich mehrere Male niesen mußte. Dann schlichen sie sich unbemerkt davon, und erst nach drei Wochen erfuhr ich die Ursache meines plötzlichen Erwachens. Während der übrigen Zeit machten wir einen langen Marsch; in der Nacht ward haltgemacht. Fünfhundert Gardisten waren an jeder Seite aufgestellt; die eine Hälfte von diesen trug Fackeln, die andere, mit Bogen und Pfeilen ausgerüstet, stand bereit, auf mich zu schießen, sobald ich mich rühren würde. Am nächsten Morgen bei Sonnenaufgang setzten wir uns wieder in Bewegung und waren gegen Mittag nur noch zweihundert Ellen von den Stadttoren entfernt. Der Kaiser kam uns mit seinem ganzen Hofe entgegen; die Großoffiziere wollten aber durchaus nicht leiden, daß Seine Majestät durch das Besteigen meines Körpers sein Leben in Gefahr setze.
Der Wagen hielt bei einem alten Tempel an, der, wie es hieß, der größte im ganzen Königreiche war. Einige Jahre vorher war er durch einen scheußlichen Mord befleckt worden. Das Volk hielt ihn deshalb für entweiht, und man hatte ihn nunmehr zum profanen Gebrauch bestimmt und alle heiligen Geräte und Verzierungen daraus hinweggeschafft. Das Gebäude wurde mir als Wohnung angewiesen. Das große nach Norden hin gerichtete Tor war vier Fuß hoch und zwei Fuß breit, so daß ich bequem hindurchkriechen konnte. Auf jeder Seite dieses Tores befand sich, kaum sechs Fuß über dem Boden, ein kleines Fenster; an dem linken spannte der Hofschmied des Kaisers einundneunzig Ketten aus, von der Größe derer, woran die Damen ihre Uhren tragen; diese wurden mit einundsechzig Schlössern an meinem linken Beine befestigt. Dem Tempel gegenüber, auf der anderen Seite der Heerstraße, stand in der Entfernung von zwanzig Fuß ein wenigstens fünf Fuß hoher Turm. Diesen bestieg der Kaiser mit dem ersten Adel seines Hofes, um mich zu sehen. Ich selbst konnte die Herren nicht erblicken, habe aber den Vorfall nachher erfahren. Zu demselben Zweck sollen wenigstens hunderttausend Menschen aus der Stadt gekommen sein, und ich glaube, daß nicht weniger als zehntausend meinen Leib mit Leitern erstiegen und so den Verboten meiner Wachen trotzten. Bald aber erschien eine Verfügung, die diese Neugier bei Todesstrafe untersagte.
Als die Arbeiter sahen, daß es mir unmöglich war, meine Ketten zu brechen, durchschnitten sie alle Stricke, womit ich gefesselt war. Hierauf erhob ich mich in so melancholischer Gemütsverfassung, wie ich sie bisher noch nie empfunden hatte.