Название | Babys machen und andere Storys |
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Автор произведения | Laurie Penny |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783960540014 |
Ich schaff das schon, sage ich.
Super, sagt er. Dann lass ich dich allein. Ich muss nach Hause, die Katze füttern.
Mhm, sage ich.
Du magst wohl keine Katzen?, fragt er. Ich tue, als hätte ich ihn nicht gehört. Da kapiert er es endlich und trollt sich.
Nur, damit das klar ist: Nein, ich mag keine Katzen. Als Tierart sollen die hinterhältigen kleinen Monster nur in ihrem Körbchen bleiben. Ich mag keine Katzen. Ich mag Katze. Ich mag eine Katze. Meine Katze.
Und die haben sie mir gestohlen. Wenn alles nach Plan läuft, zahle ich es ihnen heute Nacht heim. Aber wie. Vorerst kann ich allerdings nur warten und die Bildschirme überwachen.
Der Monitorraum ist ganz okay. Es ist ruhig, und in den sechs Jahren, die ich schon hier arbeite, hat sich der Drehstuhl praktisch der Form meines Hinterns angepasst. Wenn mir kurz die Augen zufallen, kann ich die Bildschirme immer noch sehen. Es sind vierundzwanzig. Jeder zeigt ein Set: Wohnzimmer, Bäder, Gärten.
Das blaue Licht tanzt über meine Haut, als ich nach den Datentransferzahlen schaue. Nerdy Zottelbart lag richtig mit seiner Vermutung. Klar ist heute Abend viel los. Es ist der dritte Montag im Januar. Man nennt ihn auch den Blauen Montag. Offiziell der Depri-Tag des Jahres. Die Zeitungen verbreiten mal wieder Horrorstorys über neue Selbstmordrekorde, aber die meisten Leute kommen klar, fühlen sich nur noch ein bisschen mieser als sonst und töten den Schmerz mit Kätzchenvideos.
Oder Welpenvideos. Oder Ferkelchenvideos. Wir haben sie alle da. Auf jedem Bildschirm toben, bellen, quietschen und schnarchen Tierkinder in gefakten Wohnzimmern herum, die verschleiern sollen, dass wir das Zeug im industriellen Maßstab raushauen. Ich sehe wieder nach den Zahlen. Die kleinen Bulldoggen sind heute Abend besonders beliebt.
Das gehört sich auch. Immerhin haben wir den alten Wurf gerade erst durch einen frischen ersetzt.
Ich mache eine Tüte Frazzles auf und hole mir die Faultiere auf den Hauptmonitor. Das wären meine Lieblingstiere, wenn ich welche hätte.
Für diesen Job braucht man eine besondere Konstitution. Normalerweise stellen sie keine Mädchen ein, weil Mädchen so verrückt sind nach Küken, Welpen und Kätzchen. Es fehlt ihnen an der nötigen professionellen Distanz, vor allem, wenn die Tierchen groß werden, beißen, überall hinscheißen und das Unvermeidliche geschieht.
Mögen Sie Tiere?, fragten sie mich im Bewerbungsgespräch.
Ich erwiderte, dass ich eigentlich gar nichts mag außer Scandal und Chips und manchmal meiner Mum, wenn sie mit mir redet. Sie sagten, ich sei eingestellt.
Später mochte ich auch Jackie und Pocket. Das kam eher unerwartet. Jackie arbeitete in dem Café, in dem ich immer schwarzen Kaffee und Käsecracker frühstückte. Ich saß gern allein, kümmerte mich um meinen eigenen Mist. Aber eines Tages kam sie und fragte mich, warum ich immer so traurig sei.
Ich bin nicht traurig, sagte ich, ich bin Misanthropin. Kannst du nachschlagen.
Jackie lachte nur und fragte, ob sie mir nachschenken solle.
Drei Wochen später zog sie bei mir ein.
Von der Katze erzählte sie mir erst, als es schon zu spät war, und wahrscheinlich war das gut so. Sie wusste, dass ich keine Katzen mag. Im Grunde mag ich gar keine Tiere, aber Katzen sind am schlimmsten. Am zweitschlimmsten, nach Menschen.
Katzen haben den Dreh raus, sagte ich. Das sind die schlimmsten Parasiten. Die wahren Herren im Haus. Die kleinen Tyrannen drehen es so, dass sie auf unsere Kosten den ganzen Tag faulenzen können. Wusstest du, dass sie die Geräusche menschlicher Babys nachahmen, damit wir uns mehr um sie kümmern?
Wusstest du, sagte ich, dass sie sogar einen Wurm in sich tragen, der sich in deinem Gehirn festsetzt und dafür sorgt, dass du Katzen magst? Das ist teuflisch, sagte ich eines Abends, nachdem ich den Kampf um den Platz an Jackies linker Seite mal wieder gegen Pocket verloren hatte. Ich hatte frei, und wir waren bis spät in die Nacht auf, weil die Hippies nebenan wieder Lärm machten.
Quatsch, sagte sie. Du bist ein Katzenmensch.
Das ist völliger Blödsinn, sagte ich.
Gar kein Blödsinn, sagte sie. Du magst keine Katzen – du magst eine Katze sein. Du bist fies. Du fauchst Fremde an. Du verteidigst dein Revier. Du ernährst dich im Grunde von einem einzigen Lebensmittel. Du hast sonderbare Schlafplätze, und du würdest den ganzen Tag pennen, wenn du könntest. Du magst niemanden, außer denen, die dir etwas zu essen geben, und auch die kannst du nur schwer ertragen.
Ich mag dich, sagte ich, und versenkte mein Gesicht in ihrer Schulter. Drückte meine Titten gegen ihren Rücken.
Nur weil ich dir etwas zu essen gebe, sagte sie lachend.
Ich warf ein Kissen nach ihr und sagte, vielleicht bin ich ja eine Katze und fange mal damit an, dass ich mich untenrum lecke, wenn ich mich über dich ärgere.
Da kommst du nicht ran, sagte sie.
Tja, sagte ich. Vielleicht fällt uns was ein.
Die kleinen Bulldoggen sind heute der Renner. Sie fallen dauernd um und zappeln mit den Beinchen, und die rosa Flauschbäuchlein fangen das warme Licht des Wohnzimmer-Sets ein. Sie wuseln über den Teppich und hocken winselnd unter dem Esstisch, auf dem man die Teller planvoll willkürlich verteilt hat. Die Szenenbildner sind große Klasse, das gebe ich zu. Authentizität geht über alles. Die Leute wollen das Gefühl haben, dass sie etwas Echtes kaufen, und unseren staatlichen Auftraggebern gefällt das auch.
Dreiundfünfzigtausend Zugriffe, Tendenz steigend. Schön, dass die Bulldoggen so beliebt sind. Die Kamera war eine Weile aus. Vor ein paar Monaten sind diese verdammten Tierbefreier eingebrochen und haben elf Bulldoggen geklaut, fünfzehn Kätzchen, ein Pärchen narkoleptischer Dackel und einen Affen, der auf einem Schwein ritt.
Das Schwein haben sie nicht mitgenommen, denn das Schwein ist ein fieses Miststück. Es hat mir mal ein Stück Fleisch aus dem Knöchel gebissen, als ich hineinging, um die Mikrofone zu richten. Nach dem Einbruch saß es kreischend in einer Ecke und hatte zwei Fingerkuppen im Maul.
Davon bekamen wir ein paar gute Fingerabdrücke, und das Schwein bekam einen neuen Affen.
Es war nicht meine Schicht, als die Tierbefreier einbrachen, aber ich half dabei, ihre Gesichter aus den Videos zu ziehen und mit Datenbanken abzugleichen, die wir offiziell nicht hätten anzapfen dürfen. Ich dachte, es gibt Verhaftungen, aber ein Prozess hätte sich für das Unternehmen nicht gut gemacht.
Bei uns dreht sich doch alles darum, dass es den Leuten gutgeht und dass sie mit dem täglichen Horror ihres sinnlosen Lebens besser zurande kommen. Nicht einmal die Leute, die wissen, wie die Wurst hergestellt wird, wollen es in der Zeitung lesen. Ich habe gehört, ein paar Aktivisten wurden bestochen oder erpresst, etwas zu unterschreiben, oder – ich weiß es nicht genau. Die Tiere sind schon lange weg. Die Glücklichen.
Ich fummle an den Toneinstellungen für die Bulldoggen herum, während ich auf meine Kontaktperson warte. Ich habe ihm den Zugangscode und einen Schlüssel gegeben. Wenn er nicht so dämlich ist, sich zu verlaufen oder sich schnappen zu lassen oder beides, müsste er in einer Stunde hier sein.
Bei einem Bildschirm in der Ecke der Monitorwand gibt es Probleme. Es blinkt rot, das Streaming funktioniert nicht. Ich klicke ihn nicht an. Den klicke ich nie an, wenn ich es vermeiden kann. Ich schalte die Monitore für ein paar Minuten auf Selbststeuerung und schleppe meine müden Knochen zum Snackautomaten.
Die Flure hier sind steril, in einem industriellen Blau, das mich an Flughäfen erinnert, und bis auf den Erste-Hilfe-Kasten, der neben der Treppe hängt, völlig leer. Alles ist schalldicht, gedämpft. Die dicken Teppiche riechen nach Reinigungsmittel. Anlagen regeln alles präzise. Sogar das Klima.
Das