Die wichtigsten historischen Romane von Henryk Sienkiewicz. Henryk Sienkiewicz

Читать онлайн.
Название Die wichtigsten historischen Romane von Henryk Sienkiewicz
Автор произведения Henryk Sienkiewicz
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9788027211517



Скачать книгу

verschiedenen Leuten?«

      »Ich meine damit nicht die Bewohner von Bogdaniec, sondern die aus der Nachbarschaft. Sicherlich werden sie alles wissen wollen.«

      Daraufhin schaute Zbyszko, der längst beschlossen hatte, nichts mehr geheim zu halten, seinen Knappen scharf an, indem er entgegnete: »Bei Dir handelt es sich nicht um verschiedene Leute, sondern einzig und allein um Jagienka aus Zgorzelic.«

      »Nur um sie, o Herr!« ließ sich der Böhme vernehmen, während tiefe Röte mit tödlicher Blässe auf seinem Antlitz wechselte.

      »Weißt Du denn, ob sie sich nicht schon mit Cztan aus Rogow oder mit Wilk aus Brzozow vermählt hat?«

      »Jagienka hat sich mit keinem der beiden vermählt!« warf Hlawa in bestimmtem Tone ein.

      »Wenn aber der Abt darauf bestanden haben sollte?«

      »Der Abt hat sich noch stets dem Willen des Jungfräuleins gefügt.«

      »Was willst Du also wissen? Erzähle ihr die Wahrheit wie allen andern.«

      Sich vor dem jungen Ritter neigend, entfernte sich der Knappe in gedrückter Stimmung.

      »Wollte Gott,« murmelte er vor sich hin, an Zbyszko denkend, »sie könnte Deiner vergessen! Wollte Gott, sie fände einen besseren Ehegemahl als Dich! Doch wenn sie Deiner auch nicht vergessen hat, was schadet das ihr? Wohl bist Du vermählt, doch Dein Eheweib ist Dir fern, ja, vielleicht ist es der Wille Gottes, daß Du Danusia verlierst, bevor Du die Ehe vollzogen hast!«

      So groß nun auch die Treue war, mit der Hlawa dem jungen Ritter anhing, so groß das Mitleid war, das er für Danusia empfand, liebte er doch Jagienka über alles in der Welt. Seit er daher vor dem letzten Kampfe in Ciechanow von der Vermählung Zbyszkos vernommen hatte, trug er Schmerz und Bitterkeit im Herzen.

      »Gebe Gott, daß Dir Danusia verloren ist!« murmelte er abermals vor sich hin.

      Nach und nach regten sich aber doch mildere Gedanken in ihm, denn als er zu seinem Pferde trat, sagte er: »Gelobt sei Gott dafür, daß ich die Knie meiner Herrin umfassen darf!«

      Von fieberhafter Ungeduld ergriffen, konnte Zbyszko kaum den Augenblick des Aufbruchs erwarten, war doch sein ganzes Sinnen und Trachten auf Danusia und Jurand gerichtet. Er litt geradezu Qualen, allein es blieb ihm nichts übrig, als wenigstens eine Nacht in Spychow zu verbringen, teils aus Rücksicht für Herrn de Lorche, teils wegen der Vorbereitungen, die eine solch lange Fahrt erforderte. Außerdem war er selbst durch den Kampf, die Erregung, den Mangel an Schlaf und durch den unaufhörlichen Kummer aufs tiefste ermattet. So warf er sich denn, freilich in später Nacht, auf das harte Lager Jurands, in der Hoffnung, daß ihn ein kurzer Schlaf erquicken werde. Bevor er indessen einschlummerte, klopfte Sanderus an die Thüre und trat zu ihm in die Kemenate.

      »O Herr!« begann er, sich tief verneigend, »Ihr habt mich vom Tod errettet, bei Euch habe ich ein menschenwürdigeres Dasein geführt als je zuvor. Gott hat Euch mit einem gewaltigen Besitztum bedacht, Euch großen Reichtum verliehen, denn die Schatzkammer in Spychow ist nicht leer. Gebt mir eine volle Geldkatze, und ich will trotz der mir dabei drohenden Gefahr von Burg zu Burg in Preußen ziehen und sehen, ob ich Euch nützen kann.«

      Wenn Zbyszko seiner ersten Regung gefolgt wäre, hätte er Sanderus aus der Stube gewiesen, kaum aber hatte er dessen Worte vernommen, zog er aus einer neben dem Lager stehenden ledernen Tasche für die Reise einen großen Beutel, warf diesen dem Sprechenden zu und sagte: »Hier nimm, und nun gehe! Bist Du ein Schurke, wirst Du mich betrügen, bist Du ehrlich, kannst Du mir nützen.«

      »Gar schlau weiß ich die Menschen zu betrügen,« erklärte Sanderus, »Euch aber betrüge ich nicht, o Herr, Euch diene ich ehrlich.«

      Siebentes Kapitel.

      Inhaltsverzeichnis

      Zygfryd de Löwe rüstete sich gerade für seine Fahrt nach Marienburg, als ihm der Postbote ganz unerwartet ein Schreiben Rotgiers überbrachte, das gar mancherlei Kunde über den masovischen Hof enthielt.

      Diese Nachrichten versetzten den alten Kreuzritter allgemach in die höchste Erregung. Vor allem war aus dem Briefe zu ersehen, daß Rotgier die Sache gegen Jurand dem Fürsten Janusz vortrefflich dargelegt und sie mit großer Geschicklichkeit vertreten hatte. Wohl lächelte Zygfryd, als er las, jener habe von dem Fürsten verlangt, daß Spychow als Entschädigung für das dem Orden zugefügte Unrecht den Kreuzrittern zu Lehen gegeben werde. Allein der zweite Teil des Schreibens enthielt unerwartete und weniger angenehme Berichte. Rotgier teilte nämlich ferner mit, er habe, um die Unschuld des Ordens an der Entführung von Jurands Tochter zu beweisen, den Rittern von Masovien seinen Handschuh hingeworfen und jeden Zweifler zum Zweikampfe vor ein Gottesgericht im Beisein des ganzen Hofes gefordert. »Keiner hob den Handschuh auf,« schrieb Rotgier weiter, »denn alle wußten, daß Jurand in seinem Schreiben Zeugnis für uns abgelegt hatte. Sie fürchteten daher das Gottesgericht. Da mit einem Male trat der junge Kämpe in den Kreis, den wir auf dem Jagdhofe gesehen haben, und nahm den Handschuh von der Erde. Seid daher nicht überrascht, wenn sich meine Rückkehr verzögert. Ich muß mich zu dem Kampfe stellen, da die Forderung von mir ausgegangen ist. Für die Ehre des Ordens gehe ich in diesen Streit, deshalb gebe ich mich der Hoffnung hin, der Großmeister werde mir diesen Schritt vergeben, wie Ihr ihn mir vergeben werdet, Ihr, den ich verehre, den ich mit dem Herzen eines Sohnes liebe. Mein Gegner ist ein junges unreifes Menschlein. Ich aber bin, wie Ihr wißt, an Kampf und Streit gewöhnt. Nicht schwer wird es mir daher fallen, das Blut meines Widersachers zum Ruhme des Ordens zu vergießen.«

      Das größte Staunen rief bei dem alten Zygfryd die Kunde hervor, daß Jurands Tochter vermählt sei. Der Gedanke, nun werde sich ein neuer, mächtiger und rachgieriger Feind in Spychow festsetzen, erregte sogar in dem bejahrten Komtur eine gewisse Unruhe. »Zweifellos,« sagte er sich selbst, »wird er auf Rache sinnen. Grimmige Rache wird er nehmen, sobald er sein Weib wieder gefunden und von ihr vernommen hat, daß sie durch uns von dem Jagdhofe entführt ward. Unverweilt würde es sich ja dann zeigen, weshalb wir Jurand zu uns entboten haben, daß wir dies nur thaten, um ihn zu verderben, ohne je den Gedanken gefaßt zu haben, ihm die Tochter zurückzugeben.« In Zygfryd regte sich auch sofort die Ueberzeugung, der Großmeister werde auf das Schreiben des Fürsten hin eine Untersuchung in Szczytno anordnen, um sich dadurch selbst vor Janusz zu rechtfertigen, war es doch für den Großmeister und das Kapitel von höchster Bedeutung, wenn sich in einem Kriegsfalle mit dem mächtigen König von Polen die masovischen Fürsten jeder Parteinahme enthielten. Denn ganz abgesehen von der Macht dieser Fürsten, gebot es sich schon durch die große Zahl masovischer Edeln und in Anbetracht von deren unendlicher Tapferkeit, keine Geringschätzung gegen Janusz und dessen Bruder an den Tag zu legen. Der Frieden mit letzterem bedeutete für die Kreuzritter Sicherheit der Grenze auf weite Strecken hinaus und erleichterte dem Orden eine engere Zusammenziehung seiner Streitkräfte. Gar häufig war dies schon in Marienburg vor Zygfryd verhandelt und der Hoffnung Raum gegeben worden, es werde sich nach dem Siege über den König schon ein Vorwand finden, um gegen Masovien vorzugehen, das dann keine Macht der Welt mehr den Händen der Kreuzritter entreißen könne. Dies war eine ganz klare Berechnung und bildete einen weiteren Grund, weshalb der Großmeister alles zu vermeiden suchte, was den Zorn des Fürsten Janusz erregen konnte. Als Ehegemahl von Kiejstuts Tochter war dieser weit schwerer zu behandeln, als Ziemowit aus Plock, dessen Weib dem Orden rückhaltlos anhing, ohne daß eine besondere Ursache dafür bekannt gewesen wäre.

      Trotz seines Ehrgeizes für den Ruhm des Ordens regte sich in dem alten Zygfryd das Gewissen. »Wäre es vielleicht nicht ratsamer, Jurand und dessen Tochter freizulassen?« fragte er sich. »Schmach und Schande würde zwar dann dem Namen Danvelds anhaften, doch er ist ja nicht mehr am Leben. Und selbst wenn der Großmeister mich und Rotgier, die wir ja an allen Thaten Danvelds teilgenommen haben, zur Rechenschaft ziehen wollte, gereichte dies vielleicht zum Vorteile des Ordens!« Allein schon der Gedanke an Jurand versetzte das rachedurstige Herz des Kreuzritters in Aufruhr.

      Wie, sollte er ihn wirklich freigeben, diesen Bedrücker, diesen Henker