10xDNA – Das Mindset der Zukunft. Frank Thelen

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100.000 mal mehr Prozessorpower und rund 1.000.000 mal mehr Arbeitsspeicher als jene Rechner, die die erste Mondlandung ermöglichten.

      Speziell diese exponentielle Entwicklung brachte viele Sprung-Innovationen mit sich, denn mit immer mehr Rechenleistung konnten auch immer größere Probleme gelöst werden.

      Wright’s Law

      Das zweite wichtige Theorem zum besseren Verständnis des exponentiellen Fortschritts wurde in den 1930er Jahren vom US-amerikanischen Luftfahrtingenieur Theodore Paul Wright formuliert. Er entdeckte, dass die Stückkosten von Flugzeugen mit steigender Produktionsmenge konstant sanken. Seine Daten zeigten, dass je 1.000 produzierter Flugzeuge die Kosten pro Flugzeug um 15 % zurückgingen. Dieser Trend setzte sich mit steigender Produktion fort.

      Wright’s Law ist bei Wirtschaftswissenschaftlern auch bekannt als Erfahrungskurveneffekt und wurde in allen Details analysiert. Für exponentielles Denken hat das Theorem allerdings eine ganz entscheidende Bedeutung: Stellen heute die Kosten von Bauteilen eine Hürde dar und erscheint eine Innovation deshalb unwirtschaftlich, kann sie in naher Zukunft wirtschaftlich werden.

      Das aktuell populärste Beispiel sind Elektroautos. Während der Entwicklungsphase des Tesla Roadsters im Jahr 2006 lagen die Kosten für die Akkus noch bei über 300 Dollar pro Kilowattstunde. Das Akkupack eines Tesla Roadsters kostete über 15.000 Dollar, ein Angebot für den Massenmarkt war undenkbar. 2017, zum Start von Model 3, waren die Kosten schon auf 145 Dollar pro Kilowattstunde gesunken und das Akkupack verursachte rechnerisch nur noch Kosten von unter 5.000 Dollar. Heute kostet Tesla die Kilowattstunde weniger als 100 Dollar und der Preis wird immer kompatibler für den Massenmarkt.

      Auch in benachbarten Industrien kann Wright’s Law alles auf den Kopf stellen. Ist die stetige Kostendegression erst einmal in Gang, können sich Kostenstrukturen industrieübergreifend sehr schnell fundamental ändern. Dies birgt Chancen für disruptive Anbieter, die diese Entwicklungen im Blick haben. Die steigende Nachfrage und Produktion von Akkus für Elektroautos sorgt dafür, dass deren Produktionskosten sinken. Dies wiederum ermöglicht den wirtschaftlichen Einsatz von Akkus in zahlreichen anderen Industrien, zum Beispiel in E-Scootern, E-Bikes oder Elektrorollern. Man kann über die E-Scooter, die es inzwischen zuhauf in jeder Großstadt gibt, sagen, was man will.

      Kosten für Lithium-Ionen-Batterien

      In jedem Fall sind sie ein einwandfreies Beispiel dafür, wie die Effekte durch Wright’s Law in einer Branche (E-Auto) zum Entstehen eines vollkommen neuen Geschäftsfelds (E-Scooter) führen können.

      Kurzweil’s Law

      Das von Ray Kurzweil geprägte Axiom nennt sich eigentlich »the law of accelerating returns« und ist die zentrale Grundlage seiner Arbeiten. Ray sagt voraus, dass die Menschheit in ein Zeitalter des exponentiellen Fortschritts einsteigt, in dem die Fortschritte der nächsten hundert Jahre sich wie zwanzigtausend Jahre Fortschritt anfühlen werden.

      nanos gigantum humeris insidentes – Wir stehen auf den Schultern von Giganten.

      Bernardus Carnotensis, 1214

      Kern des Axioms ist die Erkenntnis, dass jede neue Generation von Wissenschaftlern und Tüftlern auf die Ergebnisse der vorherigen Generation zurückgreifen kann. Ein sehr einfaches Beispiel: Die Erfinder des Taschenrechners hatten nur Papier und Bleistift zur Verfügung. Die nachfolgende Erfindergeneration konnte schon mit Taschenrechnern arbeiten. Heutzutage haben Forscher Zugriff auf Supercomputer, künstliche Intelligenz und Gas-Chromatographen – ein ganzes Arsenal an Hightechtools.

      Gas-Chromatographen sind Instrumente, die in sehr sensitiven Analyseverfahren Gemische in einzelne chemische Verbindungen auftrennen können. So lassen sich auch extrem geringe Substanz- mengen nachweisen.

      Ein zweiter Faktor für den exponentiellen Fortschritt ist sehr banal: Es gibt immer mehr Akademiker und Forscher. Der britische Professor Derek de Solla Price stellte schon 1961 fest, dass »90 Prozent aller Wissenschaftler, die jemals auf der Erde gelebt haben, heute leben«. An der Zahl der seit 1900 vergebenen Doktortitel ist zu sehen, wie stark die Zahl der Akademiker zunimmt.

      Jährlich weltweit vergebene PHDs

      Immer mehr Forscher arbeiten mit immer mehr Wissen und immer besseren Werkzeugen an den Innovationen der Zukunft.

      Wer diese drei Theoreme verinnerlicht und die Grundkonzepte der Technologien aus dem 10xBaukasten verstanden hat, ist auf dem besten Wege, seine eigene 10xDNA zu entwickeln.

      Die größte Schwäche der menschlichen Zivilisation ist unsere Unfähigkeit, eine exponentielle Wachstumsfunktion zu begreifen.

      Allen A. Bartlett, 1969

      Was treibt den 10x Fortschritt an?

      Unser Gehirn denkt lieber linear statt exponentiell. Im Zeitalter des exponentiellen Fortschritts ist das schlecht für uns. Rechenleistung wird stärker, Server- und Speicherkapazitäten günstiger, Wissen und Erkenntnisse sind überall und für jedermann verfügbar. Die Voraussetzungen für technologischen Fortschritt werden fortlaufend besser und technologische Entwicklungen verstärken sich gegenseitig. Je effizienter unsere Computer werden, desto effizienter werden unsere Entwickler und Forscher. Dadurch dürfte es schon sehr bald eine Reihe von Durchbrüchen in den unterschiedlichsten Bereichen geben.

      Die vierte industrielle Revolution – Diesmal ist alles anders!

      Wenn technologische Innovationen tiefgreifende gesellschaftliche Auswirkungen haben, sprechen wir von »industriellen Revolutionen«. In den letzten 300 Jahren hat die Menschheit drei industrielle Revolutionen durchlaufen – jede wurde ausgelöst durch die Erfindung und Implementierung einer neuen Basistechnologie.

      Die erste industrielle Revolution – das Maschinenzeitalter – begann Ende des 17. Jahrhunderts mit der Erfindung der Dampfmaschine. Dampfkraft ermöglichte große Maschinen, Eisenbahnen, Dampfschiffe. Es entstanden Fabriken und mit ihnen eine Arbeiterklasse.

      Die zweite industrielle Revolution – die Industrialisierung – Anfang des 20. Jahrhunderts basierte auf der Nutzbarmachung von Elektrizität, wodurch Erfindungen wie die Glühbirne, der Telegraf oder die Fließbandfertigung möglich wurden.

      Die dritte industrielle Revolution – das digitale Zeitalter – wurde durch die Erfindung von Mikrochips ausgelöst. Durch die integrierten Schaltkreise wurde die Digitalisierung möglich, die wiederum Erfindungen wie den Taschenrechner (1967), Personal Computer (1976), Datenbanken (1977) und das Internet (1969) mit sich brachte.

      Heute befinden wir uns an der Schwelle zur vierten industriellen Revolution. Und dieses Mal ist alles anders.

      Die ersten drei industriellen Revolutionen basierten jeweils auf dem Durchbruch einer neuen Grundlagentechnologie, die neue Innovationen und Produkte nach sich zog. Doch heute stehen zeitgleich mehrere neue, transformative Basistechnologien bereit, was zu einer kambrischen Explosion an Innovationen in allen Bereichen der Gesellschaft führen wird.

      Kambrische Explosion beschreibt die explosionsartige Entwicklung fast aller heutigen Tierstämme zu Beginn des Kambriums (Periode der Erdgeschichte).

      Durch Fortschritte in der Anwendung künstlicher Intelligenz erhalten Wissenschaftler in allen Forschungsfeldern neue, mächtige Analysewerkzeuge. Immer vielseitigere Funktionen können in immer mehr Bereichen eingesetzt werden, zum Beispiel in der medizinischen Forschung oder der Materialentwicklung.

      Roboter werden in den nächsten Jahren viele Aufgaben schneller und zuverlässiger erledigen als wir. Noch entscheidender: