Название | Fiona - Spinnen |
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Автор произведения | Zsolt Majsai |
Жанр | Языкознание |
Серия | Die Kristallwelten-Saga |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783956673450 |
Ich muss unbedingt herausfinden, wo ich überhaupt gelandet bin. Wozu, verdammt nochmal, gibt es so viele Gleise? Auch das Spinnennetz finde ich äußerst irritierend.
Der E-TERM erinnert mich ein wenig an meine ersten Erfahrungen an einem PC. Da war ich etwa zehn. Die Grafik ist hier allerdings deutlich besser und der Bildschirm berührungsempfindlich. Tastatur oder eine Maus gibt es nicht. Und auch kein Internet oder etwas Ähnliches.
Das System dient vor allem dazu, sich mit allem zu versorgen, was nötig ist. Wenn ich es richtig verstehe, gibt es zwar auch die Möglichkeit, einkaufen zu gehen, aber es scheint nicht üblich zu sein.
Der Ort, wo ich mich befinde, heißt Lomas. Im Grunde scheint er ein riesiger Bahnhof zu sein. In einem Programm, das für die Wartungstechniker zu sein scheint, erfahre ich, dass von maximal möglichen 42.000 Zügen derzeit 38.734 im Bahnhof sind.
38.734??? Hallo? Was zum Teufel ist das hier? Und wie groß ist der Bahnhof eigentlich?
Letzteres finde ich nicht heraus, aber es gibt wohl ein Programm, mit dem ich Routen zu verschiedenen Zielen in oder auf Lomas berechnen lassen kann. Manche Routen scheinen ziemlich lang zu sein, denn ich würde mit so einem Aufzug, der Bomo heißt, mehrere Ruls brauchen. Omar hat erwähnt, dass er üblicherweise zwei Ruls zwischen zwei Schichten hat. Wenn es nur halbwegs ähnlich ist wie bei uns, wird ein Rul etwa acht Stunden entsprechen.
Das Programm nutzt zur Fortbewegung allerdings nicht nur die Bomos, die sich sowohl vertikal als auch horizontal bewegen können, sondern auch Magnetbahnen. Ich gehe davon aus, dass Magnetbahnen ziemlich schnell sind, Lomas also richtig groß sein muss. Bei fast 40.000 Zügen sowieso.
Wo bin ich bloß gelandet?
Ich denke nach. Soweit ich es sehen kann, ist in dieser Welt die Technik, wenn man von einigen Eigenarten absieht, auf einem ähnlichen Stand wie in der Welt, aus der ich ursprünglich komme. Die Computertechnologie erinnert mich teilweise ans Ende der Achtziger, teilweise an das 21. Jahrhundert. Auch die Kleidung ist durchaus vergleichbar, im Kleiderschrank hängen sogar Jeans. Wo die Baumwolle dafür auch immer herkommen mag. In gewisser Weise scheint Lomas einer riesige Weltraumstation nicht unähnlich zu sein, und die Menschen hier biologisch und psychologisch den Menschen, die ich kenne, zumindest, sagen wir mal, nachempfunden. Da ich ja, wahrscheinlich im Gegensatz zu ihnen, von den Göttern und ihrem Monopoly weiß, wäre ich nicht überrascht, wenn dieses Universum als eine Art Vorläufer meines ursprünglichen Universums gedient hätte. Dafür spricht, dass die Welt, in der ich die letzten Jahre verbracht habe, wie eine sehr vereinfachte Version des irdischen Mittelalters wirkt.
Ich brauche eine Bar. Oder etwas Ähnliches. Da könnte ich Kontakte knüpfen. Das bedeutet zwar auch, dass ich schon lange nicht mehr genutzte Verhaltensweisen hervorholen muss, aber ich glaube, ich kann es mir nicht leisten, zimperlich zu sein. Dann hätte ich ja auch nicht mit Omar schlafen dürfen.
Ich habe eine nicht zu unterschätzende Waffe: meinen Körper. Ich kann ihn zum Kämpfen einsetzen oder eben zum Verführen. Und solange ich nicht genau verstehe, wie diese Welt funktioniert, sollte ich mich nach Möglichkeit auf Sex beschränken.
Ich bediene mich im Kleiderschrank Omars. Jeans, deren Beine ich hochkrempele, eine Art Holzfällerhemd, darunter die kleinste Unterhose, die ich finden kann, Sportschuhe. Auf einen BH muss ich gezwungenermaßen verzichten, auf Socken verzichte ich freiwillig, nachdem ich sehe, was für welche Omar hat. Nein, danke.
Für mein Schwert finde ich eine Sporttasche, die groß genug ist. Ich stopfe sie mit Hemden voll und hoffe, dass es keine Scanner in den Bomos gibt. Oder sonst irgendwo. Zur Not kann ich auf das Schwert durchaus verzichten, aber es erinnert mich an Askan und Marbutan, deswegen ist es mir wichtig. Vielleicht ergibt sich noch eine Gelegenheit, es irgendwo sicher aufzubewahren. Aber ganz sicher nicht in der Wohnung von Omar. Ich würde eine weitere Begegnung mit ihm gerne vermeiden. Auch wenn er mir sehr geholfen hat, mehr, als er ahnt, sind meine Gefühle für ihn, nachdem wir zweimal Sex hatten, nicht positiv, um es mal freundlich auszudrücken. Eigentlich würde ich am liebsten kotzen.
Zum Schluss suche ich noch etwas, womit ich meine Haare binden kann. Sie sind offen zu lang und zu auffällig. Abschneiden will ich sie erst, wenn es sich gar nicht vermeiden lässt. Ich habe sie fast 20 Jahre lang kurz getragen, irgendwie gefallen sie mir so lang.
Schließlich finde ich ein Dekoband von irgendeiner Geschenkverpackung, die unauffällig genug ist, damit binde ich mir einen hohen Pferdeschwanz. Dann nehme ich die Tasche mit dem Schwert und verlasse die Wohnung.
Ein sehr langer Korridor mit sehr vielen gleichen Türen mündet in einen kleinen Raum mit einer Haltestelle für Bomos. Diese werden über einen Touchscreen gesteuert. Ich gebe das Ziel ein, dessen Schlüsselnummer ich mir gemerkt habe.
Die Tür schließt sich und die Kabine setzt sich in Bewegung.
Zum Glück bin ich allein. Ich setze mich, lehne mich gegen die Wand und schließe die Augen.
So viel habe ich bereits verstanden: Sonne, Sterne, überhaupt einen Himmel, all das gibt es hier nicht. Das gab es schon in der Mittelalter-Welt nicht, nur das Spiegelbild eines Mondes, aber dort gab es wenigstens etwas Ähnliches. Die Treppe führte im Ewigen Turm nach unten, vielleicht ist dieses Universum in Ebenen aufgebaut und es geht nur noch nach unten.
Was für eine symbolische Aussage!
Als ich die Bomo verlasse, vergesse ich für einen Augenblick, dass ich mich gar nicht mehr in meinem Universum befinde und wähne mich in einer Shopping Mall. Dann ist der Augenblick auch schon vorbei. Geschäfte gibt es hier nicht, nur Bars, einige Dutzende. Die meisten sind jetzt geschlossen, die normalen Menschen arbeiten anscheinend.
Dennoch finde ich eine Bar, die offen hat. Viele Gäste sind nicht darin. Sie sieht sauber und ordentlich aus, einfach eingerichtet, am ehesten mit einem Bistro von der Erde vergleichbar.
„Soumbala“, so steht es über der Eingangstür. Erinnert mich an Tiefschlaf. Nun ja.
Ich betrete die Bar und sehe mich unauffällig um, während ich auf einen Tisch am Fenster zugehe. Der Wirt, in sauberes T-Shirt gekleidet, kräftig gebaut, älter, mit grauem, schütterem Haar. Eine Kellnerin, blond, aber gefärbt, ungeschickt geschminkt, die großen Brüste mit Mühe in einem viel zu tiefen Ausschnitt gebändigt. Ein Paar in meinem Alter und zwei Männer Anfang vierzig, eindeutig schwul. Ein Mann ohne Begleitung, Glatze, über fünfzig.
Die überblonde Kellnerin kommt sofort auf mich zugestürzt und taxiert mich. Eigentlich bin ich keine Konkurrenz für sie, abgesehen vom ähnlichen Alter dürften wir nichts gemeinsam haben. Außerdem blondiert sie ihre Haare, meine hingegen sind erkennbar von Natur aus so hell.
„Kaffee?“, fragt sie, während sie sich so neben mir aufbaut, dass der Glatzkopf mich kaum sehen kann.
„Ja. Was gibt es zu trinken?“
„Bier!“
„Gut, dann nehme ich Bier.“
Da bin ich ja mal gespannt, was für ein Bier die haben. Darüber, wo die Rohstoffe dafür herkommen, denke ich lieber gar nicht erst nach. Irgendwie habe ich plötzlich Sehnsucht nach der Landwirtschaft von Kasunga. Auch ohne Sonne war der Wein erstaunlich gut.
Ich beobachte flüchtig die Gäste. Die beiden Pärchen sind für mich uninteressant, ich kann ihnen nichts bieten, was sie haben wollen. Leider anscheinend auch dem Glatzkopf nicht, denn er sieht mich gar nicht an. Entweder ist der auch schwul oder ganz raus aus dem Spiel. Bei einem Glatzkopf eher verwunderlich. Andererseits, ein Klischee, das auf der Erde wahr war, muss nicht auch hier stimmen.
Wäre gut zu wissen, womit hier eigentlich bezahlt wird. Auf der Tafel über der Bar stehen nur die Zahlen, keine Währungsangabe.
Mein