Dr. Daniel Paket 1 – Arztroman. Marie Francoise

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Название Dr. Daniel Paket 1 – Arztroman
Автор произведения Marie Francoise
Жанр Языкознание
Серия Dr. Daniel Paket
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783740948535



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Irene in die Wirklichkeit zurück.

      Marina stand auf und strich mit einer fahrigen Handbewegung ihr langes Haar zurück, dann gab sie Irene die Hand.

      »Vielen Dank, Frau Hansen. Sie haben mir sehr geholfen.«

      Voller Herzlichkeit ergriff Irene die dargebotene Hand. »Aber, Kindchen, ich habe doch gar nichts getan.«

      »Doch. Sie haben mir zugehört.«

      Dann wandte sie sich Dr. Daniel zu. »Fahren wir also.« Sie sah zu ihm auf, und dabei stand die Angst in ihrem Blick geschrieben. »Wird es weh tun? Ich meine…, wenn mir das Baby genommen wird…«

      Dr. Daniel schüttelte den Kopf. Marinas Worte hatten ihm förmlich die Kehle zugeschnürt.

      »Sie werden von der Operation nichts spüren«, antwortete er endlich. »Vorausgesetzt, es kommt überhaupt dazu.« Er schwieg kurz. »Und… Sie sollten versuchen, es nicht so zu sehen, daß man Ihnen Ihr Baby nimmt. Es könnte im Eileiter niemals überleben. Und wenn es den Eileiter sprengen würde, dann würden Sie ebenfalls sterben, wenn Sie nicht rechtzeitig operiert werden könnten.«

      Marina senkte den Kopf. »Es tut mir leid, wenn ich so dummes Zeug daherrede, aber…« Sie schaffte es nicht, den Satz zu beenden.

      Dr. Daniel legte einen Arm um ihre Schultern. »Ich verstehe schon, was in Ihnen vorgehen muß. Aber Sie werden sicher wieder ein Baby haben können, und dann wird es eine richtige Schwangerschaft sein, über die Sie sich von Herzen freuen können.«

      *

      Dr. Georg Sommer war gerade im Begriff, sein Auto zu besteigen, um nach Hause zu fahren, als er Dr. Daniels Wagen auf den Parkplatz biegen sah. Er stieg aus und trat an das offene Autofenster.

      »Wenn du um diese Zeit noch den Weg zu mir findest, dann hat das bestimmt nichts Gutes zu bedeuten«, befürchtete Dr. Sommer.

      »Was ist denn das für ein Empfang, Schorsch?« beschwerte sich Dr. Daniel, dann stieg er aus und begrüßte seinen Freund.

      Dr. Sommer lächelte. »Natürlich freue ich mich immer, dich zu sehen, aber wenn du mir nach Feierabend noch Arbeit aufhalsen willst…«

      »Es ist eine ernste Geschichte«, fiel Dr. Daniel ihm ins Wort.

      Unwillkürlich warf Dr. Sommer einen Blick auf das junge Mädchen, das völlig gebrochen im Auto saß.

      »Na, dann kommt erst mal herein«, meinte er, während er auf den Eingang der Klinik zuging und dann sein Zimmer ansteuerte.

      In knappen Worten schilderte Dr. Daniel, was Marina widerfahren war.

      »Eine schlimme Sache«, stimmte Dr. Sommer zu, dann wandte er sich mit einem gütigen Lächeln Marina zu. »Sie bleiben jetzt erst mal hier in der Klinik.«

      Es schien, als würde das junge Mädchen aus einem Trancezustand erwachen. »Ich… ich habe ja gar nichts dabei.«

      Dr. Sommer lächelte. »Das macht nichts. Alles, was Sie brauchen, können Sie hier in der Klinik bekommen. Und morgen früh werde ich Sie untersuchen, und dann beobachten wir für ein paar Tage, wie sich Ihr HCG-Wert verhält. Vielleicht kommen wir um eine Operation herum. Und selbst wenn wir operieren müssen, dann brauchen Sie keine Angst zu haben. Wir kriegen das schon hin, und ich bin sicher, daß Sie später wieder schwanger werden können.«

      *

      Am Morgen vor dem Turnier spürte Livia zum ersten Mal die ziehenden Unterleibsschmerzen. Einen Moment lang zögerte sie, doch dann beschloß sie, wie geplant an dem Hindernisspringen teilzunehmen.

      Sie erreichte den Turnierplatz gerade, als Ricky auf seinem Rappwallach Regent einritt. Livia lehnte sich an das Geländer und sah zu, wie Regent mit kraftvollen Sprüngen, aber zugleich geschmeidig wie eine Katze ein Hindernis nach dem anderen nahm. Es sah aus, als würde sein Reiter nur zur Zierde im Sattel sitzen.

      »Warum läßt man Ricky überhaupt noch starten?«

      Die Stimme des jungen Mannes, der mit seinem unruhig tänzelnden Pferd darauf wartete, aufgerufen zu werden, riß Livia aus ihren Beobachtungen. Es war Rickys bester Freund Herbert Schuster, den Livia nicht besonders mochte.

      »Eigentlich könnte man ihm gleich die Siegerurkunde aushändigen und uns nur noch um den zweiten und dritten Platz kämpfen lassen«, fuhr Herbert mit hörbarer Bitterkeit fort. »Ich habe auf meinem Pulverfaß ohnehin keine Chance.«

      Trotz ihrer immer schlimmer werdenden Schmerzen brachte Livia ein überhebliches Lächeln zustande. »Warum mußtest du dir auch eine Vollblutstute kaufen? Deine Pallas Athene wäre für Galopprennen geeignet. Da würde sie das ganze Feld mühelos hinter sich lassen.«

      Herbert zog eine Grimasse. »Sag mal, Livia, wie kommt es eigentlich, daß alles, was du sagst, so herablassend klingt?«

      Livia zuckte nur die Schultern, dann wandte sie sich mit einem strahlenden Lächeln dem eben herausreitenden Ricky zu. Er hob das rechte Bein nach hinten und kam mit einem eleganten, geschmeidigen Sprung neben seinem Pferd zu stehen.

      »Das war wieder eine Glanzleistung, Ricky«, erklärte Livia, während aus dem Lautsprecher die Stimme des Turnierleiters verkündete, daß Richard Schermann auf Regent fehlerfrei geblieben war.

      Liebevoll tätschelte Ricky seinem Wallach den Hals.

      »Er springt, nicht ich«, meinte er bescheiden. »Bist schon ein Prachtbursche, Regent.«

      Der Rappe ließ ein leises, tiefes Wiehern hören, das direkt aus dem Brustkorb zu kommen schien, dann stupste er seinen Besitzer spielerisch mit der Nase an. Ricky verstand diesen Wink und hielt ihm ein Stück Mohrrübe hin, die Regent genüßlich verspeiste.

      Während sich Ricky mit seinem Pferd beschäftigte, musterte Livia ihn unter halb gesenkten Lidern heraus, und obwohl sie nicht mit allem einverstanden war, was er tat oder sagte, war sie doch stolz, ihn zum Freund zu haben. Mit seiner Größe von fast einsneunzig überragte er alle anderen Männer aus dem Reitclub. Dazu die markanten Gesichtszüge, die smaragdgrünen Augen und das dunkle Haar, das an den Schläfen schon leicht graumeliert war, obwohl Ricky vor einem Monat erst siebenundzwanzig geworden war. Livia wußte, wie sehr sie um den jungen Mann beneidet wurde – nicht nur wegen seines Äußeren, sondern auch wegen dem, was hinter ihm stand: Ein riesiger Pharmaziekonzern, der noch Außenstellen in Mailand, Madrid und London hatte, und ein Vater, der zu den reichsten Männern Deutschlands gehörte.

      Auch aus diesem Grund wachte Livia mit Argusaugen über Ricky. Mit Liebe hatte ihre Beziehung herzlich wenig zu tun – zumindest von Livias Seite aus. Sicher war es angenehm, einen gutaussehenden Mann neben sich zu haben, doch für das Schermann-Vermögen hätte sie auch einen Gnom in Kauf genommen. Daß sie auf das Geld gar nicht angewiesen war, weil sie selbst aus reichen Verhältnissen stammte, war für sie von nebensächlicher Bedeutung. Sie war der festen Überzeugung, daß man gar nicht genug Geld haben konnte.

      »Herbert hat dich mal wieder grenzenlos beneidet«, erzählte Livia jetzt mit einem spöttischen Lächeln.

      Unwillkürlich wanderte Rickys Blick zum Parcours. Herbert war nun mal sein bester Freund, und es gefiel ihm nicht, daß Livia sich immer so herablassend über ihn äußerte.

      »Er hat’s nicht leicht mit Pallas Athene«, meinte er, während er zusah, wie Herbert sich bemühte, die Schimmelstute einigermaßen ruhig und sicher über die Hindernisse zu bringen. »Sie scheint statt der Eingeweide pures Dynamit im Bauch zu haben. Manchmal wundere ich mich, wie er sich überhaupt auf ihr halten kann.«

      Livia zuckte gelassen die Schultern und versuchte dabei wieder, die Schmerzen in ihrem Unterleib zu ignorieren. Sie wußte, daß der Abgang unmittelbar bevorstand, doch sie hatte nicht gedacht, daß es so schmerzhaft sein würde.

      »Heute hast du deine Feuerprobe ja ausgezeichnet bestanden«, meinte Ricky, als sein Freund jetzt neben ihm aus dem Sattel sprang.

      Herbert grinste. »Es ist das erste Mal, daß ich einen Parcours mit nur acht Fehlerpunkten hinter mich gebracht habe.« Er streichelte die seidige