Название | Der Malaiische Archipel |
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Автор произведения | Alfred Russel Wallace |
Жанр | Путеводители |
Серия | Edition Erdmann |
Издательство | Путеводители |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783843804233 |
Eingeborene der Tropen haben wenig Bedürfnisse, und wenn diese befriedigt sind, so sind sie, wenigstens ohne starken Anreiz dazu, abgeneigt, um mehr als das Notwendigste zu arbeiten. Bei solchen Völkern kann man unmöglich eine neue oder systematische Kultur einführen außer durch die despotischen Befehle der Häuptlinge, denen sie zu gehorchen gewohnt sind wie Kinder ihren Eltern. Die freie Konkurrenz von europäischen Händlern aber führt zwei mächtige Beweggründe zur Arbeit ein. Spirituosen und Opium sind eine zu starke Versuchung für fast alle Wilden, um zu widerstehen, und um sie zu erlangen, verkauft er, was er hat, und arbeitet, um mehr zu bekommen. Eine andere Versuchung, der er nicht widerstehen kann, ist der Kredit auf Waren. Der Händler bietet ihm bunte Gewänder an, Messer, Gongs, Kanonen und Pulver und will sich bezahlt machen mit der Ernte, die vielleicht noch nicht gesät ist, oder mit Produkten, die jetzt noch im Wald stehen. Der Wilde hat nicht genügende Voraussicht, um nur eine mäßige Quantität zu nehmen, und nicht genug Energie, um früh und spät zu arbeiten, damit er schuldenfrei werde; und die Folge davon ist, dass er Schulden auf Schulden häuft und oft Jahre lang, ja sein Leben lang ein Schuldner und fast ein Sklave bleibt. Das ist der Zustand der Dinge, wie er sich sehr ausgesprochen in jedem Teil der Welt, in welchem Menschen einer höheren Rasse frei mit Menschen einer niederen handeln, ausgebildet hat. Allerdings wird der Handel dadurch zeitweilig ausgedehnt, aber er demoralisiert die Eingeborenen, hemmt wahre Zivilisation und führt nicht zu einer stetigen Vermehrung des Reichtums des Landes; sodass die europäische Regierung eines solchen Landes schließlich einen Verlust erleiden muss.
Das von den Holländern eingeführte System beabsichtigte, das Volk durch seine Führer dazu zu veranlassen, dass es einen Teil seiner Zeit auf die Kulturen von Kaffee, Zucker und anderen wertvollen Produkten verwendete. Ein bestimmter Tagelohn – zwar niedrig, aber ungefähr dem gleich, der allerorten bezahlt wird, wo europäische Konkurrenz ihn nicht künstlich gesteigert hat – wurde den Arbeitern ausgesetzt für das Urbarmachen des Bodens und für den Anbau von Plantagen unter der Oberaufsicht der Regierung. Die Erträgnisse werden der Regierung zu einem niedrigen bestimmten Preise verkauft. Von dem Nettogewinn erhalten die Häuptlinge einen gewissen Prozentsatz, und der Rest wird unter die Arbeiter verteilt. Dieser Überschuss ist in guten Jahren ziemlich bedeutend. Im Allgemeinen ist das Volk wohlgenährt und anständig gekleidet; es hat sich an eine regelmäßige Industrie gewöhnt und betreibt einen rationellen Landbau, der in Zukunft seinen Nutzen bringen wird. Man muss nicht vergessen, dass die Regierung jahrelang Kapitalien hergegeben hat, ehe sie irgendetwas zurückerhielt; und wenn sie jetzt große Revenuen bezieht, so geschieht es in einer Weise, die dem Volk weit weniger lästig und ihm viel wohltätiger ist als irgendeine andere Steuer.
Aber wenn dieses System auch gut sein mag und ebenso wohl geeignet zur Entwicklung von Kunst und Industrie bei einem halbzivilisierten Volk, als es auch vorteilhaft ist für das regierende Land selbst, so kann man doch nicht verlangen, dass es praktisch überall durchgeführt werde. Die Neigung zum Herrschen und zum Dienen, die vielleicht schon seit tausend Jahren Beziehungen zwischen den Häuptlingen und dem Volk geknüpft hat, kann nicht auf einmal unterdrückt werden; und aus diesen Beziehungen müssen Nachteile hervorgehen, bis die Verbreitung der Erziehung und der allmähliche Einfluss des europäischen Blutes sie auf natürlichen Wegen und unmerklich verschwinden lassen. Man sagt, dass die Residenten, von dem Wunsch beseelt, ein starkes Wachsen der Produktion in ihrem Distrikt aufzuweisen, oft das Volk zu so ununterbrochener Arbeit in den Plantagen gezwungen haben, dass ihre Reisernten wesentlich kleiner wurden und Hungersnot daraus entstand. Wenn das vorgekommen ist, so ist es sicherlich nicht die Regel, und man muss es einem Missbrauch des Systems zuschreiben, hervorgegangen aus einem Mangel an Verständnis oder einem Mangel an Humanität bei dem Residenten.
Kürzlich ist in Holland eine Geschichte erzählt und auch ins Englische übersetzt worden unter dem Titel: »Max Hawelaar oder die Kaffee-Auktionen der holländischen Handels-Gesellschaft«, und mit unserer gewöhnlichen Einseitigkeit bei allem, was das holländische Kolonialsystem betrifft, wurde dieses Werk in hohem Maß gerühmt sowohl seines eigenen Wertes wegen als auch wegen seiner vermeintlichen vernichtenden Bloßstellung der Ungerechtigkeiten der holländischen Regierung auf Java. Aber zu meinem großen Erstaunen fand ich, dass diese Geschichte sehr langweilig, lang ausgesponnen und voll von Abschweifungen ist; dass ihr einziger Zweck der ist zu zeigen, wie die holländischen Residenten und Assistentresidenten zu den Erpressungen der eingeborenen Fürsten ein Auge zudrücken; und wie in einigen Distrikten die Eingeborenen ohne Bezahlung arbeiten und sich ihr Eigentum ohne Entgelt wegnehmen lassen müssen. Jede Tatsache dieser Art ist reichlich mit Kursivschrift und mit fetten Buchstaben verbrämt; aber da alle Namen fingiert sind und weder Daten, noch Personen, noch Einzelheiten angegeben werden, so ist es unmöglich, sie zu verifizieren oder ihnen zu antworten. Und selbst wenn die Tatsachen nicht übertrieben wären, so sind sie nicht annähernd so gravierend wie jene, die infolge der Unterdrückung durch freihändlerische Indigo-Pflanzer und infolge der Quälereien der eingeborenen Steuereinnehmer unter britischer Regierung in Indien ans Tageslicht kamen, Tatsachen, mit denen die Leser englischer Zeitungen vor einigen Jahren sehr vertraut waren. Eine solche Bedrückung aber ist in keinem dieser Fälle der besonderen Regierungsform in die Schuhe zu schieben, sondern sie ist vielmehr eine Folge der Mangelhaftigkeit der menschlichen Natur überhaupt und eine Folge der Unmöglichkeit, mit einem Schlag jede Spur wegzuwischen des Jahrhunderte alten Despotismus auf der einen Seite und des sklavischen Gehorsams gegen die Häupter auf der anderen.
Man darf nicht vergessen, dass die unbestrittene Herrschaft der Holländer in Java viel jüngeren Datums ist als die unsere in Indien, und dass die Regierung und die Methode des Bezuges von Einkünften mehrere Male gewechselt wurde. Die Einwohner haben so lange Zeit unter der Herrschaft der eingeborenen Fürsten gestanden, dass es nicht leicht ist, auf einmal die außerordentliche Verehrung zu verwischen, welche sie für ihre alten Herren hegen, oder die drückenden Erpressungen zu vermindern, welche die Letzteren stets gewohnt waren zu betreiben. Es gibt jedoch ein ins Gewicht fallendes Zeugnis für das Gedeihen, ja für das bestehende Glück einer Gemeinschaft, das wir hier beibringen können – das Wachstums-Verhältnis der Bevölkerung.
Man nimmt allgemein an, dass wenn die Bevölkerung eines Landes rapide zunimmt, diese nicht sehr bedrückt und schlecht regiert sein kann. Das gegenwärtige System, durch den Anbau von Kaffee und Zucker, die zu einem bestimmten Preis der Regierung verkauft werden, ein Einkommen zu erzielen, begann 1832. Gerade vorher im Jahre 1826 betrug die Bevölkerungszahl nach einem Zensus 5 500 000, während sie zu Beginn des Jahrhunderts auf 3 500 000 geschätzt wurde. 1850, als das Kultursystem achtzehn Jahre lang betrieben worden war, betrug die Bevölkerung nach einem Zensus über 9 500 000, also in vierundzwanzig Jahren ein Anwachsen von dreiundsiebzig Prozent. Bei der letzten Zählung 1865 war sie auf 14 168 416 gestiegen, ein Wachsen von fast fünfzig Prozent in fünfzehn Jahren – ein Verhältnis, nach welchem die Bevölkerung in ungefähr sechsundzwanzig Jahren sich verdoppeln würde. Da Java (mit Madura) ungefähr 38 500 geographische Quadratmeilen fasst, so macht das durchschnittlich 368 Personen auf die Quadratmeile, gerade das Doppelte von der bevölkerten und fruchtbaren Präsidentschaft Bengalen, wie es in Torntons Gazetteer of India angegeben ist, und voll ein Drittel mehr als die Bevölkerungszahl von Großbritannien und Irland nach dem letzten Zensus. Wenn, wie ich glaube, diese bedeutende Bevölkerung im Großen und Ganzen zufrieden und glücklich ist, so sollte sich die holländische Regierung wohl vorher bedenken, ehe sie plötzlich ein System aufgibt, das zu so bedeutenden Resultaten geführt hat.
Als Ganzes genommen und von allen Seiten betrachtet ist Java vielleicht die schönste und interessanteste