Maximen und Reflexionen. Иоганн Вольфганг фон Гёте

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Название Maximen und Reflexionen
Автор произведения Иоганн Вольфганг фон Гёте
Жанр Языкознание
Серия Klassiker der Weltliteratur
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783843802963



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in Furcht sogar, uns zu verbrennen.

      »Die Klugen haben miteinander viel gemein.« Äschylus.

      Das eigentlich Unverständige sonst verständiger Menschen ist, dass sie nicht zurechtzulegen wissen, was ein anderer sagt, aber nicht gerade trifft, wie er‘s hätte sagen sollen.

      Ein jeder, weil er spricht, glaubt, auch über die Sprache sprechen zu können.

      Man darf nur alt werden, um milder zu sein; ich sehe keinen Fehler begehen, den ich nicht auch begangen hätte.

      Der Handelnde ist immer gewissenlos; es hat niemand Gewissen als der Betrachtende.

      Ob denn die Glücklichen glauben, dass der Unglückliche wie ein Gladiator mit Anstand vor ihnen umkommen solle, wie der römische Pöbel zu fordern pflegte?

      Den Timon fragte jemand wegen des Unterrichts seiner Kinder. »Lasst sie«, sagte der, »unterrichten in dem, was sie niemals begreifen werden.«

      Es gibt Personen, denen ich wohlwill und wünschte, ihnen besser wollen zu können.

      Der eine Bruder brach Töpfe, der andere Krüge. Verderbliche Wirtschaft!

      Wie man aus Gewohnheit nach einer abgelaufenen Uhr hinsieht, als wenn sie noch ginge, so blickt man auch wohl einer Schönen ins Gesicht, als wenn sie noch liebte.

      Der Hass ist ein aktives Missvergnügen, der Neid ein passives; deshalb darf man sich nicht wundern, wenn der Neid so schnell in Hass übergeht.

      Der Rhythmus hat etwas Zauberisches, sogar macht er uns glauben, das Erhabene gehöre uns an.

      Dilettantismus, ernstlich behandelt, und Wissenschaft, mechanisch betrieben, werden Pedanterei.

      Die Kunst kann niemand fördern als der Meister. Gönner fördern den Künstler, das ist recht und gut; aber dadurch wird nicht immer die Kunst gefördert.

      »Deutlichkeit ist eine gehörige Verteilung von Licht und Schatten.« Hamann. Hört!

      Shakespeare ist reich an wundersamen Tropen, die aus personifizierten Begriffen entstehen und uns gar nicht kleiden würden, bei ihm aber völlig am Platze sind, weil zu seiner Zeit alle Kunst von der Allegorie beherrscht wurde.

      Auch findet derselbe Gleichnisse, wo wir sie nicht hernehmen würden; zum Beispiel vom Buche. Die Druckerkunst war schon über hundert Jahre erfunden, dem ohngeachtet erschien ein Buch noch als ein Heiliges, wie wir aus dem damaligen Einbande sehen, und so war es dem edlen Dichter lieb und ehrenwert; wir aber broschieren jetzt alles und haben nicht leicht vor dem Einbande noch seinem Inhalte Respekt.

      »Herr von Schweinichen« ist ein merkwürdiges Geschichtsund Sittenbuch; für die Mühe, die es kostet, es zu lesen, finden wir uns reichlich belohnt; es wird für gewisse Zustände eine Symbolik der vollkommensten Art. Es ist kein Lesebuch, aber man muss es gelesen haben.

      Der törigste von allen Irrtümern ist, wenn junge gute Köpfe glauben, ihre Originalität zu verlieren, indem sie das Wahre anerkennen, was von andern schon anerkannt worden.

      Die Gelehrten sind meist gehässig, wenn sie widerlegen; einen Irrenden sehen sie gleich als ihren Todfeind an.

      Die Schönheit kann nie über sich selbst deutlich werden.

      Sobald man der subjektiven oder sogenannten sentimentalen Poesie mit der objektiven, darstellenden gleiche Rechte verlieh, wie es denn auch wohl nicht anders sein konnte, weil man sonst die moderne Poesie ganz hätte ablehnen müssen, so war vorauszusehen, dass, wenn auch wahrhafte poetische Genies geboren werden sollten, sie doch immer mehr das Gemütliche des inneren Lebens als das Allgemeine des großen Weltlebens darstellen würden. Dieses ist nun in dem Grade eingetroffen, dass es eine Poesie ohne Tropen gibt, der man doch keineswegs allen Beifall versagen kann.

      FÜNFTEN BANDES ZWEITES HEFT (1825)

       Einzelnes

      Madame Roland, auf dem Blutgerüste, verlangte Schreibzeug, um die ganz besondern Gedanken aufzuschreiben, die ihr auf dem letzten Wege vorgeschwebt. Schade, dass man ihr‘s versagte; denn am Ende des Lebens gehen dem gefassten Geiste Gedanken auf, bisher undenkbare; sie sind wie selige Dämonen, die sich auf den Gipfeln der Vergangenheit glänzend niederlassen.

      Man sagt sich oft im Leben, dass man die Vielgeschäftigkeit, Polypragmosyne, vermeiden, besonders, je älter man wird, sich desto weniger in ein neues Geschäft einlassen solle. Aber man hat gut reden, gut sich und anderen raten. Alter werden heißt selbst ein neues Geschäft antreten; alle Verhältnisse verändern sich, und man muss entweder zu handeln ganz aufhören oder mit Willen und Bewusstsein das neue Rollenfach übernehmen.

      Große Talente sind selten, und selten ist es, dass sie sich selbst erkennen; nun aber hat kräftiges unbewusstes Handeln und Sinnen so höchst erfreuliche als unerfreuliche Folgen, und in solchem Konflikt schwindet ein bedeutendes Leben vorüber. Hievon ergeben sich in Medwins »Unterhaltungen« so merkwürdige als traurige Beispiele.

      Vom Absoluten in theoretischem Sinne wag ich nicht zu reden; behaupten aber darf ich, dass, wer es in der Erscheinung anerkannt und immer im Auge behalten hat, sehr großen Gewinn davon erfahren wird.