Название | Die wichtigsten historischen Romane von Henryk Sienkiewicz |
---|---|
Автор произведения | Henryk Sienkiewicz |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9788027211517 |
»Wie hast Du es aber zu stande gebracht, daß Du all dies mitansehen konntest?« fragte er.
»Ich sah alles mit an,« antwortete der Landstreicher, »weil ich mich hinter den Schwanz eines der Pferde verborgen hatte, an denen die Tragbahre befestigt war, und ich lief hinter diesen her, bis mich ein Hufschlag an den Bauch traf. Da fiel ich in Ohnmacht, und dadurch geriet ich in die Hände von Euer Gnaden.«
»So mag es sich wohl zugetragen haben,« bemerkte Hlawa, »aber hüte Dich, zu lügen, denn es würde Dir sonst übel ergehen.«
»Die Spuren jenes Schlages sind noch an mir wahrzunehmen,« erwiderte Sanderus, »wer den Wunsch hegt, kann sich davon überzeugen, indessen ist es besser, meinen Worten zu glauben, als wegen Unglauben verdammt zu sein.«
»Wenn schon Du auch zuweilen unwillkürlich die Wahrheit sagst, wirst Du doch durch Heulen und Zähneklappern für Deinen Reliquienhandel büßen müssen,« setzte Hlawa hinzu.
Und sie ergingen sich in Spottreden, wie es früher ihre Gewohnheit gewesen, doch ihr Gespräch ward durch Zbyszko unterbrochen. »Du bist durch dies Land gezogen, daher mußt Du es kennen. Was für Burgen befinden sich in der Umgegend, und wo glaubst Du, können sich Zygfryd und Arnold verborgen halten?«
»Burgen giebt es nicht in dieser Gegend, alles ringsumher ist Wüstenei, durch welche die erst vor kurzem angelegte Landstraße führt. Dörfer und Ansiedelungen giebt es ebensowenig, denn alles, was früher hier gegründet ward, haben die Deutschen niedergebrannt und zwar aus der alleinigen Ursache, weil die hier ansässigen Leute, welche dem nämlichen Volke entstammen wie das einheimische, sich bei Ausbruch des Krieges gleichfalls gegen die Herrschaft des Ordens auflehnten. Ich glaube, daß Zygfryd und Arnold jetzt im Walde umherwandern, und daß sie entweder dahin zurückkehren, woher sie kamen, oder sich heimlich nach jener Feste begeben wollen, nach der wir vor der unglückseligen Schlacht auszogen.«
»So verhält es sich gewiß!« sagte Zbyszko.
Und er versank in tiefes Sinnen. An seiner gerunzelten Stirne, an seinem Gesichtsausdruck war leicht zu erkennen, wie angestrengt er nachdachte, aber dies währte nicht lange. Nach einer Weile erhob er das Haupt und sagte: »Hlawa, sorge, daß Pferde und Mannen bereit sind, denn wir brechen sogleich auf.«
Der Knappe, welcher nicht die Gewohnheit hatte, nach dem Grund eines Befehles zu fragen, erhob sich und eilte auf die Pferde zu, ohne ein Wort zu sprechen. Macko hingegen blickte mit weitaufgerissenen Augen auf seinen Bruderssohn und fragte voll Verwunderung: »Aber Zbyszko! Wohin willst Du Dich denn wenden? Wie? Was hast Du vor?«
Doch Zbyszko antwortete wieder mit einer Frage: »Was denkt Ihr denn? Thue ich denn nicht meine Pflicht?«
Der alte Ritter verstummte. Er schaute jetzt nicht mehr verwundert darein, sondern schüttelte nur den Kopf. Schließlich atmete er tief auf und sagte gleichsam zu sich selbst: »Wohlan! Mag es denn so sein. Anders geht es nicht!«
Und er begab sich ebenfalls zu den Pferden. Zbyszko indessen wendete sich an Herrn de Lorche, und indem er sich mit Hilfe eines Masuren, welcher der deutschen Sprache mächtig war, verständlich machte, sagte er zu ihm: »Von Dir kann ich nicht verlangen, daß Du mir gegen Leute beistehst, mit denen Du unter derselben Fahne dienst, daher bist Du frei. Gehe, wohin Du willst.«
»Ich kann Dir jetzt nicht mit dem Schwerte beistehen, weil es meiner Ritterehre widerstreitet,« entgegnete de Lorche, »aber meiner Freiheit bediene ich mich jetzt auch nicht. Dein Gefangener bleibe ich auf Ehrenwort und auf Deine Aufforderung werde ich mich stellen, sobald Du mich berufst. Und im Notfalle vergiß nicht, daß für mich der Orden jeden Gefangenen auswechseln wird, da ich einem mächtigen Geschlechte entstamme, das zudem dem Orden treu gedient hat.«
So sagten sie sich denn Lebewohl, wie es Brauch war, einer die Hände auf des andern Schultern legend und sich auf die Wange küssend, wobei de Lorche hinzufügte: »Ich gehe nach Marienburg oder an den Hof von Masovien, Du weißt also, daß Du mich da oder dort finden kannst. Dein Gesandter mag mir nur zwei Worte sagen: ›Lothringen – Geldern‹.«
»Gut,« antwortete Zbyszko, »ich gehe zu Skirwoillo, damit er Dir das Losungswort gebe, das alle Samogitier kennen und ehren.«
Er begab sich zu Skirwoillo. Der alte Heerführer gab das Losungswort und widersetzte sich auch dem Aufbruch Zbyszkos nicht, denn er wußte, um was es sich handelte. Er liebte den jungen Kämpen, war ihm dankbar für die letzte Schlacht und hatte zudem kein Recht, einen Ritter zurückzuhalten, der aus fremdem Lande war und sich nur aus eigenem Antriebe zu ihm gesellt hatte. Indem er daher Zbyszko für den bedeutenden, ihm geleisteten Dienst dankte, versorgte er ihn mit Nahrungsmitteln, die ihm in dieser verwüsteten Gegend von Nutzen sein konnten, und nahm mit dem Wunsche von ihm Abschied, ihn noch einmal im Leben bei einem großen, entscheidenden Kampfe mit den Kreuzrittern zu treffen.
Zbyszko aber war in Eile, ein inneres Feuer verzehrte ihn. Bei seinem Gefolge angelangt, traf er alles bereit und mitten unter den Mannen auch seinen Oheim schon zu Roß in einem Ringelpanzer, mit dem Helm auf dem Haupte. Sich ihm nähernd fragte er daher: »So wollt Ihr mit mir ziehen?«
»Was soll ich machen?« versetzte Macko etwas ingrimmig.
Darauf erwiderte Zbyszko nichts, er küßte nur die geharnischte Rechte seines Oheims, dann bestieg er sein Pferd, und sie ritten davon.
Unter ihrem Gefolge befand sich auch Sanderus. Zbyszko und sein Oheim kannten den Weg bis zum Schlachtfelde genau, aber von dort an sollte er ihnen als Führer dienen. Sie rechneten auch darauf, im Forste einheimische Bauern zu treffen und dachten, diese Leute, welche ihre Herren, die Kreuzritter, aus tiefster Seele haßten, würden ihnen beistehen, die Spur des alten Komturs und jenes Arnold von Baden zu verfolgen, von dessen übermenschlicher Kraft und Tapferkeit Sanderus so viel erzählt hatte.
Neuntes Kapitel.
Der Weg zum Schlachtfelde, wo Skirvoillo die Deutschen geschlagen hatte, war für Zbyszko und dessen Gefährten leicht zu finden, weil sie ihn schon kannten. So erreichten sie es denn bald, eilten jedoch, des unerträglichen Geruches wegen, den die Leichen ausströmten, rasch vorüber. Außer einer Unzahl von Wölfen verjagten die Reiter auch Scharen von Krähen, Raben und Dohlen. Dann begannen sie eifrig nach den, auf dem Wege zurückgelassenen Spuren der Flüchtlinge zu suchen. Obgleich kurz zuvor eine ganze Heeresabteilung hier vorbeigezogen war, fand der erfahrene Macko doch ohne Schwierigkeit auf dem zerstampften Boden die Abdrücke von riesenhaften Hufen, die sich nach der entgegengesetzten Richtung hinzogen als die, welche die Heeresabteilung eingeschlagen hatte. So erklärte er denn den jüngeren, in Kriegshändeln weniger erfahrenen Leuten folgendes: »Es ist ein Glück, daß es seit der Schlacht nicht geregnet hat. Seht nur! Arnolds Pferd, das einen Mann von ungewöhnlichem Wuchse trug, muß auch ein gewaltiges gewesen sein, und es ist leicht zu erkennen, daß es beim Galopp während der Flucht sich tiefer mit den Füßen in die Erde eingrub, als wenn es langsam nach jener Seite gelenkt worden wäre, und daß es deshalb auch tiefere Spuren zurückließ. Wer Augen hat, der schaue, wie sich die Hufe in die feuchten Stellen eingedrückt haben. Mit Gottes Hilfe werden wir dieser Hundsbrut auf die Fährte kommen, es sei denn, sie hätte schon irgendwo Schutz hinter sicheren Mauern gefunden.«
»Sanderus sagte,« entgegnete Zbyszko, »daß sich keine Burgen hier in der Nähe befinden, und so verhält es sich auch, da die Kreuzritter neuerdings dies Land in Besitz genommen haben, aber nicht im stande gewesen sind, sich darin anzubauen. Wo sollten die Flüchtlinge sich verbergen? Die Bauern, welche hier wohnten, befinden sich jetzt im Lager bei Skirwoillo, denn sie sind desselben Stammes wie die Samogitier … Die Dörfer wurden, wie Sanderus uns gesagt hat, durch die Deutschen verbrannt, die Weiber und Kinder an entlegene Plätze des Waldes gebracht. Schonen wir unsere Pferde nicht, so werden