Leberkäs-Porno. Heinz von Wilk

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Название Leberkäs-Porno
Автор произведения Heinz von Wilk
Жанр Триллеры
Серия
Издательство Триллеры
Год выпуска 0
isbn 9783839260265



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ich. Leute finden und so. Erzähl ihm von deiner Zeit in München. Hattest du schon mal mit Entführungen zu tun? Vielleicht ist es ja jetzt doch eine, denn warum zum Teufel sollte ich mich sonst da raushalten?«

      Auer nickte: »Ja, ich war mal für ein paar Monate in einer Entführungs-SOKO. Ich wollte damals die Abteilung wechseln. Immer nur Kinderpornos und sexuelle Gewaltarien, das nervt. Aber ich hab’s verbockt.«

      »Echt? Wie denn?«

      Der Auer verzog das Gesicht: »Ich hab den Entführer erschossen, obwohl wir das Opfer schon hatten. Aber der Sack hat mich dermaßen genervt, da ist mir der Finger abgerutscht.«

      Chili strahlte: »Du bist mein Mann. Kurze, klare Lösungen, eine schnelle Entscheidung, wenn es sein muss. Wirtschaftspolitisch würde ich sagen, du entsprichst exakt meinem Anforderungsprofil. Du hast den Job. Geh zum Brunner, erzähl ihm einen vom Pferd, und sag ihm von mir aus noch, mir wäre nicht mehr zu trauen. Mach ein ordentliches Honorar aus, finde die Sissi, bring sie ihm einigermaßen am Stück zurück, und alles ist wieder im Lot. Pass auf, ich schreib dir jetzt ein paar Adressen auf, wo sie immer abhängt, wenn sie die Schnauze so richtig voll von dem Alten hat.«

      »Oh Mann, ist ja echt super«, stöhnte Auer. »Und wo soll ich anfangen?«

      »Du findest sie. Ich hab sie ja auch immer gefunden. Wir können es auch so machen: Ich telefonier ein bisschen rum, sag dir, wo sie steckt, und du sammelst sie ein. So bin ich aus der Nummer raus, keiner kann mich erpressen, und my Business läuft weiter as usual. Na? Deal oder Deal?«

      Der Auer zog sich aus dem Sessel hoch und sagte: »Lass mich drüber schlafen. Morgen früh sag ich dir Bescheid, okay?«

      Chile strahlte: »Hey, Alter, danke. Willst du das blonde Pony da draußen reiten? Kannst du gleich, wenn du willst. Na?«

      Auer schüttelte den Kopf: »Lass mal. Passt schon. Ich ruf dich an, ja?«

      Im Lokal saßen die Zwillinge wieder am Tisch und Blondie polierte Gläser. Der Plumpser hob einen Arm, zeigte zuerst auf Auer, dann auf seinen Kumpel: »Du bist ab jetzt auf seiner persönlichen Hassliste.«

      Auer schaute sich um: »Wo ist die Zecke?«

      Und der Kleine: »Die hat auf der Damentoilette eine Seebestattung bekommen. Mit allem Drum und Dran. Aber er hier, er hat sich das Eingemachte verbrannt. Der hat ja ein behaartes Pferdegehänge, und das ging teilweise in Flammen auf wie ein alter Christbaum.«

      Auer schüttelte den Kopf: »Jungs, da ist noch ein Trick dabei, hab ich das nicht gesagt? Das Streichholz entflammen lassen, kurz über die Zecke streichen und weg damit. Doch nicht drunter halten, bis der Wald zu brennen anfängt.«

      Der Hiever knurrte, und Auer sagte zu dem Kleinen: »Kann der Elch sprechen?«

      Plumpser zuckte mit den Achseln: »Keine Ahnung. Er ist Finne, und die reden eh sehr ungern, hab ich mal gelesen. Wir haben da so eine Art Zeichensprache, wir beiden. Fängst du jetzt hier bei uns an?«

      »Würde ich gerne. Aber mir passt keiner von den Anzügen. Noch ein fröhliches Schaffen, Jungs. Man sieht sich.«

      Draußen musste sich der Auer erst blinzelnd an das Tageslicht gewöhnen, dann streckte er sich, stieg grinsend in den alten Benz und fuhr los.

      Ja, wo ist denn jetzt die Sissi?

      Das Telefon summte um 14.30 Uhr, und Auer, der bequem im Fahrersitz lümmelte und auf die rote Ampel starrte, zuckte zusammen.

      Jetzt muss man sagen, da wärst du auch erschrocken, wenn in so einer alten Kiste plötzlich was lossummt. Weil, du erwartest ja alles Mögliche, aber kein Telefon. Und in der Mittelkonsole flackerte plötzlich zusätzlich zu dem nervenden Summton hektisch ein rotes Lämpchen.

      Der Auer schaute sich rechts vom Lenkrad um, in dem Moment sprang die Ampel auf Grün, was in der Regel keinerlei Geräusche verursacht. Auer, der aber immer noch das Telefon suchte, erschrak schon wieder, weil der Lastwagenfahrer hinter ihm hupte und mit der flachen Hand außen lautstark auf das Blech seiner eingedellten Fahrertür schlug. Dann streckte sich ein türkisch aussehender Kopf aus dem Fenster und das rote Gesicht mit den kurzen schwarzen Haarstoppeln über den Ohren schrie: »Ey, Alter, mach dich von de Acker mit deine rollende Museum, ja? Aber tschabuk, tschabuk, yalla? Husch-husch zurück auf de Friedhof!«

      Der Auer winkte entschuldigend mit der linken Hand, gab natürlich zu viel Gas und röhrte mit kreischend durchdrehenden Reifen los. Hinter dem Brückenberg fuhr er rechts ran, gegenüber der Auer-Brauerei. Wenn ich mit denen verwandt wäre, dann müsste ich zumindest mein Bier nicht mehr selber zahlen, dachte sich der Max, während er mit der Hand über die Mittelkonsole fuhr und eine Klappe unter dem Radio öffnete. Und da war es: ein Becker AT40S aus den 80er-Jahren. Eins der ersten Autotelefone. Früher C-Netz, aber jetzt wohl auf das D-Netz umgebaut. Der Hörer mit Spiralkabel war so groß wie ein in der Mitte durchgefräster Ziegelstein.

      Auer drückte auf das Telefonsymbol und nahm den halben Ziegelstein ans Ohr: »Ja?«

      »Rosenheimer Stadtbank. Guten Tag, Herr Auer. Hier ist das Sekretariat von Herrn Direktor Brunner. Ich verbinde.«

      Musik ertönte. Eine Passage aus dem »Forellenquintett«. Dann kam eine barsche Männerstimme durch die Leitung: »Brunner hier. Guten Tag, Herr Auer.«

      »Woher haben Sie diese Nummer?«

      »Der Herr Sebastian Glasl hat mich grad’ angerufen und mir von Ihnen erzählt. Und auch, dass Sie den Wagen von meinem Freund, Ihrem Onkel Ottfried Bernrieder, haben.«

      »Ex-Onkel. Er ist ja mittlerweile ein bisschen tot.«

      Grunzen in der Leitung, dann sagte Brunner: »Herr Auer. Ich habe keine Zeit für Späße. Können wir uns irgendwo in der Stadt treffen? Sie haben von meinem Problem gehört und sind willens, tätig zu werden, ja?«

      Wer, um Gottes willen, redete heutzutage noch so? »Willens, tätig zu werden.«

      »Das weiß ich noch nicht. Lassen Sie uns reden. Wo?«

      »Kennen Sie den Stockhammer? Die Wirtschaft am Max-Josefs-Platz?«

      »Mhm.«

      »Gut, dort bin ich in einer Viertelstunde. Drinnen, in der Stube, am hintersten Tisch links in der Ecke, wenn der frei ist. Wie sehen Sie aus?«

      Auer blinzelte sich im Rückspiegel an. Wie ein Gott, dachte er. Aber er sagte: »Ich bin 1,80, habe 83 Kilo, braunes, mittellanges Haar. Schauen Sie im Fernsehen diese Serie ›Die Toten von Salzburg‹?«

      Brunner schnaufte: »Was soll das?«

      »Na ja, ich schau ein bissel so aus wie der eine, der den deutschen Kommissar spielt. Der, der immer so ein bissel grantig ist. Sie wissen schon, der früher den Carlo Menzinger im Tatort gespielt hat. Und Sie, wie schauen Sie aus?«

      »Sie erkennen mich, wenn Sie mich sehen. Bis gleich!«

      Auer legte den Hörer wieder in das Ablagefach, schloss die Klappe und dachte sich, du mich auch, dann fuhr er an.

      Das Traditions-Gasthaus Stockhammer kennt nun wirklich ein jeder. Berühmt für seine gute, bodenständige Kost und seine hübschen und freundlichen Bedienungen. Deswegen auch beliebt bei den Lokalpolitikern, und zwar fraktionsübergreifend.

      Der Auer ging freundlich grüßend in der Gaststube an zwei Kellnerinnen vorbei und schaute sich um. Um diese Zeit war nicht viel los, und so saß der Vizedirektor und Stadtrat Brunner gut sichtbar hinten am Ecktisch.

      Wie ein alter, grauer Rabe hockte er da vor seinem Bierglas. Schütteres graues Haar, einen dicken Kopf mit noch dickeren Brillengläsern auf der Nase. Und Tränensäcken unter den Augen, aus denen sich der Louis Trenker problemlos einen Rucksack gemacht hätte. Ein bräsiger alter Knabe, der aussah wie einer, der hart auf die 70 zusegelt. Dabei war er, wie der Auer vom Chili wusste, noch keine 62. Aber er muss wohl das richtige Parfüm haben, dachte sich der Auer, denn sonst kriegt so einer wie der eine wie die Sissi nicht auf die Matratze.

      Max zog