Название | Dr. Daniel Paket 1 – Arztroman |
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Автор произведения | Marie Francoise |
Жанр | Языкознание |
Серия | Dr. Daniel Paket |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783740948535 |
In diesem Augenblick trat Irene Hansen mit einem Tablett ein.
»Ich habe Kaffee gemacht«, erklärte sie mit einem freundlichen Lächeln. »Sie trinken doch sicher auch eine Tasse, oder?«
Gerhard nickte erfreut. »Ja, danke, das ist jetzt genau das richtige für mich.«
Irene stellte das Tablett auf dem Wohnzimmertisch ab, deckte auf und schenkte den beiden Männern Kaffee ein, dann zog sie sich diskret zurück.
Forschend sah Dr. Daniel sein Gegenüber an, dann meinte er: »Sie hatten vorhin gefragt, wo Sie beginnen sollen. Ich würde vorschlagen, am besten ganz von vorn.«
Gerhard nickte, hüllte sich vorerst jedoch noch in Schweigen. Krampfhaft hielt er sich an seiner Kaffeetasse fest, und erst nach einigen Minuten begann er langsam und leise zu erzählen.
»Vor fünf Jahren kam meine Frau bei einem schweren Verkehrsunfall ums Leben.« Die Erinnerung daran war noch immer schmerzlich für ihn, doch Gerhard zwang seine Gedanken auf das, was er Dr. Daniel zu sagen hatte. »Unsere Tochter Monika war damals noch nicht ganz zehn Jahre alt, und ich sah mich von einem Tag zum anderen gezwungen, mein ganzes Leben umzustellen. Ich konnte nicht acht Stunden am Tag zur Arbeit gehen und nebenbei ein schulpflichtiges Kind versorgen. Also machte ich kurzerhand mein Hobby zum Beruf. Ich begann zu schreiben. Der Erfolg stellte sich nicht sofort ein, aber irgendwann schaffte ich es doch, meine erste Kurzgeschichte zu veröffentlichen. Von da an ging es stetig bergauf, und heute kann ich sagen, daß ich mit meiner Schriftstellerei ganz ordentlich verdiene.« Er trank einen Schluck Kaffee und konzentrierte sich dann auf sein unmittelbares Problem.
»Mit Monika gab es glücklicherweise nie Schwierigkeiten«, fuhr er fort. »Natürlich litt sie unter dem Verlust ihrer Mutter, aber wir hatten seit jeher ein gutes Verhältnis zueinander und machten das Beste aus unserer Lage. In den vergangenen fünf Jahren entwickelte sich zwischen uns ein Vertrauensverhältnis, das eine normale Vater-Tochter-Beziehung weit übersteigt. Wir waren Freunde… richtig dicke Freunde, die sich alles erzählten und alles miteinander teilten.«
Gerhard schwieg, und Dr. Daniel deutete dieses Schweigen richtig.
»Das hat sich jetzt anscheinend geändert«, vermutete er.
Ein wenig überrascht sah Gerhard ihn an. »Woher wissen Sie das?«
»Weil Sie sonst wohl nicht bei mir wären«, meinte Dr. Daniel. »Und ich glaube, ich kann sogar noch einen Schritt weitergehen. Ich ahne, weshalb sich Ihr Verhältnis zueinander geändert hat. Monika müßte jetzt ungefähr fünfzehn sein und beginnt wohl, langsam eigene Wege zu gehen. Vielleicht gibt es sogar schon einen jungen Burschen, dem ihr Herz gehört.«
Gerhard nickte. »Das ist aber nicht alles.« Und jetzt sah er Dr. Daniel geradewegs ins Gesicht. »Stellen Sie sich vor, gestern abend bin ich durch Zufall auf eine Packung Anti-Baby-Pillen gestoßen.« Verzweifelt schüttelte er den Kopf. »Meine Kleine nimmt die Pille, damit sie kein Kind bekommt, dabei ist sie doch selbst noch ein Kind.«
Unwillkürlich mußte Dr. Daniel bei diesen Worten an seine eigenen Erlebnisse mit seiner Tochter Karina denken. Es war noch gar nicht so lange her, seit er selbst in einer ähnlichen Verfassung gewesen war wie Gerhard Krais.
»Hat Ihre Tochter denn einen festen Freund?« fragte Dr. Daniel behutsam.
Gerhard zuckte die Schultern. »Keine Ahnung. Ich nehme es an.« Mit einer fahrigen Handbewegung strich er sein dichtes Haar zurück. »Wir hatten an dem selben Tag ein kurzes Gespräch. Ursprünglich ging es um eine Geschichte, die ich zu schreiben hatte, aber dann kamen wir auf einen jungen Burschen aus der Nachbarschaft zu sprechen. Er heißt Karl Meister, wird von seinen Freunden aber allgemein Charly gerufen. Und Monika hat zugegeben, daß dieser Charly ihr großer Schwarm ist… allerdings… nachdem ich die Pille bei ihr gefunden habe, gehe ich davon aus, daß zwischen den beiden schon weit mehr vorgefallen ist als ein harmloses Küßchen auf die Wange, wie sie behauptet hatte.«
Nachdenklich wiegte Dr. Daniel den Kopf hin und her. »Sie sollten vielleicht nicht gleich alles in Frage stellen, was Ihre Tochter Ihnen erzählt. Es mag ja durchaus sein, daß sie die Pille nur vorsichtshalber nimmt. War sie denn bei einem Arzt?«
Wieder zuckte Gerhard die Schultern. »Da sie die Pille heimlich nimmt, hat sie mir natürlich auch das verschwiegen. Ich nehme aber an, daß sie bei einem Arzt war. Wie käme sie sonst an dieses Zeug heran?«
»Da gibt es auch noch andere Mittel und Wege. Sie glauben ja gar nicht, wie phantsasievoll junge Mädchen sein können, wenn sie sich etwas wie die Pille beschaffen wollen.«
Gegen seinen Willen mußte Gerhard lächeln. »Es scheint, als sprächen Sie aus Erfahrung.«
Dr. Daniel nickte. »Ich habe ebenfalls eine Tochter, die mittlerweile aber schon einundzwanzig ist. Allerdings war auch ich schon verwitwet, als sie in dieses problematische Alter kam. Karina war noch nicht ganz siebzehn, als ich bei ihr die Pille entdeckte, und ich war ebenso geschockt wie Sie jetzt. Es ist eine schmerzliche Erfahrung, wenn man miterleben muß, wie das Kind, das man einst herumgetragen und in den Schlaf gesungen hat, plötzlich erwachsen wird.«
Gerhard nickte. »Da gehen Sie recht. Und das ist es auch, was mir so zu schaffen macht. Wenn ich mir vorstelle, daß meine kleine Moni mit diesem Charly…« Er schaffte es nicht, den Satz zu beenden. Mit flehendem Blick sah er den Arzt vor sich an. »Was soll ich denn jetzt tun?«
Nachdenklich strich Dr. Daniel über sein kurzes blondes Haar.
»Es gibt nur zwei Möglichkeiten«, erklärte er dann. »Sie können Stillschweigen bewahren und warten, bis sich Monika Ihnen anvertraut. Oder Sie machen den Anfang und sprechen Ihre Tochter ganz offen auf die Pille an.«
Gerhard schluckte. Im Augenblick konnte er sich weder das eine noch das andere vorstellen.
»Was haben Sie damals getan, wenn ich fragen darf?« erkundigte er sich schließlich.
»Sie dürfen«, meinte Dr. Daniel. »Ich habe ein paar Tage lang mit mir gerungen, aber dann hielt ich die Ungewißheit nicht mehr aus. Ich habe Karina gesagt, daß ich durch Zufall die Pille bei ihr entdeckt hätte. In diesem Augenblick war sie genauso verlegen wie ich selbst, und als wir unsere gegenseitige Unsicherheit bemerkten, ging plötzlich alles wie von selbst. Ich erfuhr, daß sie seit kurzem einen Freund hatte und deshalb beim Arzt gewesen war, um sich die Pille verschreiben zu lassen.« Dr. Daniel lächelte. »Mir war natürlich schon klar, daß sie mit diesem Anliegen niemals zu mir hätte kommen können.«
Gerhard nickte, dann sah er den Arzt an. »Und Sie haben einfach so akzeptiert, daß Ihre Tochter einen Freund hat, mit dem sie… nun ja, Sie wissen schon, was ich meine.«
»Was blieb mir denn anderes übrig, als das zu akzeptieren?« entgegnete Dr. Daniel ernst. »Ich will offen sein – es ist mir wahrlich nicht leichtgefallen, mich mit dieser Tatsache abzufinden, aber Karina war nun mal auf dem Weg, erwachsen zu werden. Und ich will Ihnen sogar gestehen, daß ich noch heute auf jeden jungen Mann, der sich meiner Tochter nähert, ein bißchen eifersüchtig bin.«
Gerhard atmete auf. »Dann ist meine Reaktion also völlig normal?«
»Mit Sicherheit«, bekräftigte Dr. Daniel. »Es wird wohl kaum einen Vater geben, der nicht eifersüchtig ist, wenn sein Töchterchen plötzlich einen Freund hat.« Dann wurde er ernst. »Aber um auf Ihr Problem zurückzukommen, Herr Krais. Schon im Interesse Ihrer Tochter würde ich Ihnen raten, daß Sie versuchen, zu einem klärenden Gespräch zu finden. Wenn Sie sich die Pille nämlich heimlich beschafft hat – und davon gehe ich bei einem
fünfzehnjährigen Mädchen fast aus –, dann ist das nicht ganz ungefährlich. Sie sollte unbedingt einen Termin beim Frauenarzt wahrnehmen.« Er lächelte. »Das muß ja nicht unbedingt ich sein.«
Auch Gerhard lächelte jetzt. »Ich glaube schon, daß Sie das sein werden, Herr Doktor.« Dann stand er auf. »So, jetzt will ich Sie aber wirklich nicht mehr länger belästigen.« Er reichte Dr. Daniel die Hand. »Danke,