Grantlkatz. Kaspar Panizza

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Название Grantlkatz
Автор произведения Kaspar Panizza
Жанр Триллеры
Серия
Издательство Триллеры
Год выпуска 0
isbn 9783839266540



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Montag ist seit Kurzem mein alkoholfreier Tag.«

      »Hoppla, wie kommst jetzt da drauf?«

      »Ich muss abnehmen.«

      »Aha, Nachtigall, ick hör dir trapsen«, ließ Steinböck einen seiner Lieblingssprüche los.

      »Man muss schon was tun, um sich auf der freien Wildbahn zu behaupten«, fügte Klessel gestelzt hinzu und strich sich mit dem Finger über die gefärbten Augenbrauen.

      »Bisher glich er nur äußerlich dem Glööckler, aber jetzt bin ich mir da nicht mehr so sicher. Hat der nicht auch eine Diät durchgeführt?«, tönte es aus dem Hintergrund.

      »Aha, bei dir ist die Katz. Ich hab mich schon gewundert, wo sie sich herumtreibt«, stellte der Kommissar fest, als er sich wie zufällig umdrehte.

      »Du weißt ja, sie schaut gern bei der Obduktion zu«, sagte Klessel lachend.

      »Gut, wenn’s sonst nichts Neues gibt, dann treff ich mich jetzt mit dem Obstler im Biergarten.«

      »Deinen Job möcht ich haben. Ich hab noch nie a Leich im Biergarten obduzieren dürfen.«

      »Oh weh, Professor Dr. Thomas Klessel, der Pathologe, den die Frauen liebten, live aus dem Augustiner-Biergarten.«

      »Gibt es was Neues über die Ehefrau?«, wollte Klessel noch wissen.

      »Sie kommt auf jeden Fall durch, aber befragt haben wir sie noch nicht«, antwortete Steinböck, packte die Katze unter dem Bauch und steuerte die Tür an.

      »Denk dran, nächsten Sonntag bei mir daheim zum Abendessen, und vergiss den Horsti ned«, rief ihm Klessel nach.

      »Kochen kann der Klessel ja ganz gut, da freu ich mich schon drauf«, murmelte der Kommissar, als er draußen war.

      »Du vergisst, dass er gerade eine Diät macht. Wie ich ihn einschätze, ist das Essen bestimmt ovo-lakto-vegetarisch, gluten- und lactosefrei, fructosearm und –«

      »Mensch, Katz, hör bloß auf. Mal den Teufel ned an die Wand.«

      *

      Diesmal leistete sich Steinböck ein Taxi bis zum Biergarten. Er erwischte es direkt vor dem Kommissariat.

      Der Fahrer, vermutlich italienischer Abstammung, ließ das Beifahrerfenster herunter. »Wohin soll’s gehen?«, fragte er kurz angebunden.

      »Augustiner-Keller.«

      Der Taxler schien nicht begeistert ob der kurzen Fahrtstrecke, und als der Kommissar mit der Katz auf dem Arm einstieg, bemerkte er die skeptischen Blicke des Fahrers. Um eventuellen Meckereien vorzubeugen, ging er gleich in die übliche Offensive.

      »Koa Angst, die ist stubenrein. Des ist nämlich eine ausgebildete Drogenkatz. Die hat sich perfekt unter Kontrolle. Komisch, a bisserl ang’spannt ist sie schon. Schau mal, wie die schnuppert.«

      Jetzt wurde der Fahrer sichtlich nervös. »Augustiner-Keller, des hamma gleich. Ist ja nur ein Katzensprung«, sagte er mit einem gequälten Lächeln.

      »Wie sagst du so treffend: Dem geht der Arsch auf Grundeis. Immer wieder ein Vergnügen, diesen Münchner Grantlern eins auszuwischen. Wir sollten das Spielchen viel öfter machen. Aber das mit dem Katzensprung hat er schön gesagt«, meinte Frau Merkel, und fing dann noch an, jämmerlich zu hecheln.

      »Übertreib’s ned, der arme Kerl hat schon lauter Schweißperlen auf der Stirn«, murmelte Steinböck.

      Die nächsten Minuten vergingen ohne weitere Konversation. Der Fahrer konzentrierte sich auf die Straße und der Kommissar überflog Sabine Husups Zeitung, die sie ihm so charmant überreicht hatte. Der Mann auf einem der Fotos erregte seine Aufmerksamkeit. Er trug einen gelben Strohhut mit einer großen weißen Feder und wurde als Philosoph von der Isar vorgestellt. Irgendwoher kannte ihn Steinböck. Aber bevor er sich näher mit ihm befassen konnte, wurde Frau Merkels Hecheln langsamer. Als sie aber zu röcheln begann, schnippte Steinböck mit dem Finger nach ihrem Ohr.

      »He, Gewalt ist auch keine Lösung«, schnurrte sie.

      »Aber ein Weg dorthin.«

      Der Taxler war sichtlich froh, als der Kommissar und die Katze am Augustiner-Keller ausstiegen. Nachdem er dort in Gestalt dreier stark angetrunkener Chinesen auch noch eine Fahrt zum Flughafen aufnehmen konnte, war der Vormittag gerettet.

      Steinböck überraschte, wie gut der Biergarten um diese Tageszeit bereits besucht war. Peter Obstler entdeckte er an einem der Tische im hinteren Teil des Gartens.

      »Servus, Steinböck, heut ganz ohne Katz?«, begrüßte ihn dieser und blies eine kräftige Rauchwolke nach oben.

      »Griaß di, Peter, die ist schon da, aber wahrscheinlich wartet sie darauf, dass sich der Nebel über dir verzieht«, antwortete er grinsend.

      »Ich weiß ned, was die Katz gegen meine Zigarren hat.«

      »Die hat sich halt die Petition von den 107 Lungenärzten zu Herzen genommen.«

      »Die haben doch völlig falsche Werte angegeben«, erwiderte Obstler, der sich persönlich angegriffen fühlte.

      »Schon, aber wen interessiert des denn? Unser verehrter Minister Scheuer nutzt des, um eine Überprüfung der Grenzwerte zu fordern, und die Autolobby reibt sich die Hände.«

      »Du hast ja recht, von allen Fake News bleibt was hängen. Jetzt setz dich her und bestell dir etwas zu essen. Ich lad dich ein.«

      Steinböck starrte Obstler völlig entgeistert an und selbst Frau Merkel, die inzwischen auf der Bierbank saß, war für einen Moment sprachlos.

      »Du lädst mich zum Essen ein? Hast du im Lotto gewonnen?«

      »So ähnlich. Zwei Amis haben mich für eine Woche gemietet. Sie wollen einen Fremdenführer der anderen Art.«

      Obstler war in Steinböcks Alter. Hätte er keine abrasierten Haare gehabt, wäre er als Inspektor Colombo durchgegangen. Statt Trenchcoat trug er zwar eine abgewetzte braune Lederjacke, dafür hatte er das entsprechende Glasauge, nur der Schnauzer passte nicht dazu. Im Grunde genommen reduzierte sich seine Ähnlichkeit mit dem Fernsehdetektiv auf das Glasauge.

      »Fremdenführer der anderen Art? Was bitte soll des sein?«, fragte Steinböck neugierig.

      »Na, ja, die zwei wollen mehr die Unterwelt und die einschlägigen Lokale kennenlernen. Sozusagen die dunklen Seiten von München.«

      »Mensch, da musst du ihnen den Ferdel Bruchmayer vorstellen, die schwärzeste Seite der ganzen Stadt.«

      Daran hatten beide ihren Spaß. Bruchmayer, seines Zeichens Staatssekretär im Wirtschaftsministerium und ehemaliger Klassenkamerad von ihnen, war ein typischer Vertreter für hinterfotzige Klientelpolitik in Bayern.

      »Ich will die zwei doch ned vergraulen. Sie sind angeblich auf Recherche für ein Buch da. Ich hab 1.000 Euro für die Woche verlangt und sie haben mir 2.000 geboten, wenn ich versprech, nicht über Donald Trump zu reden. Da kann ich ihnen doch nicht den Ferdel vorstellen.«

      »Sie haben dir das Doppelte geboten, wenn du nicht vom Trump redest?«, erkundigte sich Steinböck verblüfft.

      »Stimmt, da hätt ich ihnen am liebsten was nachgelassen. Aber man muss ja schauen, wie man über die Runden kommt. Also, du bist heut mein Gast und wenn du willst, kannst du auch was für die Katz bestellen.«

      »Ich wär schon zufrieden, wenn er seinen Stinkstengel ausmachen würde«, meckerte sie und sprang demonstrativ neben Obstler auf die Bierbank.

      »Siehst, sie hat sich schon dran gewöhnt«, grinste der und versuchte, Frau Merkel hinter dem Kopf zu kraulen.

      Untersteh dich, dachte der Kommissar intensiv, als er sah, wie die Katz ihre Pfote hob und die Krallen ausfuhr. Unter seinem strengen Blick hüpfte Frau Merkel von der Bank und kletterte auf die mächtige Kastanie.

      »Also, was wollts ihr essen?«, bohrte Obstler nach und verfolgte mit seinen Blicken