MS Visual C++ 2010 в среде .NET. Библиотека программиста. Виктор Зиборов

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Название MS Visual C++ 2010 в среде .NET. Библиотека программиста
Автор произведения Виктор Зиборов
Жанр Программирование
Серия
Издательство Программирование
Год выпуска 2012
isbn 978-5-459-00786-2



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      Willi hatte mittlerweile Macvol gesehen und sich Hilfe suchend neben ihn gestellt. Außer kleinen blinkenden Fusseln, die im Raum herum schwebten, konnte Willi nichts erkennen. Es war nicht richtig dunkel, aber auch nicht hell. Macvol schob ihn von seinem Platz weiter in die Richtung, aus der das Brummen kam. Langsam ging Willi weiter. Als er ungefähr fünf Schritte gemacht hatte, begann sich eine Silhouette abzuzeichnen. Ein ziemlich großer, das heißt für seine Verhältnisse „großer“ alter Zwerg saß auf einem Holzstuhl, und je mehr sich Willi ihm näherte, umso mehr wurde auch alles andere im Raum erkennbar.

      Der Zwerg blickte unentwegt zu Willi. Er hatte eine große krumme, spitz zulaufende Nase. Sein Gesicht war von einem langen, grauen Bart eingefasst und wirkte sehr freundlich. Seine kleinen Augen blitzten wie Edelsteine. Auf dem blauen Hut drehten sich silberne Sterne und es schien so, als ob die Hutspitze sie fangen wollte. Der auffällige, silberne Umhang war kunstvoll bestickt und so lang, dass er auf dem Boden schleifte.

      „Setz dich bitte, Willi“, sagte der Zwerg und nickte ihm dabei aufmunternd zu.

      Kaum war der Satz ausgesprochen, rutschten zwei Stühle und ein kleiner Tisch mit drei Gläsern heran. In der Mitte des Tisches befand sich eine Schüssel gefüllt mit etwas, das aussah wie weiße Federn.

      „Bevor wir uns unterhalten, solltest du dich ein wenig stärken. Bedien dich nur!“

      Ohne zu zögern, nahm Willi das Glas und setzte es zum Trinken an. Der Kakao schmeckte vorzüglich.

      „Probiere auch unsere Flaumflocken, die werden dir bestimmt gut schmecken“, fügte der alte Zwerg mit einem erstaunten Blick hinzu, da Willi das Glas in einem Zug leer getrunken hatte.

      Flaumflocken? Was soll das denn sein?, dachte Willi. Da er aber sehr großen Hunger hatte, griff er nach einer Flaumflocke. Macvol setzte sich zu ihm an den Tisch und nahm sich das andere Glas. Dabei beobachtete er Willi und lächelte ein wenig. Willi drehte die Flaumflocke argwöhnisch vor seinen Augen hin und her und dachte an das plüschige Gefühl im Mund, welches ihn wohl gleich erwartete. Doch was war das? Kaum hatte er die Flaumflocke in den Mund gesteckt, überkam ihn das Gefühl, einen wundervollen Eierkuchen zu essen. Er machte einen genießerischen Seufzer und griff wie ausgehungert nach weiteren Flaumflocken.

      Sein Schmatzen störte Macvol wohl nicht, denn er zupfte an seinem Hut herum und begann andächtig zu sprechen.

      „Alwis, wir sollten uns ein wenig beeilen und Willi etwas über seine Aufgabe erzählen.“

      Er blickte zu Willi hinüber, der sich genüsslich noch eine Flocke in den Mund steckte, obwohl eine andere an seiner Wange klebte und wackelte, als ob sie es nicht erwarten konnte, verspeist zu werden.

      „Du hast Recht, Macvol, beginnen wir.“

      Alwis sah zu Willi hinüber, der sich gerade über sein volles Glas Apfelsaft wunderte.

      „Ich bin Alwis, der weiseste, älteste und größte aller Zwerge“, sprach er stolz.

      „Ich möchte dir eine Geschichte erzählen, die dir sicher einige Fragen beantworten wird. Hör und sieh mir genau zu!“

      Alwis sah mit funkelndem Blick zur Mitte des Tisches. Es entstand ein nebelartiger Dunst und silbrige, zunächst noch undefinierbare Fäden entfalteten sich zu Figuren, die sich später in voller Farbenpracht bewegten. Willi fühlte sich wie im Kino in der ersten Reihe sitzend, als Alwis mit seiner brummigen Stimme zu erzählen begann:

      „Es ist schon eine Ewigkeit her. Zwerge und Menschen lebten vor vielen, vielen Jahren friedlich nebeneinander her. Keiner wollte dem anderen etwas Böses. Man respektierte sich gegenseitig, hatte aber auch nicht viel miteinander zu tun. Eines Tages allerdings beauftragte König Gustavus einen Zwerg, ihm zur Hochzeit seiner Tochter ein Amulett zu fertigen, welches aus reinem Gold und mit Diamanten besetzt sein sollte. Er wusste, dass die Zwerge die schönsten Schmuckstücke fertigen konnten und seit jeher wie kein anderes Volk die Kunst des Goldschmiedens verstanden.

      So trug es sich zu, dass Diemos, so hieß der beauftragte Zwerg, ein wunderschönes Amulett schmiedete. Es war mit drei Brillanten besetzt. Doch was dann geschah, sollte das Leben der Zwerge für immer verändern. Diemos verletzte sich beim Schleifen des letzten Diamanten am Finger, und Diamantstaub gelangte in seinen Körper. Doch das war noch nicht alles: In das Amulett floss ebenso Blut – Zwergenblut! Seit diesem Augenblick fühlte Diemos eine enge Verbundenheit mit dem Amulett. Er sollte es bald dem König überreichen, doch dieser Gedanke brachte ihn fast um den Verstand, so sehr war er bereits besessen von ihm.

      Er bemerkte auch nicht, dass er gierig nach Reichtum geworden war. Am Tag der Übergabe ging Diemos, der durch die Gier in der kurzen Zeit sein jugendliches Aussehen komplett verloren hatte, schwermütig zum König. Als er mit dem Amulett in der Hand vor dem König stand, beging er einen großen Fehler. Er konnte das prachtvolle Schmuckstück einfach nicht aus der Hand geben und rannte mit ihm so schnell er konnte davon. Somit war aus ihm ein Dieb auf der Flucht vor des Königs Armee geworden.

      Freilich, ein Zwerg hat im Wegrennen große Vorteile - er ist unglaublich schnell und imstande, sich vortrefflich zu verstecken, doch selbst ein noch so geschickter Zwerg kann nicht ewig davonlaufen. Die Garden von König Gustavus konnten ihm allerdings nicht folgen und fanden ihn auch nirgendwo.

      Mit jedem Tag, der verging, ohne dass der diebische Zwerg gefunden wurde, wuchs der Zorn des Königs, sodass das ganze Land seine auf ein Unmaß angewachsene Bitterkeit zu spüren bekam. In seinem Groll verfluchte er die gesamte Zwergenwelt und beschloss, dass die Zwerge sich nicht mehr unter die Menschheit wagen sollten, oder man tötete sie.

      Jedermann landauf landab wusste von dem Diebstahl des wertvollen Amuletts, aber nur wenige vermochten die Macht des Amuletts zu erkennen. Einer der Wenigen war der große und selbstsüchtige Zauberer Hobjark, dem nichts entging. Er wollte das Amulett natürlich unbedingt in seinen Besitz bringen und schickte seine Agiore durchs Land. Wochenlang durchforsteten sie jeden Winkel, folgten jedem noch so kleinen Hinweis und noch so spekulativen Spuren, doch ihre Suche blieb ebenfalls erfolglos. Niemand fand schließlich den gierigen Zwerg. Langsam vergaßen die Zwerge und die Menschen das Amulett und gingen wieder dem normalen Tagesgeschäft nach.

      So auch einer deiner Vorfahren, der Fredo hieß. Er war Töpfer und besaß damals eine kleine Töpferei in Kreiblich. Das Dorf existiert schon lange nicht mehr. Es lag ganz in der Nähe von Drehbach. Als er eines Tages mit seinem wackligen Leiterwagen Tonkrüge zum Basar fuhr, um sie feilzubieten, fiel einer der Töpfe vom Karren. Noch schimpfend über den Verlust von mindestens fünf Gulden, hob er die Scherben auf. Doch plötzlich sah er in den Trümmern etwas Glänzendes aufblinken. Es war das goldende Amulett.

      Diemos wollte es wohl bei seiner Flucht schnell loswerden und hatte es in diesem Krug versteckt, um es später wieder zu holen. Fredo traute seinen Augen kaum. Er hatte von dem Verlust des Amuletts und auch, als einer der Wenigen, von dessen besonderer Macht gehört. Also steckte er es heimlich und unbemerkt in seine Tasche und erzählte niemanden etwas davon.“

      „Und wieso soll ich der Erbe des Amuletts sein?“, unterbrach Willi den brummenden Zwerg voller Zweifel.

      „Hab doch Geduld, Willi, ich muss dir noch mehr erzählen; dann wirst Du verstehen“, sagte Alwis ruhig und die Bilder auf dem Tisch begannen, sich wieder zu bewegen.

      „Eines Tages suchte ein Zwerg Fredo auf, obwohl es untersagt war, dass Zwerge sich unter die Menschen mischten. Es war Diemos, der sein Amulett holen wollte. Er sah inzwischen uralt aus, trug zerfetzte Kleidung und einen löchrigen, modrig riechenden Hut. Sein Verlangen nach dem Amulett hatte ihn unstet werden lassen und machte ihn fast krank. Er hatte keine Wahl, er musste in die Menschenwelt zurück, um das Kleinod an sich zu bringen.

      Erschrocken über den ungebetenen Besucher, war Fredo jedoch fest entschlossen, das Amulett zu behalten. Er verleugnete dessen Besitz standhaft und vehement, sodass Diemos unverrichteter Dinge wieder gehen musste.

      Diemos war davon überzeugt, dass Fredo im Besitz des Amuletts sein musste, doch er war nicht in der Lage, es ihm zu entwenden, auch wenn er aus tiefstem Herzen