Название | Die letzte Kurve |
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Автор произведения | Wildis Streng |
Жанр | Триллеры |
Серия | |
Издательство | Триллеры |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783839266120 |
Uwes haarloser Kopf mit dem kleinen Bärtchen und den dunklen Augen ruckte in die Richtung von Sebastian Werner. »Dem Kollegen ist was Komisches aufgefallen«, führte er weiter aus.
Werner nickte. »Ja, und zwar ist da viel Erbrochenes.«
Nun beugten sich die beiden Crailsheimer Kommissare über die Leiche, und tatsächlich, aus dem Visier des Helms sickerte eine arg unappetitliche grünliche Brühe mit nicht näher definierbaren Brocken. »Kann das nicht sein, dass der brechen musste, weil er so schockiert war, dass er neben rausfährt?«, schlug Heiko vor.
Uwe schüttelte den Kopf. »Es ist verdammt komisch, dass er es nicht geschafft hat, rechts ranzufahren. Normalerweise kann man das Brechen ja kurz zurückhalten.«
»Auch, wenn man betrunken ist?«
»Nach Aussagen der Mitfahrer hatte er nur Kaffee und Limonade intus. Er sei diesbezüglich sehr pedantisch gewesen.«
»Hm.« Lisas Blick blieb an einem bläulichen Schmetterling hängen, der sich neben der Leiche aus dem Gras erhob und in den wattewolkigen Himmel aufstieg.
»Also, mir war es jedenfalls ein bisschen suspekt«, meinte Werner, »und lieber einmal zu oft die Kripo geholt als einmal zu wenig. Denn immerhin könnte der ja auch vergiftet worden sein, wer weiß?«
»Das ist eine Vermutung«, stellte Heiko fest. »Nicht mehr.«
Uwe nickte. »Ja. Aber du wirst mir ja zustimmen, dass man da lieber eine Obduktion macht. Für den Fall der Fälle. Und fasst den Kerl bloß nicht an!«
Zur gleichen Zeit schoss »Ridewithflitzi« einige Fotos für seinen Instagram-Account. Er hatte die Dachterrasse des Café Bauer kaum betreten, als ihm sofort die Menschenmenge aufgefallen war, die den Unfall beobachtete. Und sogleich hatte er ein paar Leute ausgefragt, einfach, weil es ihn interessierte. Anscheinend hatte es ein bisschen gedauert, bis die Leute es kapiert hatten, denn es war sozusagen ein »leiser« Unfall gewesen. Quasi ein leiser Knall. Markus erwischte sich dabei, wie er den Unfall irgendwie cool fand, wie er ihm ein wohliges Gruseln verursachte. Wie in einem Horrorfilm, den man selbst erlebte, in dem man der Protagonist war. Er hatte der Versuchung widerstanden, ein paar Fotos zu knipsen, obwohl die Kamera seines Handys verdammt gut war, sie war ja sein Arbeitsgerät. Er hatte bereits jetzt über 11.000 Follower, was für die hiesige Gegend gar nicht schlecht war. All seine Posts taggte er mit so vielen Hashtags, wie ihm einfielen, das war heutzutage das Wichtigste, um Aufmerksamkeit zu erzielen. Er bekam schon Anfragen von Firmen, die wollten, dass er ihre Produkte promotete. Aber für seinen Geschmack waren immer noch zu viele schwarze Schafe dabei, bei denen er die Sachen erst mal kaufen sollte, und das war ja nun nicht Sinn der Sache. Er wollte ein Star werden, der Influencer im Bereich Motorcycling. Und er würde es schaffen, da war er sich ganz sicher. Auch, wenn es genügend Hater gab, die ihn mobbten, weil sie neidisch waren oder weil sie ihn einfach lächerlich fanden. Die würden sich noch umgucken, wenn er Millionen scheffeln würde. Okay, Millionen waren wohl tatsächlich nicht ganz realistisch. Hunderttausende schon. Immerhin war er keine Frau, wie die scharfe »Biker-Suzy«, die er früher am Tag beim Rumlaufen entdeckt hatte und die er vom Instagram kannte.
Markus Unger zückte sein Handy, richtete die coole Lederjacke und machte ein Selfie in Richtung Bächlingen, um Minuten später zu posten: Saugeiler Tag heute in #Langenburg, wo ich mit dem #Bike unterwegs bin. Gewohnheitsmäßig fügte er noch circa 20 andere Hashtags hinzu wie #motorcycle, #motolifestyle, #bikersofinstagram, #superbikes, #2wheelslovers, #bikers, #bikewars, #motorcyclelife, #featureme, #motorradliebe, #hohenlohe oder #nakedbikes. Er dachte kurz nach, bevor er ergänzte: #unfall #ostermontag #bächlingen #crash #todesopfer #verkehrstote #verkehrssicherheit #unfälle #wasistpassiert #todesfall. Denn das würde sicherlich ein paar Follower mehr bringen.
Der zierliche, etwas durchgeistigt wirkende Sanitäter hatte den Kommissaren schlichtweg verboten, sich mit der Frau und dem Sohn des Opfers zu unterhalten, die beide auf Pritschen im Krankenwagen saßen. Die seien definitiv nicht in der Lage dazu, den Kommissaren Rede und Antwort zu stehen. Heiko sah zu der eigentlich hübschen Frau mit der blonden Kurzhaarfrisur hin, die jetzt arg verheult wirkte, und zu dem jungen, ebenso blonden Mann um die 20, dessen Gesicht absolut ausdruckslos war. Sebastians Partnerin stand dabei und kümmerte sich um die Versorgung der vollkommen schockierten Angehörigen.
»Tja, da kann man wohl nichts machen«, stellte Lisa fest.
»Ist ja auch wirklich verständlich.« Heiko nickte und zückte seine Kippenschachtel.
Ausnahmsweise protestierte Lisa einmal nicht, als er sich mit fahrigen Fingern eine anzündete. In letzter Zeit nervte sie ihn sehr mit dem Aufhören. Aber auf den Schreck einer Leiche hin war es wohl durchaus legitim, eine zu rauchen. Er schloss die Augen, sog tief den Rauch in seine Lungen ein, der brannte gut.
»Reden wir mit den anderen?«, schlug Lisa vor.
Heiko zog noch einmal an der Kippe, nickte und schnippte sie in den Graben, der in entgegengesetzter Richtung zur Leiche lag, um Uwes Spurensicherungs-Zorn nicht auf sich zu ziehen.
Sie erreichten nach wenigen Schritten den Pulk Menschen, die ihre Helme abgenommen hatten und augenblicklich verstummten, als die Kommissare zu ihnen traten. Es handelte sich um sechs Biker aller Altersklassen. Zwei davon waren Frauen, die eine Ende 50, die andere etwas über 20 und ausnehmend hübsch.
Heiko räusperte sich, was eigentlich gar nicht nötig gewesen wäre, denn alle sechs sahen zu ihm hin. »Wüst und Luft von der Kriminalpolizei«, begann er.
Allgemeines Nicken.
Er fuhr fort: »Sie sind mit dem Mann in der Kolonne hier runtergefahren?«
Wieder allgemeines Nicken.
»Wer war denn direkt hinter ihm?«, schaltete sich Lisa ein.
Ein junger Kerl etwa Mitte 20 hob die Hand. Er trug das aschblonde Haar lang und hatte es mit einem Gummi im Nacken zu einem dünnen Pferdeschwanz gebunden. Seine stämmige, etwas untersetzte Figur steckte in einer Lederhose mit Nieten und einer ledernen Kutte mit diversen Aufnähern. Heiko konnte eine Spinne erkennen. Er straffte sich, als Heiko das Wort an ihn richtete. »Wie heißen Sie denn?«
»Bullinger, Jan.«
»Also, Herr Bullinger, ist Ihnen irgendwas aufgefallen?«
Der Mann zuckte die Achseln und meinte mit einer Stimme, die eigentlich zu hoch für ihn schien: »Komisch geschwankt hat er schon die ganze Zeit. Aber ich dachte, der macht das mit Absicht.«
»Wieso das denn?«, wunderte sich Lisa.
»Na ja, ab und zu so ein kleiner Schwenk ist doch was Schönes«, meldete sich ein zweiter Biker zu Wort, ebenfalls ein Jüngerer, der allerdings einen supergepflegten Hipster-Vollbart und zu einer schwungvollen Welle gegeltes Haupthaar zum nietenbesetzten Lederdress trug und einen chromglänzenden Helm unter den Arm geklemmt hatte.
»Und Ihr Name ist?«, wollte Lisa wissen und lächelte dem jungen Mann freundlich zu, etwas zu freundlich für Heikos Geschmack.
»Timo Laukenmann«, informierte der gutaussehende Biker.
»Sie haben das auch gesehen?«, vergewisserte sich Heiko.
Laukenmann nickte. »Ich war hinter dem Jan. Und ich hab mir auch nichts dabei gedacht.«
»Wo waren Sie denn vor dem Unglück?«, fragte Heiko weiter.
Nun war es der Älteste in der Runde, der antwortete. Ein weißer Schnurrbart und längeres, ebenso helles Haupthaar umrahmten sein Gesicht. Seine stechend blauen Augen verliehen ihm eine Aura von Terence Hill. Allerdings passte die stattliche Figur nicht dazu. Er hatte seinen recht voluminösen Leib in einen orange-anthrazitfarbenen Kevlaranzug gezwängt. Vom Modernsten, Feinsten und Teuersten, wusste Heiko. »Ich bin der Vorsitzende