Der kleine Fürst Staffel 6 – Adelsroman. Viola Maybach

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Название Der kleine Fürst Staffel 6 – Adelsroman
Автор произведения Viola Maybach
Жанр Языкознание
Серия Der kleine Fürst
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783740927226



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hätte er die Frage laut gestellt, bekam er im nächsten Augenblick auch schon die Antwort. Die schöne junge Ärztin sah ihn gerade heraus an, als sie sagte:

      »Nun sehen wir uns also doch noch einmal wieder, Herr von Klawen. Darf ich Sie mit meinen Kindern Miriam und Paul bekannt machen?«

      ›Wie vom Donner gerührt‹ – endlich verstand er die Bedeutung dieser Redewendung, denn genau so fühlte er sich. Später konnte er sich nicht mehr erinnern, wie er sich verhalten und was er gesagt hatte. Er hörte sich reden, wusste aber nicht, was er sagte. Er reagierte wie ein Automat, aber immer wieder ruhten seine Blicke auf den beiden Babys.

      Bettinas Kinder. Sie war Mutter von Zwillingen. Natürlich gab es irgendwo auch den Vater von Miriam und Paul.

      Nun weiß ich auch, warum sie mich nicht wiedersehen wollte, und ich habe mir eingebildet, vielleicht Chancen bei ihr zu haben – was für ein grandioser Irrtum, dachte er.

      *

      »Helen ist ganz begeistert von deinem Freund Konstantin«, sagte Lili.

      »Und er ist begeistert von ihr. Ich denke, da haben sich die zwei Richtigen getroffen«, meinte Moritz. »Seine Bücher verkaufen sich gut, und er schätzt ihre Art, ihn zu betreuen. Außerdem gefällt es ihm, dass sie so unkonventionell ist. Ich kann mir Tino nicht mit einem Verleger im grauen Nadelstreifenanzug vorstellen, der vor allem mit ihm über Verkaufszahlen und die Werbung für sein neuestes Buch redet.«

      Lili musste lachen. Ihre Schwes­ter im grauen Geschäftskostüm? Unmöglich. Dann wurde sie wieder ernst. »Ich bin froh, dass sie so gut miteinander auskommen – für Helen ist er wichtig. Sie hat immer einen kleinen Verlag haben wollen, aber da sind die Risiken natürlich auch größer. Ein Bestsellerautor hilft da schon enorm weiter. Manchmal zieht sie mich auf, weil ich solche Sorgen ja nicht habe, als Studienrätin. Ich sage ihr dann immer, dass sie froh sein soll, wenn wenigstens eine in der Familie ein festes und sicheres Einkommen hat. Zur Not kann ich sie ernähren, wenn sie mal Pleite macht.«

      »Pleite?«, rief Moritz erschrocken.

      »War nur Spaß. So lange dein Freund seine Bücher bei ihr veröffentlicht, wird das sicherlich nie passieren.«

      Moritz blieb stehen. »Können wir mal wieder über uns reden?«, fragte er.

      Sie schlang ihre Arme um seinen Hals. »Und worüber genau?«, fragte sie mit einem Lächeln.

      »Wollen wir heiraten, Lili?«

      Sie sah beinahe erschrocken aus. »Ist das nicht ein bisschen schnell?«, fragte sie. »Ich denke normalerweise ziemlich lange nach, bevor ich eine so wichtige Entscheidung fälle.«

      »Ich auch«, versicherte er. »Aber in diesem speziellen Fall bin ich so sicher, dass weiteres Nachdenken reine Zeitverschwendung wäre. Deshalb dachte ich, ich frage dich. Wenn du lieber noch warten willst, warten wir. Auf dich warte ich auch jahrelang.«

      Ihr Lächeln war weich, als sie sich auf die Zehenspitzen stellte, um ihn zu küssen. »Ich bin auch sicher, Moritz«, sagte sie danach. »Und warum sollen wir nicht einmal etwas tun, was wir normalerweise nie tun würden? Ja, lass uns heiraten!«

      »Wirklich? Keine Zweifel?«

      Sie schüttelte nur den Kopf, und daraufhin besiegelten sie das Versprechen, das sie sich soeben gegeben hatten, mit einem weiteren innigen Kuss.

      *

      Bettina legte das Handy nachdenklich zur Seite. Sie hatte ein weiteres Gespräch mit ihren Freunden im Kongo geführt. Eigentlich hätten sie längst in Gabun sein sollen, in Libreville. Dort gab es einen internationalen Flughafen, von dem sie selbst ebenfalls abgeflogen war. Doch es hatte Schwierigkeiten gegeben – sie musste also weiter Geduld haben. Das waren beunruhigende Neuigkeiten, und hier in Deutschland gab es niemanden, mit dem sie darüber hätte reden können.

      Doch, dachte sie, Sofia könnte ich es vielleicht erzählen, aber ich werde es nicht tun. Die Abmachung war, dass niemand die Wahrheit erfährt, weil es einfach zu gefährlich ist, Mitwisser zu haben. Daran muss ich mich halten.

      Sie ging zum Fenster der Gästesuite, die sie für die Zeit ihres Aufenthalts auf Schloss Sternberg bewohnte. Der Anblick Konstantin von Klawens war ein Schock für sie gewesen. Sie hatte ein so angenehmes Gespräch mit ihm geführt nach ihrem Vortrag! Sie fand ihn außerordentlich anziehend und hätte sich nur zu gern ein weiteres Mal mit ihm getroffen. Es kam selten genug vor, dass sie Männer traf, die ihr gefielen, aber sie hatte ihm einen Korb geben müssen. Er war enttäuscht gewesen, das hatte sie gesehen – genau wie sie selbst.

      Und jetzt? Jetzt hatte er natürlich keinerlei Interesse mehr an ihr, logischerweise. Eine junge Frau mit zwei Babys wirkte sicher auf jeden Mann erst einmal ziemlich abschreckend …

      Ganz plötzlich kamen ihr die Tränen. Sie legte die Stirn an die kühle Glasscheibe und ließ ihnen freien Lauf. Die letzten Monate waren anstrengend gewesen – geprägt von Angst und ständiger Gefahr. Es wurde Zeit, dass das aufhörte und dass sie endlich wieder ihr eigenes Leben leben konnte. Aber wenn Freunde Hilfe brauchten, dann zögerte man nicht lange, sondern half ihnen – zumindest sie tat das.

      Von ferne hörte sie Miriams zufriedenes ›dadada‹, hastig wischte sie sich die Tränen vom Gesicht. Sie hatte keine Zeit für trübe Gedanken, sie musste diese Sache jetzt durchstehen, eine Wahl blieb ihr nicht.

      Wenn alles gut ging, konnte sie vielleicht irgendwann ein offenes Gespräch mit Konstantin von Klawen führen – doch angesichts der neuesten Informationen, die sie erhalten hatte, musste sie befürchten, dass noch einige Zeit vergehen würde, bis es so weit war.

      *

      Konstantin hatte sich Anna und Christian zu einem Ritt durch die Wälder angeschlossen. Zuerst hatte er gezögert, jetzt war er froh darüber. Die beiden Teenager lenkten ihn von seinen Grübeleien über Bettina von Rabenfels und ihre Kinder ab. »Es ist wunderschön hier«, stellte er fest, als sie auf einer Lichtung absaßen, um eine Pause zu machen.

      »Wir sind oft hier«, erzählte Anna. »Jedenfalls, wenn das Wetter gut ist und wir Zeit haben. Während der Woche geht es meistens nicht, weil wir auch nachmittags Unterricht haben und immer viele Hausaufgaben machen müssen. Aber an den Wochenenden kommen wir fast immer her. Nicht, Chris?«

      Der kleine Fürst nickte. Er war schon die ganze Zeit schweigsam gewesen, nun stellte er Konstantin völlig unerwartet eine direkte Frage. »Bist du in Tina verliebt?«

      Anna schnappte nach Luft. Zu ihr sagte Christian immer, sie solle sich zurückhalten und ihre Neugier nicht so deutlich zeigen – und nun preschte er selbst in dieser Weise vor! Nicht weniger überraschend als Christians Frage war aber Konstantins offene Antwort.

      »Ja«, sagte er nämlich ganz einfach. »Sie hat mir sofort gefallen. Wir haben uns nach ihrem Vortrag noch länger unterhalten, bei einem Essen. Danach wollte ich mich mit ihr verabreden, aber da hat sie einen Rückzieher gemacht. Ich hatte vorher den Eindruck gehabt, dass sie mich auch mochte, aber sie hat mir einfach einen Korb gegeben. Also dachte ich, ich müsste mich geirrt haben.« Sein Blick schweifte in die Ferne, während er leiser hinzufügte: »Ich hatte natürlich keine Ahnung, dass sie zwei Kinder hat – und vermutlich einen Mann.«

      »Über den redet sie aber nicht«, stellte Anna fest. »Wir trauen uns nicht, nach ihm zu fragen, weil ganz klar ist, dass sie nicht über ihn reden will. Nicht einmal ihre Eltern wussten, dass sie Zwillinge hat.«

      »Wie bitte?«, fragte Konstantin verblüfft. »Das glaube ich dir nicht, Anna.«

      »Es stimmt aber«, versicherte Christian. »Wir waren ja dabei am Flughafen. Wir haben ihre Mutter begleitet, weil die nicht gern allein nach Frankfurt fahren wollte. Du hättest mal Alexas Gesicht sehen sollen!«

      »Wer ist Alexa?«

      »Tinas Mutter«, erklärte Anna geduldig. »Die ist bald in Ohnmacht gefallen. Tina war froh, dass wir dabei waren, so wurde es nicht allzu peinlich.«

      »Und … was hat sie gesagt? Ich meine, wie hat sie das mit den Kindern