Название | Dr. Laurin Staffel 3 – Arztroman |
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Автор произведения | Patricia Vandenberg |
Жанр | Языкознание |
Серия | Dr. Laurin |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783959796644 |
»Ich bin Frau Arnold«, sagte sie freundlich. »Ich wollte schnell einmal zu meinem Schwager hineinschauen, aber jetzt kann ich das Zimmer nicht finden.«
»Hat der Chefarzt es denn erlaubt?« fragte die junge Schwester.
»Natürlich. Ich habe eben mit ihm gesprochen«, erwiderte Irene.
»Den Seitengang rechts, erste Tür links«, sagte die Schwester schnell und eilte weiter. Auch Irene hatte es sehr eilig, aber ihr Impuls, alles auf eine Karte setzen zu wollen, sollte sich als ein Schlag ins Wasser erweisen. Mirja war kurz zuvor zu Benedikt gekommen, der heute schon in einem verblüffend guten Zustand war.
Er sah Irene früher eintreten als Mirja, die der Tür den Rücken zukehrte und mit einem solchen Besuch wahrhaftig nicht rechnete.
Nur für den Bruchteil einer Sekunde war Benedikt verblüfft, dann sagte er sehr bestimmt: »Verschwinde! Ich werde dir nicht den Gefallen tun, das Zeitliche zu segnen. Du wirst mit mir rechnen müssen.«
»Willst du mich nicht erst anhören, Benedikt?« fragte Irene erregt.
»Nein.« Und schon drückte er auf die Klingel.
Die junge Schwester, die Irene eben die Auskunft gegeben hatte, kam herbeigeeilt und mußte nun einen Vorwurf einstecken.
»Aber die Dame sagte doch, daß Dr. Sternberg den Besuch gestattet hätte.«
»Sie ist eine notorische Lügnerin«, erklärte er grimmig.
Deutlicher konnte er nicht sein, und zum ersten Mal spürte Mirja, daß ein gesunder Benedikt Arnold sehr energisch sein konnte.
»Habe ich dich erschreckt, Liebes?« fragte er, nun wieder mit weicher Stimme. »Sie versteht keine andere Sprache.«
»Bitte, reg dich nicht auf, Benedikt«, sagte Mirja fürsorglich.
»Ich rege mich nicht auf. Wenn du bei mir bist, kann mich nichts erschüttern. Ich kann den Tag kaum noch erwarten, an dem ich dich ganz und für immer haben werde. Wir werden nach Lugano gehen und ganz allein sein. Willst du?«
»Ich will alles, was du willst«, sagte sie voller Zärtlichkeit.
*
Leon Laurin fiel ein, daß er Mirja ausrichten mußte, daß der Bruder seines Schwagers, Dr. Friedrich Brink, sie um zwei Uhr erwartete.
»Kann ich denn schon wieder weg?« fragte Mirja.
Er lächelte. »Sie haben so viele Überstunden gut. Da wollen wir mal nicht kleinlich sein.«
Nach ihrer Unterredung mit Dr. Brink wußte Mirja noch einiges mehr über Benedikt.
Das Flugzeug, mit dem das Unglück heraufbeschworen wurde, gehörte einem Geschäftspartner von Benedikt. Jürgen, der seinen Stiefbruder nach Australien begleitet hatte, lieh es sich aus, und es war nicht verabredet gewesen, daß Benedikt mit nach Adelaide fliegen sollte. Jürgen und der Chefingenieur der Arnold-Werke, Fred Haldegg, wollten allein fliegen, doch im letzten Augenblick hatte es sich Benedikt überlegt, weil er die Nachricht bekommen hatte, daß die geplante Fusion sich äußerst kompliziert gestaltete. Zudem hatte er auch zufällig einen nicht vollendeten Brief von Jürgen befunden, der an Irene gerichtet war und in dem er schrieb, daß er nun wüßte, daß sie ein Verhältnis mit Haldegg hätte.
Mirja mußte über manches nachdenken, als sie Benedikt nun noch einmal schnell besuchte.
»Warum bist du doch mitgeflogen, Benedikt?« fragte sie ihn.
»Jürgen war in Weltuntergangsstimmung. Ich wollte ihn davor bewahren, etwas Unüberlegtes zu tun, denn daß er etwas vorhatte, merkte ich daran, daß er mich anflehte, in Canberra zu bleiben. Ich hatte doch keine Ahnung, daß er an der Maschine herummanipuliert hatte. Daß zwischen Haldegg und Irene etwas war, vermutete ich schon länger, aber darüber machte ich mir keine allzu großen Gedanken. Er war nicht ihr einziger Liebhaber. Jürgen war blind. Er war viel zu jung und harmlos. Ich habe ihn gern gehabt, Mirja. Jürgen wollte mich nicht vernichten. Er wollte sich, aber gleichzeitig auch Haldegg umbringen, das ist mir klar. Haldegg weiß das wohl sehr genau.«
»Aber Irene auch«, sagte Mirja leise, und dann erzählte sie ihm von Rolf Hilgers Beobachtungen.
Benedikt überlegte nur kurz. »Dein Nachbar scheint ja ein recht cleverer junger Mann zu sein«, bemerkte er, »aber wenn er sich zutraut, Irene auf die Schliche zu kommen, soll er es doch versuchen. Ich werde ihn mir dann mal anschauen, ob er im Beruf auch so tüchtig ist. Jetzt lohnt es sich für mich zu kämpfen. Weil es dich gibt«, fügte er zärtlich hinzu.
*
Gegen drei Uhr waren Johannes von Korten und seine Tochter in München eingetroffen. Beide waren sie in einer eigentümlichen Stimmung. Mirja überdachte alles, was ihr Vater ihr erzählt hatte. Es war eine Geschichte, die ein junges, verwöhntes Mädchen wie sie schon erschrecken konnte. Es war gar nicht so einfach, sich mit dem Gedanken vertraut zu machen, plötzlich eine Zwillingsschwester zu haben, und ihr Vater schien zudem fest entschlossen zu sein, ohne Rücksicht auf Anna Rickmann, den Kampf um diese zweite Tochter aufzunehmen. Er wußte ja nicht, daß Anna Rickmann nicht mehr lebte.
Er gönnte sich nicht einmal eine kurze Ruhepause. »Du wirst im Hotel auf mich warten«, sagte er zu Mirja und verschwand, bevor sie widersprechen konnte.
Aber sie hatte keine Neigung, hier zu sitzen und zu grübeln. Aus einem Telefonbuch suchte sie sich die Adresse der Prof.-Kayser-Klinik heraus, ging zum Taxistand und gab die Adresse an. Es war jetzt kurz vor vier Uhr nachmittags.
Die andere Mirja ging währenddessen wieder ihrer Arbeit nach, gewissenhaft, wie sie es gewohnt war. Sie dachte weder an Dr. Lundgren noch an etwas anderes, und so fiel sie aus allen Wolken, als plötzlich Schwester Otti angestürzt kam und sie anstarrte, als wäre sie ein Geist.
»Was ist denn?« fragte Mirja erschrocken, denn unwillkürlich mußte sie an Benedikt denken.
»Da ist jemand. Eine junge Frau«, stammelte Schwester Otti verwirrt. »Sie sieht genauso aus wie Sie, Mirja. Sie spricht mit Dr. Laurin, und der ist auch ganz schön verblüfft.«
Gestern noch hätte Mirja diese Nachricht mit Humor aufgenommen, heute war das anders. Sie fühlte, daß ihr Leben an einem Wendepunkt stand und daß ihre Gefühle für ihre Mutter einer Bewährungsprobe ausgesetzt wurden. Sie hatte Angst.
*
Alles, was Mirja von Korten gedacht und empfunden hatte, bevor sie der anderen Mirja Auge in Auge gegenüberstand, war ausgelöscht, als diese eintrat. Sie sah nicht nur ihr Ebenbild, sie sah ihr zweites Ich, und sie dachte in diesem Augenblick, daß sie willkürlich von einer fremden Frau um Jahre ihres Lebens mit ihrer Schwester betrogen worden war. Aus egoistischen Motiven, wie auch ihr Vater meinte.
Mirja Rickmanns Empfindungen waren ganz anderer Natur. Natürlich war es auch für sie ein einschneidendes Erlebnis, aber sie wußte ja, wie es dazu gekommen war, daß sie unter ganz anderen Bedingungen aufwuchs, und bei ihr herrschte die Angst vor, daß das Andenken ihrer Mutter in den Staub getreten würde.
Dr. Laurin ging zur Tür. Für ihn war der Augenblick da, sich überflüssig zu fühlen.
Mirja von Korten verlor die Fassung, als sich die Tür hinter ihm geschlossen hatte. Mit tränenblinden Augen taumelte sie auf Mirja Rickmann zu.
»Du bist meine Zwillingsschwester«, stammelte sie.
»Ja, ich weiß es seit gestern«, erwiderte die andere Mirja tonlos. Aber sie konnte sich der innigen Umarmung nicht entziehen.
»Es ist so ungerecht«, schluchzte Mirja von Korten auf.
»Bitte, sage nichts gegen meine Mutter«, flüsterte Mirja Rickmann. »Kein Wort – ich könnte es nicht ertragen. Du mußt alles wissen, bevor du von Ungerechtigkeiten sprichst.«
»Aber Vater ist auch hier, und ich