DER ZAR. Ted Bell

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Название DER ZAR
Автор произведения Ted Bell
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783958351318



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von Rotes Banner zu übernehmen, Alex. Natürlich wird sie Ihnen unterstellt sein, sollten Sie diesen Auftrag annehmen.«

      »Ach ja. Nett.«

      Trulove sah ihn an und lächelte wieder. »Wie haben Sie sich entschieden, Alex?«

      Als Hawke Pippas Blick suchte, strahlte sie ihn mit vergnügt gehässigem Funkeln in ihren betörenden Augen von unten an. Er steckte in der Klemme, das wusste sie. Davon abgesehen war der Posten, den C in Aussicht stellte, ein wichtiger. In der Abteilung Rotes Banner konnte er seinem Land vermutlich bessere Dienste erweisen als bei früheren Aufträgen. Gut möglich auch, dass sich die Arbeit lohnender gestaltete als seine letzten Einsätze für den Nachrichtendienst. Ihm wurde bewusst, dass er seinen Entschluss schon gefasst hatte … und um sich anders zu entscheiden, war es längst zu spät.

      »Nun, ich höre.«

      »Sehr gern, Sir. Ich fühle mich geehrt angesichts des tiefen Vertrauens, welches der MI6 und Sie in meine Fähigkeiten setzen.«

      »Ausgezeichnet!«, rief C und legte eine Hand auf Hawkes Schulter. »Eine gute Entscheidung, Alex. Nun, gleich ist Mittag, und wir haben Grund zum Feiern, denke ich. Sie beide auch? Hier draußen gibt es einen gemütlichen Pub, direkt gegenüber des Schifffahrtsmuseums. Er heißt Frog & Onion. Sollen wir dorthin gehen und einen Rum trinken?«

      »Oh ja, gerne!«, beteuerte Pippa, während sie nicht C, sondern Hawke anschaute.

      »Freilich, das wäre angebracht«, pflichtete er gezwungen fröhlich bei, obwohl er sich bereits fragte, worauf er sich da eingelassen hatte.

      Die Antwort würde er relativ bald bekommen.

      Kapitel 13

      New York City

      Paddy spürte ein wenig Druck unter seinen Fersen, was ihn erahnen ließ, dass das Luftschiff aufstieg. Als er einen Blick aus dem nächstgelegenen Fenster warf, sah er sich in dieser Annahme bestätigt, denn die sonnenbeschienenen Hochhäuser der Skyline von Manhattan entfernten sich stetig, während das Luftfahrzeug den Tower im Stadtzentrum hinter sich ließ und Richtung Long Island flog. Demnach hatte Paddy auch das Abschiedszeremoniell verpasst: das Lösen der Trossen, das Winke-Winke der Fernsehteams und anderen Medienmenschen auf der Plattform.

      Kaum zu fassen, aber er hätte Schlagzeilen machen können. Zum ersten Mal in seinem unbedeutenden Leben wäre er in den Nachrichten gewesen – und hatte es versäumt.

      Jetzt wusste er gar nicht, wo ihm der Kopf stand. Er hatte den Rundgang mit seinem neuen Gefährten Dr. Schumajew sowie einem Haufen Journalisten begonnen und mit viel »Oh« oder »Ah« angesichts der luxuriösen Innenausstattung des Firmenflaggschiffs die Zeit totgeschlagen. Als Schlusslicht der Gruppe war er stehengeblieben, um ein stattliches Modell des Hindenburg-Zeppelins, ungefähr sechs Fuß lang, in einer Vitrine zu bewundern. Es stand auf Deck B im Empfangsbereich Atlantis, wo blonde Babes in blauen Uniformen vor der Besichtigung Kaffee und Gebäck gereicht hatten.

      Jedenfalls war er von der Gruppe zurückgelassen worden, als er wieder aufgeschaut hatte, und dann einfach allein weitergegangen, um noch möglichst viel zu sehen. Das fand er sogar cooler als brav im Gänsemarsch zu traben und sich die Erklärungen des Chefsteward – was war das überhaupt für ein Beruf? – anzuhören, die ausführlicher waren, als Paddy es für nötig hielt. Der Mann hatte mit Blick auf eine der Passagiersuiten darauf hingewiesen, dass das Bettzeug an Bord ausschließlich aus ägyptischer Baumwolle mit einer Fadenzahl von mehr als 1.200 bestünde. Wirklich so viel? Na, da quartierte man sich doch gerne ein!

      Nun setzte Paddy seinen Weg also auf eigene Faust fort, und zwar über einen breiten Korridor, dessen rechte Seite fast bis unter die Decke verglast war. Promenade nannten sie diesen Abschnitt. Im Abstand von je fünf Fuß standen hier bequem aussehende Lederfauteuils mit Blick auf die nach außen abgeschrägten Fensterscheiben und kleinen, runden Tischen dazwischen. Licht flutete den Gang, und einige Schiebeelemente waren etwa einen Fuß weit aufgezogen worden, sodass angenehm frischer Wind hereinwehte. Die Sicht auf den Long Island Sound raubte Paddy den Atem.

      Ein nettes Örtchen zum Verweilen für ein paar Stunden oder den Rest seines Lebens war das. Er malte sich aus, wie es mit Gästen an Bord aussah. Für den Jungfernflug nach England gab es laut Chefsteward schon keine freien Plätze mehr. Jungfernflug? Decks voller Jungfrauen also? Ich bin dabei. Er stellte sich all die aalglatten Typen vor, die Tee schlürfend herumsaßen, Romane lasen oder was auch immer in solchen Kreisen getan wurde. In seinen Augen hätte man den Atlantik auf weniger gemütliche Weise überqueren können als mit 150 Meilen die Stunde ein paar Hundert Fuß über dem Meer, während man sich die jüngste Urlaubslektüre als Hörbuch per iPod reinzog.

      Doch, eines Tages musste er sich wohl einen Trip auf dieser Schönheit von Luftschiff genehmigen.

      Schließlich erreichte er das Ende der Promenade. Nachdem sich die Glasschiebetür vor sich geöffnet hatte, betrat er so etwas wie einen Lese- und Schreibsaal. Dort standen schnucklige Sessel herum, außerdem Tischchen mit altmodischen Schreibunterlagen, Tintenfässern und Briefpapier, dessen Kopf mit einem großen, roten T bedruckt war: TSAR. Ein klasse Name für ein klasse Schiff, wie Paddy zugeben musste.

      Daran schloss sich eine Art Foyer mit Treppe an, von dem ein weiterer Flur abzweigte, wahrscheinlich ein Verbindungsgang zur anderen Bordseite. Er streckte den Kopf durch eine Tür mit Lederpolsterung und der Aufschrift ›Odeon‹ – einem kleinen Kino wie eine Schmuckschatulle mit Sitzen, die mit rotem Samt bezogen waren, und zwei goldenen Delfinen über der Leinwand. Als er geradeaus weiterging, fand er einen Fitnessraum, wo handelsübliche Trainingsfahrräder und Bänke zum Gewichtheben in Fensternähe standen. Ihm persönlich erschloss sich nicht, wie man eine Reise mit diesem Ding buchen und sich geneigt fühlen konnte, Schweißausbrüche herauszufordern. Jede Wette, die meisten Passagiere hatten es vielmehr auf das Käsebuffet mit Weinverköstigung abgesehen.

      Im hintersten Winkel des Luftschiffs, wo es nicht mehr weiterging, stieß er auf eine silbern glänzende Fahrstuhltür mit eingravierten Bronzedelfinen. Was soll's? Was es vorne gab, hatte er bereits gesehen, also drückte er den Rufknopf, und der Aufzug öffnete sich. Insgesamt waren es fünf Decks, je zwei über und unter diesem. Paddy wählte das oberste. Dachgeschoss, Damenunterwäsche.

      Als die Tür aufging, stand dort ein kräftiger Kerl in schwarzem Anzug und sagte: »Privat. Hat Ihnen das niemand erklärt? Die Presse ist hier nicht zugelassen.« Neben seinem rechten Bein hielt er eine kleine Glock-Maschinenpistole. An den Ärmeln seines Jacketts prangte jeweils ein Goldstreifen. Ein Leibwächter – Exmitglied einer russischen Spezialeinheit, anders konnte es nicht sein.

      »Verzeihung. Ich habe mich wohl völlig verirrt.«

      Paddy wollte eines der unteren Decks anwählen, doch gerade als sich die Tür schloss, hielt der Muskelmann sie mit einem Fuß auf, sodass sie sich automatisch wieder öffnete.

      »Einen Moment«, sagte der Typ. »Bist du nicht Paddy Strelnikow?«

      »Dimitri Popoff?«

      Er kannte ihn tatsächlich. In Brighton Beach war er mit ihm zur Highschool gegangen. Dann hatte es seine Familie zurück nach Russland gezogen. Paddy hatte Dimitri zuletzt in den Nachrichten gesehen – ein Interview mit der bekannten Moderatorin Barbara Walters in Athen, nachdem er im Ringkampf für die Russische Föderation zu Olympiagold gekommen war.

      »All-Beef-Paddy!«, rief Popoff. »Na, wie geht's dir, alter Zocker? Komm raus, lass uns ein bisschen quatschen. Du warst doch derjenige, der den Knast in der Provinz in die Luft gejagt hat, oder? Krasser Scheiß, wenn du mich fragst. 60 zum Tode verurteilte Volldeppen, die in derselben Nacht ins Gras beißen mussten? Das fand ich zu geil! Und weißt du was? Mit der Meinung stehe ich nicht allein da. Du hast Gönner in hohen Positionen, mein Freund.«

      »Nun ja. Schön.«

      »Hör zu, ich darf das zwar nicht machen, aber soll ich dir mal schnell alles zeigen? Die ziehen hier oben echt alle Register.«

      »Was wird solange aus deinem Fahrstuhl?«

      »Ich