Begraben in Wuppertal. Jürgen Kasten

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Название Begraben in Wuppertal
Автор произведения Jürgen Kasten
Жанр Триллеры
Серия
Издательство Триллеры
Год выпуска 0
isbn 9783839265987



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war, in seinem Büro erschien. Skeptisch schaute er sie an. Es war kein Geheimnis, dass der grantige Chef des KK 11 auch sie als Lehrling betrachtete.

      Entschuldigend zuckte sie mit den Schultern. »Ich hab Bereitschaft.«

      »Gut, Leute, auf geht’s. Ich erkläre euch unterwegs den Sachverhalt.«

      Kaum hatte Fiebig das Präsidium verlassen, tauchte Lars dort auf. Dass Fiebig schon wieder unterwegs war, wusste er nicht. Vorsichtig schaute er im zweiten Stock des Ostflügels um die Ecke, ob die Luft rein war. Niemand zu sehen. Mit schnellen, leisen Schritten durchquerte er den Flur und verschwand in Elke Fassbenders Büro.

      Elke schreckte herum, als die Tür gegen das Handwaschbecken schrammte. Sie stand am Fenster und goss gerade ihre Blumen. Nicht jeder konnte sich eines so großen Büros erfreuen, wie Fiebig es sein Eigen nannte. Ihres war so klein, dass Schreibtisch, Schrank, Ablage und Regal fast die gesamte Fläche einnahmen. Das Waschbecken klemmte zwischen Wand und Türrahmen. Schwang jemand die Tür zu heftig auf, knallte sie unweigerlich gegen das Porzellan.

      »Entschuldigung«, sagte Lars mit seinem Lächeln, das jede Frau entzückte.

      Elke winkte die Entschuldigung ab. Sie lächelte auch, weil sie eine durch und durch freundliche Person war, nicht weil ein gut aussehender Mann ihr Büro betrat. Nur Frauen brachten sie aus der Ruhe.

      »Kaffee?«, fragte sie, ohne nach dem Grund seines Besuchs zu fragen.

      Lars nickte und kam dann sofort zu seinem Anliegen.

      Kurz erzählte er Elke die gleiche Geschichte, die er schon Fiebig vorgetragen hatte.

      »Der alte Griesgram stellte sich leider mal wieder taub. Er glaubt, ich wolle ihn für eine Geschichte missbrauchen, mit der ich mich endlich auf die erste Seite unserer Zeitung schreiben könnte.«

      »Willst du doch auch.« Elke lachte.

      Lars blieb ernst. »Das wäre ein schöner Nebeneffekt. Ich glaube allerdings, dass wirklich auf Kotthausen geschossen wurde. Um das zu klären, wäre es toll, wenn du einen kompetenten Blick auf die angeschossene Tür werfen würdest.«

      Er kramte ein Zeitungsfoto hervor und legte es Elke hin.

      »Schau mal, dieser Heinz-Günther Kotthausen ist ein alter freundlicher Mann. Warum schießt jemand auf den?«

      Elke warf einen Blick auf das Foto und musste schon wieder lachen.

      »Wenn man sich seine zotteligen grauen Haare wegdenkt, sieht der fast aus wie unser Chef. Nur das Freundliche würde nicht passen.«

      Sie schaute auf die Uhr.

      »Ist gerade nicht viel los und Fiebig ist nach irgendwohin unterwegs. Hat nichts weiter gesagt. Komm, wir fahren mal schnell zur Hardt.«

      Der hügelige Park war nicht weit vom Präsidium entfernt. Eigentlich schräg gegenüber. Nur eine Häuserzeile und die Wupper trennten sie von der Friedrich-Engels-Allee, an der das Präsidium stand. Das berüchtigte Einbahnstraßengewirr Wuppertals machte es allerdings notwendig, einige Umwege zu fahren. Sie benötigten trotzdem nur ein paar Minuten und staunten nicht schlecht, als zeitgleich ein Wagen der KTU eintraf.

      »Was sucht ihr denn hier?«, fragte Elke.

      »Wahrscheinlich das Gleiche wie ihr«, antwortete Reinhardt, der stämmigere der beiden Techniker. »Fiebig hat uns herbestellt. Wir sollen in der Tür des Tunnels nach Einschusslöchern suchen.«

      Bevor die Techniker ihre Gerätschaften ausgepackt hatten, standen Elke und Lars schon vor der Tür.

      »Die könnten tatsächlich von abgeprallten Projektilen stammen«, stellte Elke mit Kennerblick fest und wurde kurz darauf von den Technikern bestätigt.

      Sie blickte sich suchend um. »Aber von wo ist geschossen worden?«

      »Das habe ich mich auch schon gefragt«, sagte Lars. »Auf dem Schwebebahngerüst hat bestimmt niemand gestanden. Das ist zu gefährlich.«

      »Das ist auch zu nah«, entgegnete Elke. »Der Aufprallwinkel wäre dann steiler.«

      »Vom Dach der Uni dahinter?«, mutmaßte Lars.

      »Uni? Welche Uni?«

      »Der Neubau für die Architekturstudenten da drüben.«

      »Ach so, nee.« Elke schüttelte den Kopf. »Da stehen zu viele Bäume im Weg. Außerdem ist das da drüben ein Berufskolleg. Der Uni-Neubau steht hinten an der B 7, neben der Pauluskirche. Von dort oben könnte geschossen worden sein.«

      Skeptisch schaute Lars zur Kirche hinüber. Ihr Turm ragte hoch hinauf. Unterhalb der Spitze war ein Erkerfenster zu erkennen. Vom Tunneleingang bis dorthin war die Sicht frei.

      »Das sind bestimmt 200 Meter«, schätzte Lars.

      »Mit einem Gewehr wäre das kein Problem«, sagte Elke bestimmt. »Wir fahren mal rüber.«

      »Wir kommen später dazu. Müssen erst mal schauen, ob sich hier Projektile finden lassen.«

      Reinhardt rief es zur Straße hinunter. Die beiden standen schon an ihrem Wagen. Elke winkte bestätigend und stieg ein.

      Die Kirche lag auf der anderen Wupperseite. Wieder mussten sie eine große Schleife fahren und hielten dann direkt vor dem Portal.

      Die Kirchentüren standen offen. Mehrere Leute schleppten Kisten mit Büchern durch den Saal, in dem keine Stühle oder Bänke standen, sondern lange Tischreihen.

      »Kann ich Ihnen helfen?«, sprach sie ein älterer Herr an, der sich als Hans Meister vorstellte.

      Er wies mit dem Arm in das Kirchenschiff und erklärte, dass hier gerade die Vorbereitungen für den Büchermarkt liefen. »Einmal im Monat findet der traditionell in der Pauluskirche statt und zieht jedes Mal Hunderte Besucher an.«

      »Elke Fassbender, KK 11. Ist die Kirche durchgehend geöffnet?«

      »Nur an Veranstaltungstagen«, antwortete Meister, der Organisator und Schlüsselinhaber. »Gestern Abend fand hier beispielsweise ein Konzert statt. Warum fragen Sie?«

      »Möglicherweise wurden vom Turm aus Schüsse abgegeben.«

      »Was?«

      Hans Meister lachte dröhnend. Sein Bass füllte satt den Kirchensaal.

      »Die Akustik ist jedenfalls grandios«, bemerkte Elke bewundernd. »Im Ernst, es kann sein, dass jemand vom Turm aus geschossen hat. Das muss gegen Mitternacht gewesen sein.«

      Der Mann verstummte erschrocken.

      »Das wäre ja schrecklich. Nach dem Konzert haben wir hier noch aufgeräumt und anschließend habe ich alle Türen verschlossen.«

      Er überlegte kurz und fügte dann hinzu: »Allerdings waren hier eine Menge Leute und innerhalb der Kirche sind die Türen unverschlossen. Es ist möglich, dass sich jemand unbemerkt auf den Turm geschlichen hat. Schauen Sie sich um. Ich zeige Ihnen den Aufgang zum Turm.«

      Der Treppenaufgang befand sich links neben dem Eingangstor. Zunächst führten Steinstufen hinauf, nach einem Podest dann ein Holztreppe und zum Schluss mussten sie eine Leiter erklimmen bis zu den Glocken hinauf. Etwas oberhalb des dortigen Podestes befanden sich schmale Fenster. Das nach Norden gerichtete stand offen. Davor hatte jemand Ziegelsteine und große Holzklötze zu einem weiteren Podest aufgestapelt.

      »Das liegt hier normalerweise verstreut herum«, wunderte Hans Meister sich. Und das Fenster sollte auch nicht geöffnet sein.«

      »Halt mal meine Taschenlampe.« Elke drückte sie Lars in die Hand. »Jetzt leuchte mal den Boden ab.«

      Der Lichtkegel zitterte über grobe Holzbohlen, blieb dann an zwei im Licht blitzenden Hülsen hängen.

      »Oha, tatsächlich.« Elke bückte sich, fasste aber nichts an. »Sieht nach Patronenhülsen eines Gewehres aus. Ich habe nicht wirklich Ahnung davon. Wir warten, bis die KTU kommt. Reinhardt ist auch unser Waffenexperte, der kennt sich