Название | Die wichtigsten Werke von Leo Tolstoi |
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Автор произведения | Leo Tolstoi |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9788027211456 |
»Der Koch erhält seine tausend Rubel nicht umsonst, er ist sein Geld wert.« Er setzte sich.
»Was willst du, meine kleine Gräfin?«
»Höre, mon ami! Aber was ist das für ein Flecken?« sagte sie streng, indem sie mit dem Finger auf die Weste deutete. »Wahrscheinlich von den Haselhühnern«, bemerkte sie lächelnd. »Siehst du, Graf, ich muß Geld haben!«
Das Gesicht des Grafen verlängerte sich, er suchte hastig nach seiner Brieftasche.
»Ich brauche viel, fünfhundert Rubel«, bemerkte sie, indem sie den Flecken mit ihrem Taschentuch rieb.
»Gleich, gleich! Heda!« rief er mit der Zuversicht eines Mannes, der zu befehlen gewohnt ist. »Mitenka soll kommen.«
Mitenka war der Sohn eines Adeligen, den der Graf hatte erziehen lassen. Diesem hatte er alle seine Geschäfte anvertraut. Er trat langsam mit gemessenen Schritten ein.
»Höre, mein Lieber, bringe mir –« er zögerte – »bringe mir siebenhundert Rubel! Ja, siebenhundert Rubel, aber nicht wieder schmutzige und zerrissene Scheine wie neulich. Ich muß neue haben, es ist für die Gräfin!«
»Ja, ich bitte dich, Mitenka, saubere«, sagte die Gräfin seufzend.
»Wann wünscht Exzellenz sie zu erhalten? Sie wissen, daß … übrigens, seien Sie unbesorgt«, beeilte sich Mitenka hinzuzufügen, der an dem hastigen Atem des Grafen einen Sturm voraussah. »Sie werden sie sogleich erhalten.«
»Gut, gut, gib sie der Gräfin! Was für ein Schatz ist dieser Mensch«, sagte der Graf, ihm nachblickend, »nichts ist ihm unmöglich, und das gefällt mir, denn so muß es sein.«
»Ach, das Geld, das Geld! Wieviel Unheil verursacht das Geld in dieser Welt. Aber dieses habe ich sehr nötig, lieber Graf.«
»Es ist bekannt, kleine Gräfin, daß du schrecklich verschwenderisch bist«, erwiderte der Graf; dann küßte er ihr die Hand und kehrte in sein Zimmer zurück.
Die Gräfin erhielt ganz neue Banknoten, und hatte sie eben sorgfältig mit ihrem Taschentuch bedeckt, als die Fürstin Drubezkoi ins Zimmer trat.
»Nun, wie ist es, ma chère ami?« fragte die Gräfin etwas erregt.
»Ach, schrecklich, er ist nicht wiederzuerkennen! Ich bin nur einen Augenblick geblieben und habe nicht zwei Worte sprechen können.«
»Anna, im Namen des Himmels, weise mich nicht zurück«, sagte plötzlich die Gräfin errötend. Dabei zog sie das Taschentuch weg und reichte die Banknoten der Fürstin. Diese erriet sofort die Wahrheit und breitete die Arme aus, um ihre Freundin im richtigen Augenblick zu umfassen. »Dies ist für Boris zur Uniform!«
Die Fürstin umarmte weinend ihre Freundin. Warum weinten sie? Vielleicht, weil sie genötigt waren, an Geld zu denken, diese Nebensache, wenn man sie liebt, oder vielleicht dachten sie an ihre entschwundene Jugend, in der ihre Freundschaft erblüht war. Immerhin waren es süße Tränen.
18
Am folgenden Tag hatte der Graf Besuchow einen sechsten Schlaganfall. Da die Ärzte erklärten, daß jede Hoffnung auf Genesung verschwunden sei, wurden die Sterbegebete gelesen, und man bereitete den Kranken auf die letzte Ölung vor. Aufregung und Unruhe herrschten am Krankenbett; schon drängten sich die Unternehmer der Leichenbegängnisse an der Haustür. Der Generalgouverneur, welcher täglich einen Adjutanten gesandt hatte, erschien an diesem Abend in Person, um von dem erlauchten Zeitgenossen der Kaiserin Katharina Abschied zu nehmen. Eine vornehme Menge drängte sich im Empfangssaal; alle erhoben sich beim Eintritt des Generalgouverneurs, welcher eine halbe Stunde bei dem Sterbenden zugebracht hatte und, rechts und links grüßend, rasch den Saal durchschritt. Die Menge in dem Saal, welche sich flüsternd unterhielt, verstummte plötzlich und blickte unruhig und neugierig nach der Tür, so oft sie sich öffnete. »Haben Sie den Generalgouverneur gesehen?« fragte jemand in einer Gruppe. »Wie jung er noch ist!«
»Und er ist nahe an sechzig.« – »Man sagt, der Graf sei nicht mehr bei Besinnung; man spricht davon, ihm die letzte Ölung zu geben«, bemerkte ein anderer.
»Ich kannte jemand, der sie siebenmal erhalten hat.«
Die zweite Nichte des Grafen Besuchow kam von ihrem Onkel mit roten Augen und setzte sich neben den Doktor Lorrain, der sich auf einem Sofa unter dem Bild der Kaiserin Katharina niedergelassen hatte.
»Wirklich prächtiges Wetter, Fürstin! Man könnte glauben, auf dem Lande zu sein, obgleich man sich in Moskau befindet.«
»Nicht wahr?« erwiderte das Fräulein mit einem Seufzer. »Erlauben Sie mir, ihm zu trinken zu geben?«
Der Arzt begann nachzudenken.
»Hat er die Suppe gegessen?«
»Ja.«
Der Arzt betrachtete seine Uhr.
»Nehmen Sie ein Glas gekochtes Wasser und werfen Sie ein Prischen Kremortartari hinein!« Dabei zeigte er mit den Fingerspitzen, wieviel eine Prise sei.
»Welch starke Natur!« bemerkte ein Adjutant zu einem deutschen Arzt. »Und wem wird all der Reichtum zufallen?« »Es werden sich schon Liebhaber finden«, erwiderte der Deutsche mit einem schweren Seufzer.
Wieder öffnete sich die Tür, alle blickten auf. Es war die zweite Fürstin, welche die Suppe bereitet hatte und zu dem Kranken hineinging.
Der deutsche Arzt näherte sich Lorrain.
»Es kann sich wohl noch bis gegen Morgen hinziehen«, sagte er in zweifelhaftem Französisch.
Lorrain spitzte die Lippen und machte feierlich eine verneinende Bewegung mit dem Zeigefinger.
»Spätestens heute nacht«, sagte er leise, mit stolzem Lächeln über sein Wissen.
Fürst Wassil öffnete die Tür des Zimmers der älteren Fürstin. Es war fast dunkel darin. Vor den Heiligenbildern brannten zwei kleine Lampen, welche einen süßen Wohlgeruch ausströmten. Das Zimmer war von einer Menge kleiner Möbel und Tischchen von allen Formen erfüllt, und halb verborgen hinter einem Schirm sah man kaum die weiße Decke eines sehr hohen Bettes. Ein kleiner Hund bellte.
»Ach, Sie sind’s, Vetter!«
Sie erhob sich. »Was gibt es? Sie haben mich erschreckt.«
»Es ist nichts – alles noch unverändert. Aber ich bin gekommen, um mit dir zu sprechen, Käthchen.«
Er setzte sich gemächlich in den Lehnstuhl, den sie zuvor eingenommen hatte.
»Wie stark dein Zimmer geheizt ist. Nun, setze dich hierher!«
»Ich glaubte, es sei etwas vorgefallen.« Sie setzte sich ihm gegenüber mit ihrer kalten, steinernen Miene.
»Nun, wie ist’s, ma chère?« begann der Graf Wassil und ergriff ihre Hand, die er wie gewöhnlich nach und nach sinken ließ.
Diese Worte mußten viel bedeuten, denn Cousin und Cousine hatten sich schweigend verstanden. Die Fürstin richtete langsam ihre ausdruckslosen grauen Augen auf ihn, dann senkte sie den Kopf, seufzte und blickte nach den Bildern an der Wand. Dies war auf verschiedene Art zu erklären. Es war Schmerz und Resignation, oder es war Ermüdung und Hoffnung auf baldige Ruhe. So verstand es der Fürst Wassil.
»Glaubst du denn, ich wäre nicht auch ermüdet wie ein Postpferd? Aber wir wollen sprechen, und ernsthaft, wenn du willst!«
Er schwieg. Seine Miene und sein Blick nahmen einen anderen, unangenehmen Ausdruck an, ganz unähnlich seinem gewöhnlichen. In seinen Augen war zugleich Dreistigkeit und Besorgnis zu lesen.
Die Fürstin