Dr. Daniel Paket 1 – Arztroman. Marie Francoise

Читать онлайн.
Название Dr. Daniel Paket 1 – Arztroman
Автор произведения Marie Francoise
Жанр Языкознание
Серия Dr. Daniel Paket
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783740948535



Скачать книгу

er nachher ins Wohnzimmer zurückkehrte, fiel ihm auf, daß er in den beiden Stunden, die Gerhard Krais bei ihm gewesen war, nicht ein einziges Mal an Melissa Feller gedacht hatte.

      Dafür war diese tragische Geschichte jetzt wieder gegenwärtig, und Dr. Daniel konnte nur hoffen, daß wenigstens die morgigen Untersuchungen keinen weiteren schlimmen Befund ergeben würden.

      *

      Melissa Feller fühlte sich schwach und zittrig. Seit gestern hatte sie nichts mehr essen dürfen und nur ein ganz entsetzlich schmeckendes Abführmittel bekommen. Dazu kam ihre Angst vor den bevorstehenden Untersuchungen.

      »Guten Morgen, Frau Feller«, grüßte Dr. Scheibler freundlich. »Jetzt haben Sie es bald überstanden. Noch zwei Untersuchungen, dann sind wir mit den Vorbereitungen fertig.«

      Melissa schluckte. »Seien Sie ehrlich, Herr Doktor… wird es sehr weh tun?«

      Dr. Scheibler schüttelte den Kopf. »Die Blasenspiegelung ist nicht so schlimm, wie Sie es sich vielleicht vorstellen. Sicher, unangenehm sind derartige Untersuchungen immer, aber ich verspreche Ihnen, daß ich sehr vorsichtig sein werde.«

      Dr. Scheibler hielt sein Versprechen. Er war nicht nur ausgesprochen vorsichtig, sondern überdies auch ein sehr geschickter Arzt.

      »Nun, Frau Feller, war’s sehr schlimm?« fragte er danach.

      Sie schüttelte den Kopf. »Nein, überhaupt nicht.« Dann lächelte sie. »Ich hätte gar nicht so viel Angst haben müssen.«

      »Na, sehen Sie. Und die letzte Untersuchung werden Sie auch noch hinter sich bringen.« Dr. Scheibler ergriff wie tröstend ihre Hand. »Allerdings wird die Darmspiegelung wegen der Wasseransammlungen in Ihrem Bauch ein wenig schmerzhaft sein, und ich möchte Ihnen nur ungern ein Medikament geben, wo morgen früh schon die Operation ansteht. Versuchen Sie also, sich so gut wie möglich zu entspannen, und wenn Sie es gar nicht mehr aushalten, dann müssen wir halt doch auf ein Schmerzmittel zurückgreifen.«

      Melissa nickte tapfer und versuchte, sich die aufsteigende Angst nicht anmerken zu lassen. Und Dr. Scheibler hatte sie auch nicht umsonst so schonend vorbereitet: die Untersuchung erwies sich tatsächlich als ziemlich schmerzhaft, doch Melissa stand sie ohne Schmerzmittel durch.

      »Sie sind eine sehr tapfere Frau«, erklärte Dr. Scheibler, nachdem er Melissa selbst in ihr Zimmer zurückgebracht hatte. Und wieder fühlte er Mitleid mit ihr, weil dieser armen Frau noch ein so langer Leidensweg bevorstehen würde, von dem sie selbst noch keine Ahnung hatte.

      *

      Dr. Daniel erreichte die Thiersch-Klinik am frühen Mittwochabend und suchte sofort den Chefarzt auf. Der Professor erwartete ihn auch bereits.

      »Gleich vorweg die gute Nachricht«, erklärte er unmittelbar nach der Begrüßung. »Blasen- und Darmspiegelung waren ohne Befund.«

      Dr. Daniel atmete auf. »Das heißt also, daß Sie morgen operieren werden.«

      Professor Thiersch nickte. »Um neun Uhr machen wir den Eingriff, und sobald wir fertig sind, rufe ich Sie an.«

      »Das wäre sehr freundlich von Ihnen«, meinte Dr. Daniel. Er wechselte noch ein paar Worte mit dem Professor, dann verabschiedete er sich und ging auf die Station, um Melissa Feller noch einen kurzen Besuch abzustatten.

      Er traf Patrick Feller und die beiden Mädchen Angela und Beatrice im Zimmer der Patientin an. Melissas Mund lächelte, doch ihre Augen blickten besorgt und auch ängstlich.

      »Nun, Frau Feller, schon sehr aufgeregt?« fragte Dr. Daniel, nachdem er die Familie begrüßt hatte.

      »Es geht«, antwortete Melissa, dann sah sie dem Arzt geradewegs ins Gesicht. »Haben Sie mit dem Professor gesprochen?«

      Dr. Daniel nickte. »Allerdings nur ganz kurz. Er hat mir die Untersuchungsergebnisse gezeigt und gesagt, daß Sie morgen früh operiert werden.«

      »Die Untersuchungsergebnisse«, wiederholte Melissa leise. »Die haben der Professor und Dr. Scheibler mir verschwiegen. Keiner von beiden wollte einen Ton darüber sagen.« Wieder suchten ihre forschenden Augen Dr. Daniels Blick. »Seien Sie ehrlich, Herr Doktor – wie schlimm steht es wirklich um mich?«

      »Das läßt sich nicht so einfach sagen«, wich Dr. Daniel aus. »Erst die Operation wird genauen Aufschluß darüber geben, ob…«

      »Sie dürfen nichts sagen«, fiel Melissa ihm voller Bitterkeit ins Wort. »Aber auch das ist deutlich, Herr Doktor: Ich habe keine großen Überlebenschancen, nicht wahr?«

      »Mutti! So etwas darfst du nicht einmal denken!« rief Angela aus. »Du wirst wieder gesund. Nicht wahr, Herr Doktor? Meine Mutti wird doch wieder gesund.«

      Dr. Daniel kämpfte mit sich. Vor seinem geistigen Auge standen die Röntgenbilder, die so entsetzlich viele Metastasen aufwiesen, andererseits durfte er diese grausame Wahrheit nicht aussprechen, um Melissas Lebensmut nicht endgültig zu brechen.

      »Ja, junges Fräulein, ich bin sicher, daß Ihre Mutti wieder gesund wird«, erklärte er endlich, dann stand er auf. »So, jetzt will ich Sie nicht mehr länger stören. Die letzten Stunden vor der Operation sollten Sie mit Ihrer Familie verbringen.« Er reichte Melissa die Hand. »Ich wünsche Ihnen alles erdenklich Gute, Frau Feller.«

      Sie spürte, daß Dr. Daniel diese Worte sehr ernst meinte, und sah mit einem dankbaren Lächeln zu ihm auf. »Ich danke Ihnen, Herr Doktor – für alles.«

      Dr. Daniel verabschiedete sich von den beiden Mädchen und von Patrick Feller, doch dieser bestand darauf, den Arzt noch hinauszubegleiten.

      »Das war eine barmherzige Lüge, die Sie meiner Frau aufgetischt haben, nicht wahr?« wollte er wissen, kaum daß er die Tür hinter sich geschlossen hatte.

      »Nein, Herr Feller, nicht ganz«, widersprach Dr. Daniel. »Es entspricht der Wahrheit, daß erst die Operation zeigen wird, was im Körper Ihrer Frau wirklich los ist.«

      »Aber Sie wissen doch schon viel mehr, als Sie uns gesagt haben«, beharrte Patrick.

      Prüfend sah Dr. Daniel ihn an. »Wie gut können Sie sich beherrschen?«

      Unwillkürlich hielt Patrick den Atem an. »Sehr gut, wenn es sein muß.«

      Dr. Daniel nickte. »Gut, dann werde ich Ihnen sagen, was ich weiß. Es steht sehr schlimm um Ihre Frau. Die Röntgenaufnahmen haben deutlich gezeigt, daß die Metastasen am Bauchfell nicht die einzigen sind. Auch Magen und Leber sind betroffen, und das läßt sich möglicherweise nicht operieren.«

      Patrick wurde weiß wie die Wand und griff haltsuchend um sich, dann ließ er sich auf den quietschenden weißen Plastikstuhl fallen, der hinter ihm stand.

      »Das ist… ein Todesurteil«, kam es fast unhörbar über seine Lippen.

      Dr. Daniel schüttelte energisch den Kopf. »Nein, Herr Feller, aber es bedeutet, daß Ihre Frau nach der Operation Chemotherapie bekommen muß, und es bleibt abzuwarten, wie sie darauf ansprechen wird.«

      Patrick vergrub das Gesicht in den Händen. »Versuchen Sie nicht, mich zu trösten. Ich habe in den letzten beiden Tagen schon einiges über Krebs gelesen und kann mir ungefähr ausrechnen, wie die Chancen stehen, daß meine Frau jemals wieder gesund wird.«

      »Sie dürfen die Hoffnung nicht aufgeben«, erklärte Dr. Daniel eindringlich. »Und vor allen Dingen müssen Sie Ihrer Frau immer wieder Mut machen, auch wenn es Ihnen schwerfällt.«

      Patrick sah zu ihm auf, dann nickte er. »Ich werde mein Möglichstes tun, Herr Doktor.«

      *

      Einen ganzen Tag lang hatte Gerhard Krais mit sich gerungen, dann – es ging bereits auf den Abend zu – faßte er endlich einen Entschluß.

      Schon am frühen Nachmittag hatte sich Monika auf ihr Zimmer zurückgezogen, um in Ruhe ihre Hausaufgaben machen zu können, doch als Gerhard nach kurzem Anklopfen eintrat, lag das Mädchen auf dem Bett und sah verträumt an die Decke, während Engelberts einschmeichelnde Stimme