Gesammelte Werke von Sacher-Masoch. Леопольд фон Захер-Мазох

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Название Gesammelte Werke von Sacher-Masoch
Автор произведения Леопольд фон Захер-Мазох
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9788027207350



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Er liebte alles Lebendige. Er zitterte nur so, wenn er ein Thier entdeckte, und tödtete doch ein jedes.

      Dann hielt er es etwa in der Hand, sah es an und sagte mit einer Stimme, die so traurig war: ihm ist wohl! ihm ist wohl!

      Er hielt das Leben für eine Art Unglück; ich weiß nicht, ein seltsamer Mensch. Aber ich erzähle Ihnen ein anderesmal von ihm. –

      Da nahm ich in meine Torba etwa ein Stück Brod und Käse, füllte meine Jagdflasche mit Branntwein und ging so fort.

      Dann legten wir uns wohl am Waldrand nieder.

      Irena ging auf das Feld, grub Erdäpfel aus, machte ein Feuer und briet sie in der Asche. Man ißt so was man hat.

      Wenn man so im stillen, schwarzen Hochwald streift, dem Wolf, dem Bären begegnet; den Adler brüten sieht; die feuchte, schwere, kühle Waldluft athmet, in der so der herbe Duft schwimmt; auf einem abgehauenen Baum Tisch hält, in der Berghöhle schläft; im schwarzen See badet, der keinen Grund hat, keine Wellen schlägt, und dessen glatte nachtdunkle Fläche die Strahlen der Sonne wie das Licht des Mondes verschlingt – da hat man keine Gefühle mehr; da werden die Gefühle zu Begierden – man ißt aus Hunger und man liebt aus Trieb. –

      Die Sonne geht unter. Irena sucht Schwämme.

      Da sitzt ein Bauernweib auf der Erde.

      Der matte, blaue Rock deckt nicht die kleinen staubigen Füße. Das schmutzige Hemd fällt halb von den Schultern, und wie es über dem Rock gegürtet ist, öffnet es seine Falten und läßt die Brüste sehen.

      Um sie duftet es von Thymian; sie hat den Kopf in beiden Händen auf die Kniee gestützt und starrt so vor sich. Ein Leuchtkäfer hat sich in ihr dunkles Haar gesetzt; das fließt nur, ungekämmt, aus dem rothen Kopftuch über den Rücken.

      Ihr Gesicht hebt sich von der Seite, vom rothen Abendhimmel beinahe dunkel ab, scharf wie ausgeschnitten. Ihre Nase ist schwungvoll, fein, wie die eines Raubvogels, und wie ich sie anrufe, stößt sie auch einen Schrei aus, wie ein Gebirgsgeier, und ihre Augen zischen gegen mich auf, ihre Blicke schwimmen einen Augenblick so wie Naphtaflammen über ihren Augen.

      Ihr Schrei tönt fort – die steile Felswand gibt ihn zurück, der dichte Wald noch einmal, noch einmal das ferne Gebirge. –

      Ich bin beinahe erschrocken vor dem Weibe.

      Sie bückt sich, pflückt Thymian und zerrt das rothe Kopftuch über das rothbegossene Gesicht.

      »Was ist dir?« frage ich.

      Sie antwortet nicht, sondern gießt so die melancholischen Töne einer Duma, wie Thränen, in die Luft.

      »Was fehlt dir?« sag’ ich, »hast du einen Schmerz, eine Trauer?« – sie schweigt. – »Nun, was hast du?«

      Sie sieht mir ins Gesicht, lacht und läßt wieder die langen Wimpern wie dunkle Schleier über ihre Augen herabfallen.

      »Nun, was fehlt dir?« – »Ein Schafspelz,« sagt sie leise. Ich lache. »Warte, vom Jahrmarkt bringe ich dir einen.« – Sie verbirgt ihr Gesicht – »aber du wirst darin stinken. So ein neuer Schafspelz! Weißt du was, ich gib dir lieber eine Sukmana, was meinst du, mit Kaninchen, mit schwarzen – oder mit weißen, milchweißen –«

      Sie sah mich erstaunt an, nicht eben ernsthaft, zog etwas die Augen zusammen und ihre Lippen tanzten so um die großen weißen Zähne. Dann floß es langsam von den Mundwinkeln über die Wangen, und das Lachen der Spitzbübin zuckt plötzlich über das ganze Gesicht.

      »Nun, was lachst du?« – Nichts. – »Nun, sag, willst du die Sukmana – nicht? – wie wäre das mit Kaninchen, mit milchweißen Kaninchen? –«

      Plötzlich steht sie auf, richtet ihren Rock, zieht ihr Hemd herab. –

      »Nein!« sagt sie, »wenn Sie mir eine geben wollen, soll sie mit silbernem Pelz sein.« – »Mit silbernem, wie?« – »Nun, wie die gnädigen Frauen ihn tragen.«

      Ich sah sie nur an.

      Die Selbstsucht lag sonnig auf ihrem Gesichte wie Unschuld. Sie küßte ihre Seele, ihre Begierden, so gedankenlos, wie sie ein Heiligenbild küßte. Da war einmal kein Princip oder etwa eine Idee! oder sonst! sie hatte die Moral eines Habichts und die Gesetze des Waldes. Christenthum hatte sie nicht mehr als eine junge Katze, welche manchmal mit der Pfote kreuzweis über die Nase fährt.

      Ich brachte ihr richtig die Sukmana aus Lemberg und – Sie werden mich auslachen – –

      Ich verliebe mich in das Weib.

      Das war so ein Roman, man findet nicht seines Gleichen.

      Wie der erste Schuß fiel – war sie da.

      Ich kämmte ihr Haar jetzt mit meinen Fingern und wusch ihr die Füße an dem Waldbach, sie aber spritzte mir das Wasser ins Gesicht.

      Es war ein seltsames Geschöpf.

      Ihre Coquetterie hatte etwas Grausames. Sie quälte mich in tiefster Demuth, wie mich nie der Uebermuth einer Dame gequält hat.

      »Aber, erbarmen Sie sich, Herr! Gnädiger! was soll ich mit Ihnen anfangen,« – und sie konnte endlich mit mir anfangen, was sie wollte.« –

      Wir schwiegen Beide einige Zeit.

      Die Bauern, der Kirchensänger hatten die Schenke verlassen. Der Jude hatte seine Gebetriemen umgeschnallt und war damit eingeschlafen. Er sang im Traume leise durch die Nase und nickte dazu taktvoll mit dem Kopfe.

      Sein Weib saß an dem Schenktisch. Der Kopf war in die Hände gesunken, die kleinen Finger hatte sie zwischen die Zähne gesteckt, die schläfrigen Augen waren halb geschlossen, aber ihr Blick hing an dem Fremden.

      Der legte die Pfeife weg. Machte sich Luft.

      »Soll ich Ihnen die Scene erzählen mit meiner Frau? – – Sie erlassen es mir.« – –

      – Meine Frau kränkelte dann einige Zeit.

      – – Ich blieb zu Hause, las. Einmal ging sie durch das Zimmer und sagte leise »gute Nacht.« Ich stand auf, da war sie auch wieder fort – ihre Thüre fiel ins Schloß. Es war wieder vorbei. –

      Zu jener Zeit hatte ich einen Proceß mit der Herrschaft von Osnowian.

      Ehe du das Gericht vorspannst und den Advokaten kutschiren läßt, dachte ich, spannst du deine Pferde ein und fährst selbst hin.

      Wen finde ich? Eine geschiedene Frau, die auf ihrem Gute lebt, weil sie die große Welt anekelt, eine moderne Philosophin.

      Sie nannte sich Satana und war ein allerliebstes kleines Teufelchen. Sie sprang nur gleich bei jedem Worte und hatte Augen wie Irrlichter.

      Ich verlor natürlich den Proceß, aber gewann dafür ihr Herz, ihre Küsse, ihr Lager.

      Ich liebte meine Frau noch immer.

      Oft lag ich in den Armen einer andern und schloß die Augen, und machte mir glauben, es sei ihr langes feuchtes Haar, ihre wollustheiße, fiebertrockene Lippe.

      Meine Frau indeß fieberte von Haß und Liebe gegen mich. Ihr Herz war wie eine jener Blumen, welche im Schatten blühen, es überquoll jetzt von wilder Zärtlichkeit. Sie war erfinderisch, sich dadurch zu verrathen, daß sie sich zu sehr verbergen wollte. Sie legte mir eines Tages einen Brief auf den Tisch, welchen der Kosak meiner Geliebten gebracht hatte, und lachte auf – aber ihr Lachen brach so mitten entzwei, das war beinahe häßlich.

      Aus zu viel Liebe wendete ich mich von ihr und sie seufzte nach Rache, aus leidenschaftlicher verschmähter Liebe.

      Wenn sie ging, so war es mit einer Hast. Sie schrie aus dem Traume, sie schlug die Dienstleute, die Kinder.

      Auf einmal war sie verändert.

      Sie schien gefaßt, befriedigt. Ihr Auge ruhte so eigenthümlich gesättigt auf mir, und doch zuckte es wie Schmerz durch ihr stolzes Lachen.

      Mein Heger kam.

      »Der