Dr. Daniel Classic 39 – Arztroman. Marie Francoise

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Название Dr. Daniel Classic 39 – Arztroman
Автор произведения Marie Francoise
Жанр Языкознание
Серия Dr. Daniel Classic
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783740962852



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Dr. Scheibler mitfühlend und streichelte über die Wange des schlafenden Mädchens. »Auf dich wartet in nächster Zeit leider nicht viel Schönes.« Dann wandte er sich der Krankenschwester zu, die hinter ihm stand. »Alexandra, bringen Sie die Kleine zum Röntgen. Ich bin zwar ziemlich sicher, daß ihre Bauchschmerzen keine körperliche Ursache haben, aber wir wollen ja nichts übersehen.« Er überlegte kurz. »Lassen Sie auch den Brustbereich röntgen. Man weiß ja nie, ob ein Schmerz, wenn er überhaupt vorhanden ist, nicht vielleicht ausstrahlt.«

      »Ist in Ordnung, Herr Doktor«, stimmte Alexandra zu.

      »Und nach dem Röntgen geben Sie ihr ein Paraxetamol-Zäpfchen. Das wird ihre Kopfschmerzen erträglicher machen.«

      Dr. Scheibler warf der jungen Patientin noch einen letzten Blick zu, dann kehrte er ins Ärztezimmer der Chirurgie zurück. Eine halbe Stunde später bekam er die Röntgenaufnahmen und glaubte seinen Augen nicht zu trauen.

      »Das darf doch nicht…«, begann er, dann eilte er zur Intensivstation und trat an Claires Bett. Vorsichtig schob er das Klinikhemd, das sie trug, nach oben und tastete gewissenhaft beide Brüste ab, in der Hoffnung, der Schatten auf dem Röntgenbild hätte vielleicht doch eine andere Ursache. Doch der Knoten in der linken Brust war deutlich zu fühlen.

      »Ist etwas nicht in Ordnung, Herr Doktor?« fragte Schwester Alexandra, als sie Dr. Scheibler bei der Patientin stehen sah.

      »Die Kleine muß sofort zur Mammographie«, entgegnete Dr. Scheibler ernst.

      Alexandra erschrak sichtlich. »Oh, mein Gott.«

      Mit einer Hand fuhr sich Dr. Scheibler durch das dichte Haar. »In den meisten Fällen sind diese Knoten harmlos, aber…« Er betrachtete den kleinen, verschwommen wirkenden Fleck auf dem Röntgenbild. »Ich will die Aufnahme so schnell wie möglich haben.«

      *

      Als Dr. Daniel erwachte, brach draußen schon die Dämmerung herein. Erschrocken sprang er auf, doch der Schmerz, der durch seinen Rücken fuhr, ließ ihn mitten in der Bewegung innehalten.

      »Ein Ledersessel ist eben doch nicht der richtige Schlafplatz«, murmelte er. »Mag er zum Sitzen auch noch so bequem sein.«

      Dr. Daniel versuchte, seinen steifen Rücken zu ignorieren, und verließ sein Sprechzimmer.

      »Na, Herr Doktor, ausgeschlafen?« fragte seine Sprechstundenhilfe lächelnd.

      »Mein liebes Fräulein Sarina, nächstes Mal wecken Sie mich aber bitte, wenn ich mir wieder ein solches Nickerchen genehmigen sollte«, meinte er, doch seine Stimme klang dabei nicht ärgerlich. Er wußte ja, daß seine beiden Damen es nur gut mit ihm meinten.

      »Wir hätten Sie gar nicht wecken dürfen«, entgegnete Sarina. »Anordnung von Dr. Scheibler. Er hat ausdrücklich gesagt, daß wir Sie schlafen lassen sollen. Im übrigen haben Gabi und ich die Nachmittagstermine abgesagt und dringende Fälle an die Waldsee-Klinik verwiesen.«

      Dr. Daniel seufzte. »Nun weiß ich gar nicht, ob ich mich über so selbständiges Personal freuen soll oder nicht.«

      Da lächelte Sarina. »Natürlich sollen Sie sich freuen.« Dann wurde sie wieder ernst. »Es nützt niemandem, wenn Sie sich körperlich ruinieren. Außerdem möchte Dr. Scheibler mit Ihnen sprechen, sobald Sie aufgewacht sind.«

      Besorgt runzelte Dr. Daniel die Stirn. »Hat er gesagt, weshalb?«

      »Nein, leider nicht.«

      Dr. Daniel nickte. »Also gut, dann fahre ich gleich mal zur Klinik rüber. Hoffentlich ist es nichts Unangenehmes.«

      Bereits in der Eingangshalle begegnete Dr. Daniel dem Oberarzt, und an dessen sorgenvollem Gesichtsausdruck war unschwer zu erkennen, wie ernst die Sache war, über die er mit Dr. Daniel sprechen wollte.

      »Robert, Gott sei Dank«, stieß Dr. Scheibler jetzt hervor. »Ich erwarte Sie schon ganz dringend.«

      »Es geht um Claire, nicht wahr?« vermutete Dr. Daniel, und dann sprach er seine ärgsten Bedenken aus, obwohl er sich vor der Antwort fürchtete. »Ist es durch die Operation womöglich doch zu einer Hirnschädigung gekommen?«

      Dr. Scheibler schüttelte den Kopf. »Es hat weder mit dem Unfall noch mit der Operation zu tun. Claire hat…« Er zögerte, atmete noch einmal tief durch und fuhr dann endlich fort: »Sie hat Brustkrebs.«

      Es dauerte ein paar Sekunden, bis Dr. Daniel diesen neuerlichen Schock einigermaßen verarbeitet hatte.

      »Das Mädchen ist erst sechzehn«, brachte er mühsam hervor.

      »Ich weiß«, entgegnete Dr. Scheibler leise. »Aber ein Irrtum ist leider ausgeschlossen. Ich habe eine Mammographie machen lassen und persönlich eine Biopsie vorgenommen. Das Ergebnis der feingeweblichen Untersuchung ist eindeutig.«

      Dr. Daniel, der das Mädchen schon seit vielen Jahren kannte, war persönlich zu stark betroffen, um gleich einen klaren Gedanken fassen zu können.

      »Wir haben den Tumor nur durch einen Zufall entdeckt«, fuhr Dr. Scheibler fort. »Claire klagte über Bauchschmerzen, und obwohl ich dahinter eine seelische Ursache vermutete, ließ ich sie röntgen. Auf den Aufnahmen, die den Brustkorb zeigten, war ein kleiner Schatten zu erkennen und…« Er zuckte die Schultern. »Den Rest kennen Sie.«

      Inzwischen war es Dr. Daniel gelungen, sich ein wenig zu fassen.

      »Sie muß umgehend zu Professor Thiersch«, erklärte er. »Am besten heute noch.«

      Dr. Scheibler nickte. »Dieser Meinung bin ich auch. Ich habe mit dem Professor allerdings noch nicht gesprochen, weil ich zum einen das Gespräch mit Ihnen noch abwarten wollte und zum anderen…« Wieder zögerte er einen Moment. »Franz, ich meine, Dr. Teirich hat gewisse Bedenken wegen der Kopfoperation von heute nacht. Die Erschütterungen, der die Kleine auf dem Transport nach München unweigerlich ausgesetzt wäre, könnten im schlimmsten Fall zu einer Gehirnblutung führen.«

      »Das Risiko müssen wir eingehen«, entgegnete Dr. Daniel entschlossen. »Was nutzt es, wenn wir den Transport nach München hinauszögern, um eine Gehirnblutung zu verhindern, und das Mädel stirbt dann statt dessen an Krebs.« Mit unübersehbarer Hoffnung in den Augen sah Dr. Daniel den Oberarzt an. »Ist der Krebs noch im Frühstadium?«

      »Ich denke schon«, antwortete Dr. Scheibler. »Allerdings ist meine Erfahrung auf diesem Gebiet nicht groß genug, als daß ich mit meiner Diagnose vollkommen sicher sein könnte. Ich war leider nur ein paar Jahre an der Thiersch-Klinik, aber der Professor wird Ihnen bestimmt mehr sagen können.«

      Dr. Daniel nickte, dann wollte er sich abwenden, um vom Ärztezimmer aus gleich Professor

      Thiersch zu verständigen, doch Dr. Scheibler hielt ihn noch zurück.

      »Robert, es tut mir leid«, meinte er. »Ich…« Mit einer Hand fuhr er sich durch das dichte Haar. »Ich weiß nicht, was ich dazu noch sagen soll. Wenn wir Claires Mutter hätten helfen können…«

      »Sie haben getan, was möglich war, Gerrit«, fiel Dr. Daniel ihm ins Wort. »Und wenn Claire noch geholfen werden kann, dann ist es auch Ihr Verdienst. Immerhin waren Sie derjenige, der den Krebs erkannt hat.«

      »Ein schwacher Trost«, murmelte Dr. Scheibler. »Meine Güte, sie ist doch noch ein Kind…«

      *

      Professor Thiersch war gerade im Begriff, sein Büro zu verlassen, als das Telefon klingelte.

      »Was ist denn noch?« bellte er ärgerlich in den Hörer.

      »Dr. Daniel aus Steinhausen möchte Sie dringend sprechen«, erklärte seine Sekretärin Herta Bogner. »Darf ich durchstellen?«

      Professor Thiersch grummelte etwas Unverständliches, was Herta Bogner offensichtlich als Zustimmung deutete, denn gleich darauf war Dr. Daniel am Apparat.

      »Herr Professor, es tut mir leid, daß ich Sie um diese Zeit noch stören muß«, erklärte er, »aber ich habe hier einen wirklich dringenden Fall.«

      »Ihre