Название | Gesammelte Werke von Rudyard Kipling |
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Автор произведения | Редьярд Киплинг |
Жанр | Книги для детей: прочее |
Серия | |
Издательство | Книги для детей: прочее |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9788027209255 |
Die erste Viertelstunde fühlte sich Tarvin höchlichst belustigt, spendete beiden Parteien Beifall und hetzte sie gegeneinander. Dann ermahnte er sie, zum Abschluß zu gelangen, und als er kein Gehör fand, wurde ihm die Hitze plötzlich unleidlich und er donnerte beide an.
Der Büffeltreiber hielt einen Augenblick erschöpft inne, und diese Pause benützte der Babu, um auf Tarvin loszufahren, ihn am Arm zu packen und ihm förmlich in die Ohren zu brüllen: »Alles abgemacht, Euer Gnaden! Alles abmache ich! Dieser Mann höchst gebildeter Mann! Sie mir das Geld geben, ich alles besorge!«
Blitzschnell hatte sich aber der Büffeltreiber seines andern Arms bemächtigt und flehte Tarvin in fremdartigen Lauten an, doch ja seinem Gegner kein Gehör zu schenken. Als Tarvin unwillkürlich zurückwich, folgten ihm beide, jeder mit der freien Hand dramatisch die Worte ergänzend, wobei der Stationsmeister immer schlechteres Englisch sprach und der Fuhrmann die Scheu vor dem weißen Mann ganz vergaß. Jetzt schüttelte Tarvin beide ab, schleuderte seine Reisetasche in den Büffelkarren, sprang selbst hinein und rief das einzige indische Wort, das ihm zu Gebot stand. Zum Glück war es das Wort, das in Indien alles in Bewegung setzt – »Challoh«, was man mit vorwärts marsch übersetzen kann.
Kampf und Streit und Verzweiflung hinter sich lassend, rollte Nikolas Taruin aus Topaz, Staat Colorado, in die Wüste von Radschputana hinein.
Sechstes Kapitel.
Vier Tage können einem unter Umständen zur Ewigkeit werden. Die Umstände, unter denen das geschehen kann, hatte Tarvin vollzählig in dem Büffelkarren vorgefunden, aus dem er sechsundneunzig Stunden, nachdem die Büffel sich aus dem Staub von Ramut herausgewälzt hatten, hervorkroch. Diese sechsundneunzig Stunden dehnten sich hinter ihm wie ein gespenstischer Zug staubverhüllter, kreischender Unholde. Der Büffelkarren legte in der Stunde zwei und eine halbe englische Meile zurück. In der Zeit, während der er ein ziegelrotes, von hohen Saummauern umgürtetes Flußbett entlang kroch, konnte man in Topaz – o glückseliges Topaz! – ein Vermögen gewinnen oder verlieren! Während der Mahlzeiten am Wegrand, wo der Treiber über einer Wasserpfeife, nicht viel handlicher als eine alte Rohrflinte, stundenlang trödelte, hätten in Amerika Städte entstehen und wieder in Trümmer zerfallen können gleich Theben! Während dieser und andrer Wartezeiten – die Reise schien ihm hauptsächlich aus Wartezeiten zu bestehen – hatte Tarvin immer das Gefühl, von jedem einzelnen Bürger der Vereinigten Staaten überholt zu werden, und erlitt namenlose Qual durch das Bewußtsein, diese verlorene Zeit im ganzen Leben nicht wieder einbringen zu können!
Schlanke Rohre mit scharlachroten Köpfen ragten wie Fahnenstangen aus dem hohen Gras der sumpfigen Niederungen zwischen den Hügeln hervor. Die Schnepfen und Wachteln fanden es kaum der Mühe wert, den Büffelnasen auszuweichen, und als Tarvin einmal um die Morgendämmerung auf einem glitzernden Felsen lag, sah er zwei junge Panther wie Kätzchen miteinander spielen.
Ein paar Meilen von Rawut entfernt, hatte der Treiber vom Boden des Karrens ein breites Schwert geholt, das er sich um den Hals hing und mitunter statt einer Gerte für die Büffel, benützte. Tarvin sah also, daß hier wie in seiner Heimat jedermann bewaffnet war, aber die drei Fuß plumpen Stahls erschienen ihm als ein sehr armseliger Ersatz des leichten, handlichen Revolvers.
Einmal stand Tarvin in seinem Karren auf und ließ einen fröhlichen Hurraruf ertönen, weil er das weiße Dach eines Prairieschoners zu erblicken glaubte, es war aber nur eine riesige Ladung Baumwolle, die von sechzehn Büffeln geschleppt wurde und auf den vielen Erdwellen auf und ab schwankte. Die ganze Reise über sengte die indische Sonne sein Haupt, daß er’s nicht mehr begriff, wie er früher den immerwährenden Sonnenschein Colorados als Vorzug hatte rühmen mögen. In der Morgenfrühe funkelte der Tau von den Felsblöcken, als ob man Diamanten darüber ausgegossen hatte, um Mittag entsandte der Sand in den Flußläufen Lichtblitze, daß man zu erblinden fürchtete. Gegen Abend stellte sich ein kalter, trockener Wind ein, und die Hügelketten, die den Horizont begrenzten, leuchteten in unerhört mannigfaltiger Farbenpracht. Jetzt begriff Tarvin, warum man vom Wunderland des Ostens spricht, denn die Höhen schienen aus lauter Rubinen und Amethysten zu bestehen, dazwischen schimmerte es milchweiß wie Opal. Auf dem Rücken ausgestreckt lag Tarvin in seinem Büffelkarren und starrte in die Abendbeleuchtung hinein, mitunter von dem Zweifel beschlichen, ob das Halsband des Radscha sich mit diesem Glanz werde messen können.
»Die Wolken wissen, was mich herführt,« sagte er sich. »Ich nehm’s als gutes Omen.«
Der Plan, den er sich vorgezeichnet hatte, war ebenso klar als einfach. Er wollte das Halsband kaufen und bezahlen mittels einer Verpfändung von Topaz. Die Stadt mußte das Geld aufbringen, natürlich nicht offiziell für diesen Zweck Topaz war ihm gut dafür, und wenn der Maharadscha Miene machte, den Preis unsinnig zu steigern, so bildete man einfach ein Syndikat.
Während der Karren dahinschwankte, daß Tarvin den Kopf bald rechts bald links anstieß, dachte er unaufhörlich, wo Käte jetzt wohl sein möge. Unter günstigen Umständen konnte sie schon in Bombay eingetroffen sein: soviel wußte er durch genaue Berechnung ihrer Route. Aber ein Mädchen allein konnte doch unmöglich so schnell von einer Hemisphäre zur andern kommen, wie ein Mann, den keine Fessel band und den die Liebe zu ihr und zu Topaz anspornte! Vielleicht ruhte sie sich jetzt ein Weilchen bei der Zenana-Mission in Bombay aus. Den Gedanken, daß sie unterwegs krank geworden sein könnte, wies er mit aller Macht von sich. Sie ruhte jetzt aus, ließ sich Befehle und Vorschriften erteilen, machte sich ein wenig mit den Wundern des seltsamen Landes vertraut, an denen er achtlos vorübergejagt war, aber in ein paar Tagen spätestens mußte sie in Rhatore eintreffen, in dem nämlichen Rhatore, wohin ihn die Büffel schleppten!
Er lachte in sich hinein und schnalzte mit den Lippen, wenn er sich ihre Begegnung ausmalte, und es vertrieb ihm die Zeit, sich auszudenken, wo ihre Gedanken ihn Wohl suchen mochten!
Kaum vierundzwanzig Stunden nach seiner Unterredung mit Frau Mutrie hatte er Topaz verlassen. Er war mit dem Zug, der die Paßhöhe hinter Topaz hinaufklettert, nach San Francisco gefahren, ohne daß jemand von seinem Vorhaben gewußt, ohne daß er von jemand Abschied genommen hätte. Vielleicht daß Käte die Innigkeit des Gutenachtgrußes aufgefallen war, womit er sie bei der Rückkehr von den Heißen Quellen an ihres Vaters Thüre verlassen hatte, aber sie hatte keine Bemerkung darüber gemacht, und er hatte sich mit Selbstüberwindung losgerissen, um sein Geheimnis nicht zu verraten. Am andern Morgen hatte er in aller Stille einige Bauplätze verkauft, recht ungünstig zwar, aber er brauchte eben Geld für die Reise. Dieses Geschäft sah ihm gleich, daß es trotz des schlechten Preises nichts Auffälliges an sich hatte, und als er schließlich von seinem Eisenbahnwagen aus die Lichter des Thals tief unter sich blinken sah, durfte er sich sagen, daß die Stadt, zu deren Heil und Segen er nach Indien ging, nicht die leiseste Ahnung von seinem wohlthätigen Plan habe! Um aber auch noch fernerhin für die Erhaltung ihrer Ahnungslosigkeit zu sorgen, erzählte er dem Schaffner, mit dem er wie üblich eine Zigarre rauchte, im tiefsten Vertrauen von einer kleinen Minenspekulation in Alaska, die seine persönliche Anwesenheit erfordere. Er durfte sicher sein, daß diese Mitteilung morgen in Topaz von Mund zu Mund gehen würde.
Der Schaffner hatte ihn für einen Augenblick in Verlegenheit gebracht durch die Frage, was dann mittlerweile aus seiner Wahl werden solle, aber er hatte ihm, schnell gefaßt, zur Antwort gegeben, was das betreffe, sei alles abgemacht, und ihm dann wieder einige Geheimnisse über die Art und Weise dieser Abmachung anvertraut, so daß er sicher gehen durfte, seine Mitbürger würden Bescheid bekommen.
Immerhin zerbrach er sich unterwegs manchmal den Kopf darüber, wie seine