Gesammelte Gedichte von Rainer Maria Rilke. Rainer Maria Rilke

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Название Gesammelte Gedichte von Rainer Maria Rilke
Автор произведения Rainer Maria Rilke
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9788027211470



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Gärten, an die ich glaube

       Schau, wie die Zypressen schwärzer werden

       Erste Rosen erwachen

       Blendender Weg, der sich vor Licht verlor

       Da steht er gestützt am Turm

       Im flachen Land war ein Erwarten

       Wer einst das einsame Haus erbaut

       Das ist dort, wo die letzten Hütten sind

       Manchmal geschieht es in tiefer Nacht

       Wir wollen, wenn es wieder Mondnacht wird

       Gebet

      Ich ließ meinen Engel lange nicht los

       Inhaltsverzeichnis

      Ich ließ meinen Engel lange nicht los,

       und er verarmte mir in den Armen

       und wurde klein, und ich wurde groß:

       und auf einmal war ich das Erbarmen,

       und er eine zitternde Bitte bloß.

       Da hab ich ihm seine Himmel gegeben, -

       und er ließ mir das Nahe, daraus er entschwand;

       er lernte das Schweben, ich lernte das Leben,

       und wir haben langsam einander erkannt...

      Seit mich mein Engel nicht mehr bewacht

       Inhaltsverzeichnis

      Seit mich mein Engel nicht mehr bewacht,

       kann er frei seine Flügel entfalten

       und die Stille der Sterne durchspalten, -

       denn er muss meiner einsamen Nacht

       nicht mehr ängstlichen Hände halten -

       seit mich mein Engel nicht mehr bewacht.

      Hat auch mein Engel keine Pflicht mehr

       Inhaltsverzeichnis

      Hat auch mein Engel keine Pflicht mehr,

       seit ihn mein strenger Tag vertrieb,

       oft senkt er sehnend sein Gesicht her

       und hat die Himmel nicht mehr lieb.

       Er möchte wieder aus armen Tagen

       über Wälder rauschendem Ragen

       meine blassen Gebete tragen

       in die Heimat der Cherubim.

       Dorthin trug er mein frühes Weinen

       und Bedanken, und meine kleinen

       Leiden wuchsen dorten zu Hainen,

       welche flüstern über ihm...

      Wenn ich einmal im Lebensland

       Inhaltsverzeichnis

      Wenn ich einmal im Lebensland,

       im Gelärme von Markt und Messe -

       meiner Kindheit erblühte Blässe:

       meinen ernsten Engel vergesse -

       seine Güte und sein Gewand,

       die betenden Hände, die segnende Hand, -

       in meinen heimlichsten Träumen behalten

       werde ich immer das Flügelfalten,

       das wie eine weiße Zypresse

       hinter ihm stand...

      Seine Hände blieben wie blinde Vögel

       Inhaltsverzeichnis

      Seine Hände blieben wie blinde

       Vögel, die, um Sonne betrogen,

       wenn die andern über die Wogen

       zu den währenden Lenzen zogen,

       in der leeren, entlaubten Linde

       wehren müssen dem Winterwinde.

       Auf seinen Wangen war die Scham

       der Bräute, die über der Seele Schrecken

       dunkle Purpurdecken

       breiten dem Bräutigam.

       Und in den Augen lag

       Glanz von dem ersten Tag, -

       aber weit über allem war

       ragend das tragende Flügelpaar...

      Um die vielen Madonnen sind viele ewige Engelknaben

       Inhaltsverzeichnis

      Um die vielen Madonnen sind

       viele ewige Engelknaben,

       die Verheißung und Heimat haben

       in dem Garten, wo Gott beginnt.

       Und sie ragen alle nach Rang,

       und sie tragen die goldenen Geigen,

       und die Schönsten dürfen nie schweigen:

       ihre Seelen sind aus Gesang.

       Immer wieder müssen sie

       klingen alle die dunklen Chorale,

       die sie klangen vieltausend Male:

       Gott stieg nieder aus Seinem Strahle

       und du warst die schönste Schale

       Seiner Sehnsucht, Madonna Marie.

       Aber oft in der Dämmerung

       wird die Mutter müder und müder,-

       und dann flüstern die Engelbrüder,

       und sie jubeln sie wieder jung.

       Und sie winken mit den weißen

       Flügeln festlich im Hallenhofe,

       und sie heben aus den heißen

       Herzen höher die eine Strophe:

       Alle, die in Schönheit gehn,

       werden in Schönheit auferstehn.

      Lauschende Wolke über dem Wald