Название | Historische Romane: Die Kreuzritter + Quo Vadis? + Mit Feuer und Schwert + Sintflut + Pan Wolodyjowski + Auf dem Felde der Ehre |
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Автор произведения | Henryk Sienkiewicz |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9788026828167 |
»Und Ihr, o Herr?« entgegnete de Lorche.
Daraufhin zog der Kreuzritter, in dem sich augenscheinlich Eifersucht regte, ungeduldig den Zügel seines Pferdes fester an und rief: »Bei meiner Seele!«
Dann blickte er ängstlich forschend auf den Lothringer, fürchtete er doch, ein Lächeln auf dessen Antlitz wahrzunehmen. Ueber die Tugend der Kreuzritter herrschte keine allzu gute Meinung, und besonders Hugo de Danveld stand in ganz schlechtem Rufe. Er war vor wenigen Jahren als Gehilfe dem Vogte von Sambia zuerteilt worden. Die Klagen gegen ihn hatten sich aber derart gehäuft, daß man ihm, trotz der Strenge, mit der in Marienburg ähnliche Dinge behandelt wurden, die Führung der Burgbesatzung in Szczytno übertrug. In geheimen Aufträgen an den Hof des Fürsten Janusz entsandt, hatte er kaum die schöne Tochter Jurands erblickt, als er von der heftigsten Liebe zu ihr ergriffen ward. Da de Danveld jedoch wußte, welchem Geschlechte das Mädchen entstammte, da der Name Jurands schon allein dazu diente, die entsetzlichsten Erinnerungen in ihm wachzurufen, vermischte sich das heiße Verlangen mit einem Gefühle des wildesten Hasses.
Fulk de Lorche begann ihn aber unverweilt über die Geschehnisse auszufragen: »Ihr nanntet das schöne Jungfräulein, ›Tochter des Teufels‹!« hub er an. »Weshalb nanntet Ihr es so?«
Danveld schilderte die Begebenheit in Zlotorja, er erzählte, wie während des Wiederaufbaus der Burg der Fürst mitsamt dem Hofstaate gefangen genommen worden, wie dabei Danusias Mutter zu Grunde gegangen war, und wie von dieser Zeit an Jurand sich auf die grausamste Weise an allen Ordensrittern zu rächen suche. Vor etwa zwei Jahren war es zwischen de Danveld und Jurand zu einem Zusammenstoß gekommen, und als jener dem Schauder erregenden »Eber aus Spychow« zum ersten Male gegenüber stand, pochte ihm das Herz so, daß er zwei seiner Blutsverwandten, seine Leute und alle Beute im Stiche ließ und wie sinnlos einen ganzen Tag hindurch bis nach Szczytno floh, wo er vor Furcht lange Zeit krank darnieder lag. Nach seiner Genesung beschied ihn der Großmarschall des Ordens vor ein Rittergericht. Da aber de Danveld beteuerte, sein Pferd sei scheu geworden und sei mit ihm von dem Kampfplatze gejagt, wurde durch den Urteilsspruch zwar seine Unschuld erklärt, aber gleichzeitig ihm auch der Weg zu den höheren Aemtern des Ordens verschlossen. All diese Erlebnisse verschwieg der Kreuzritter wohlweislich dem Herrn de Lorche gegenüber, statt dessen erging er sich aber in solch schweren Klagen über Jurands Grausamkeit, sowie über die dreiste Verwegenheit des polnischen Volkes, daß der Lothringer ganz verblüfft ward.
»Wir befinden uns aber doch,« warf er nach kurzem Schweigen ein, »bei den Masuren und nicht bei den Polen?«
»Die gehören alle einem Volke an,« antwortete der Starost, »wenn sie auch unter besonderen Fürsten stehen. Und alle gleichen sich in ihrer Ehrlosigkeit, alle gleichen sich in ihrem Hasse gegen die Ordensbrüder. Gott gebe, daß das deutsche Schwert den ganzen Stamm vertilge.«
»Ihr sprecht wahr und gerecht, o Herr! Denn wie konnte dieser Fürst, dessen ganze Erscheinung doch einen so wohlthuenden Eindruck macht, es wagen, auf Eurem Grund und Boden eine Burg gegen Euch zu errichten. Von einem solchen Unding habe ich selbst unter den Heiden niemals gehört.«
»Die Burg errichtete er wohl gegen uns, allein Zlotorja liegt auf seinem, nicht auf unserem Gebiete.«
»Lob und Preis sei Christus dafür, daß er Euch den Sieg verliehen hat. Doch wie endigte der Krieg?«
»Einen Kriegszug hatten wir damals nicht unternommen.«
»Und Euer Sieg bei Zlotorja?«
»Gott erwies uns eine ganz besondere Gnade. Der Fürst hatte keine Mannen um sich gesammelt. Nur die Hofleute und die Frauen waren in der Burg.«
Voll Staunen vernahm de Lorche diese Rede, doch er vermochte nichts mehr zu sagen, weil die ganze Jagdgesellschaft auf einem großen, ausgerodeten, mit Gestrüpp und Schnee bedeckten Platze angelangt war, auf welchem der Fürst vom Pferde stieg und alle andern seinem Beispiel folgten.
Fünftes Kapitel.
Die erfahrenen Forstleute ordneten unter der Leitung des Oberjägermeisters die Jäger in eine lange Reihe am Waldessaume, so daß sie, selbst halb versteckt, vor sich einen weiten, freien Raum hatten, wodurch ihnen die Handhabung der Armbrust und des Bogens erleichtert wurde. Die zwei Schmalseiten des Platzes waren mit Netzen bespannt, hinter welchen sich im Walde die Leute bargen, denen es oblag, die Tiere den Schützen zuzutreiben, oder wenn ihnen dies nicht gelang und die Tiere sich in den Netzen verwickelten, diese mit dem Speere zu töten. Die unzähligen Scharen von Kurpen, die in einem ungeheuern Kreis günstig aufgestellt worden waren, sollten alle lebenden Tiere aus dem Waldesdickicht auf den freien Platz jagen. Hinter den Jägern war ein zweites Netz gezogen, damit jedes Tier, das die Reihe durchbrach, aufgehalten und in den verhängnisvollen Maschen getötet werden konnte.
Der Fürst stand in der Mitte der Reihe in einer kleinen Vertiefung, welche sich über die ganze Breite des Platzes zog. Der Oberjägermeister hatte diesen Platz für ihn ausgewählt, weil er wußte, daß die größten Tiere der Waldwildnis in diese Vertiefung getrieben werden würden. Der Fürst selbst hatte die Armbrust in der Hand, und dicht neben ihm stand, an einen Baum gelehnt, der schwere Speer. Einige Schritte hinter ihrem Herrn befanden sich die beiden »Schützer«, in ihrer riesenhaften Größe den Baumstämmen des Waldes vergleichbar. Außer mit den Beilen, die sie auf den Schultern trugen, waren sie mit bereits gespannten Armbrusten bewaffnet, um sie dem Fürsten im Notfalle zu überreichen. Weder die Fürstin noch Jurands Tochter stieg von dem Pferde ab. Der Fürst gestattete dies niemals, war es doch leichter, sich vor den wütenden Bisons und Auerochsen in Fällen der Gefahr zu Pferde als zu Fuß zu retten. So bat denn auch de Lorche, trotzdem er von dem Fürsten aufgefordert worden war, sich zu seiner Rechten zu stellen, zum Schutze der Damen zu Pferde bleiben zu dürfen, und hielt, einer schmalen Klinge ähnlich, unweit der Fürstin hoch zu Roß, in der Hand die ritterliche Lanze, über welche, als eine für die Jagd wenig geeignete Waffe, die Masuren verstohlen lachten. Zbyszko, der seinen Speer unverweilt in den Schnee gestoßen und die Armbrust von der Schulter genommen hatte, blieb bei Danusias Pferde stehen. Zuweilen blickte er zu ihr empor, zuweilen flüsterte er ihr etwas zu, dann wieder umfaßte er ihre Füße und küßte ihre Knie, scheute er sich doch nicht mehr, seine Liebe vor aller Welt zu zeigen. Erst dann verhielt er sich ruhig, als der Oberjägermeister, der hier in der Wildnis es sogar wagte, über den Fürsten zu brummen, ihm aufs strengste zu schweigen befahl. Mit einem Male erklangen fern, fern aus der Tiefe der Wälder die Hornsignale der Kurpen, denen sofort der kurze laute Schall der Jagdhörner antwortete. Dann trat fast völlige Stille ein. Nur zeitweise ertönte das Gekrächze eines Eichelhähers auf den Wipfeln der Tannen, oder einer der als Treiber aufgestellten Leute krächzte wie ein Rabe. Angestrengt hielten die Jäger ihren Blick auf den freien Platz geheftet, auf welchem der Wind das mit Reif bedeckte Gestrüpp und die blätterlosen Gesträuche bewegte. Ein jeder harrte voll Spannung, was für ein Tier wohl zuerst in Schußweite kommen werde. Alle aber versprachen sich eine reiche, ergiebige Jagdbeute, weil die Wälder von Auerochsen, Bisons und Ebern wimmelten. Die Kurpen hatten außerdem auch mehrere Bären aus ihren Lagern aufgestört, welche nun wild und hungrig in den Wäldern umhertrappten, instinktmäßig witternd, daß ihnen binnen kurzem ein Kampf bevorstehe, bei dem es sich nicht um ruhigen Winterschlaf, sondern um Leben und Tod handelt.
Die Jäger mußten indessen lange warten, weil die Leute, welche die Tiere auf den ausgerodeten Platz in den engeren Kreis treiben sollten, eine gewaltige Strecke Waldes in so weiter Entfernung umstanden, daß zu den Ohren der Harrenden nicht einmal das Bellen der Hunde drang, die nach dem Ertönen der Hornsignale von der Koppel gelassen worden waren. Nur ein Hund der Meute, den man augenscheinlich früher freigelassen, oder der sich ungefesselt umhergetrieben hatte, lief, die Nase an der Erde, quer über den Platz, um schließlich zwischen den Jägern hindurch wieder davonzurennen. Dann trat abermals so lange vollständige Ruhe ein, bis mit einem Male die hinter den Netzen stehenden Treiber wie die Raben krächzten zum Zeichen, daß nun die Jäger auf ihrer Hut sein müßten. Noch wenige Minuten, und am Saume des Waldes zeigte sich ein Rudel